Ahrensburg. Die neue Saison bietet jede Menge Turbulenzen auf der Bühne. Der Verein selbst ist nach Krisenzeiten wieder in ruhigem Fahrwasser.
Im Mittelpunkt des chaotischen Treibens steht Bier. Horst Bier. So heißt der Mann mit bürgerlichem Namen. In diesem Fall aber heißt er Paul. Allerdings nur so lange, bis die Geschehnisse es anders erfordern, er sich ein Kleid anzieht, eine Perücke überstülpt, flugs zu Pauline wird und beweist: „Opa ist de beste Oma“.
Hört sich reichlich verwickelt an. „Ist aber halb so schlimm“, sagt Mara Brede. Sie muss es wissen. Denn sie wird diese Komödie von Lydia Fox inszenieren und damit bei der Stormarner Speeldeel ihr plattdeutsches Regie-Debüt geben.
Ein Weihnachtsmärchen steht auch auf dem Plan
Sechs Stücke – plus Weihnachtsmärchen – stehen auf dem Spielplan für die neue Saison, die am 24. September startet. Der Premieren-Nervenkitzel für die Newcomer-Regisseurin Mara Brede und der große Auftritt von Horst Bier kommen erst zum Schluss. Bleibt also noch reichlich Zeit zum Proben. Und um sich zu überlegen, wie die Story auf die Bühne gebracht werden kann, sodass alle kapieren, wer mit wem und warum.
Im Prinzip geht es um Lilli. Um ihren Mann, der mit einem Dessous-Model abhaut. Um Tochter Kathi, die nun Zicken macht. Und um Oma, die in dem ganzen Durcheinander mal eben auf einen Selbsterfahrungstrip zum Meditieren ins indische Aschram verschwindet und nicht im Traum daran denkt, sich um ihre alleinerziehende Tochter und ihre Enkelin zu kümmern.
Der Film Mrs. Doubtfire in plattdeutscher Version
Bleibt nur Opa Paul. Aber der soll bleiben, wo der Pfeffer wächst, findet Kathi. Er hat sich nie gekümmert und soll jetzt bloß nicht plötzlich sein Herz für die Familie entdecken.
„Da bleibt eben nur ein Ausweg“, sagt die Regisseurin. Und Opa Paul wird nach entsprechender Kostümierung Oma Pauline. Wer den Film Mrs. Doubtfire kennt, bei dem Robin Williams als Kindermädchens glänzt, weiß, wie der Hase läuft. Happy End inklusive. „Ich freu’ mich schon drauf“, sagt Horst Bier, der wie der berühmte Kollege sein ganzes komödiantisches Können zeigen möchte – nur eben in der plattdeutschen Version des verrückten Stücks. Die Kleider-Rolle ist erst seine zweite bei der Niederdeutschen Bühne. So ist er mit 73 Jahren ein Frischling in der Theater-Crew.
Für die junge Chefin ist es die zweite Spielzeit
„Wir sind immer dankbar für neue Leute“, sagt Nina Eggers, die als Bühnenleiterin auch noch ziemlich frisch dabei ist. Im Frühjahr vergangenen Jahres wurde sie mit 28 Jahren an die Vereinsspitze gewählt – als jüngste Chefin der Niederdeutschen Bühne Ahrensburg aller Zeiten. „Eine Saison habe ich jetzt hinter mir. Ich bin jetzt schon ruhiger geworden“, sagt die Betriebswirtin. Und das kann sie auch sein. Der Erfolg gibt ihr Recht.
„Mit den Neuzugängen haben wir rund 80 Mitglieder“, sagt die Chefin. „Das passt perfekt.“ Denn 1935 gegründet, besteht die Bühne seit 80 Jahren. Und die Krise scheint überwunden. Ob das an der neuen Chefin liegt? Sie sagt nichts dazu. Sie lächelt nur. Die Zahlen sprechen für sie.
Der Einzelverkauf ist stark gestiegen
„Der Zulauf im freien Verkauf ist extrem“, sagt Schatzmeister Hans-Jochim Eggers. „Im Vergleich zum Vorjahr haben wir 4000 mehr Karten verkauft. Damit kann man keinen Riesengewinn machen. Aber wir haben immerhin eine kleine Rücklage bilden können.“ Der Schatzmeister Eggers ist zufrieden. Der Vater Eggers ist stolz auf die Bühnenleiterin, die in seine Fußstapfen getreten ist, damit die Familientradition hochhält – und die Bühnentradition gesichert hat. Denn einen Kandidaten zu finden, in der Krisensituation im vergangenen Jahr, drohte zu scheitern.
Im Schnitt kamen 150 Zuschauer
Nun geht es munter weiter. Auch wenn die Zahl der Abonnenten über all die Jahren von 500 auf rund 180 geschrumpft ist. Die bessere Auslastung durch den stärkeren freien Verkauf gleiche das in etwa aus. „Im Schnitt kamen 150 Zuschauer“, sagt Hans-Jochim Eggers. „Tendenz steigend.“
Sechs Inszenierungen: Alle Termine im Überblick
So lässt sich arbeiten. Und das tun die Schauspieler. Sie haben sich beachtliche vier Eigeninszenierungen für die neue Saison vorgenommen. Und sie gehen auf Gastspiel. Gerade waren sie in Friedrichskoog. Die Dithmarscher wollen sie im November noch einmal haben. Auch in Hamburg-Rahlstedt, in Hamburg-Bergstedt und im ostholsteinischen Süsel verlangt man nach der Ahrensburger Truppe, zu der auch die Jugendgruppe Mimikri und seit 2014 auch Horst Bier gehört.
Gleich Verantwortung für die Bühne übernommen
Dass der Mann, der von Paul zur Pauline mutieren will, wandlungsfähig ist, wird er im April auf der Bühne unter Beweis stellen. Dass er sich engagiert und Verantwortung übernimmt, hat er gleich gezeigt. Kaum dabei, ist er auch schon stellvertretender Bühnenleiter und Spielleiter.
Die Posten in Vorstand sind damit alle besetzt. Nun fehlen nur noch ein paar jüngere Schauspieler, die den jugendlichen Liebhaber geben könnten. „Und ganz super wäre es, wenn wir noch ein paar Leute bekommen, die im Keller mit anpacken, beim Bühnenbau“, sagt die Chefin. Denn dass die Truppe die Kulissen baut, die Kostüme schneidert und auch sonst alles in Eigenregie erledigt, ist Ehrensache.