Ahrensburg. Im Auftrag der Deutschen Bahn untersuchen Forscher das Ahrenburger Tunneltal: Wie wertvoll ist der Baugrund und die Umgebung?

Die Sonne knallt aus wolkenfreiem Himmel auf eine Ausgrabungsstätte im Ahrensburger Tunneltal. Neben drei akkurat rechteckigen Gruben in der Wiese haben Steinzeitforscher braune Sonnenschirme in die Erde gesteckt. Hier stehen Schubkarren, dort liegen Schaufeln und Spaten im Gras. An einer der Gruben kniet Archäologin Mirjam Briel und dreht einen scharfkantigen Feuerstein zwischen ihren Fingern.

Ein Ausgrabungsloch: Derzeit arbeiten die Forscher noch in einer Tiefe von nur 30 bis 40 Zentimetern
Ein Ausgrabungsloch: Derzeit arbeiten die Forscher noch in einer Tiefe von nur 30 bis 40 Zentimetern © HA | Mira Frenzel

Dass die 32-Jährige und ihr Team vom Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein auf der Wiese am Bahnübergang Brauner Hirsch die Steinzeit erforschen, verdanken sie einem Zukunftsprojekt der Deutschen Bahn, das mehr als eine Milliarde Euro kosten soll. Briel: „Wir dürfen fast nur noch graben, wenn irgendwo gebaut wird.“ Bauen will die Bahn in der Nähe der Ausgrabungsstätte die Gleise für die Strecke der S-Bahnlinie 4. Die Züge sollen, läuft alles nach Plan, in etwa zehn Jahren von Hamburg-Altona durch den City-Tunnel über Hamburg-Rahlstedt und Ahrensburg nach Bad Oldesloe fahren (wir berichteten).

Die Untersuchungen sind Teil der Umweltverträglichkeitsstudie

Derzeit befindet sich das Projekt in der Planungsphase. Und dazu gehören auch archäologische Ausgrabungen. Maja Weihgold, Sprecherin der Deutschen Bahn für Großprojekte, sagt: „Die Ausgrabungen sind Teil der Umweltverträglichkeitsstudie. Da das Ahrensburger Tunneltal ein bedeutendes Gebiet für archäologische Funde aus der Eiszeit ist, haben wir umfangreiche Voruntersuchungen entlang der Strecke in Auftrag gegeben.“ Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen später helfen, einzuschätzen, wie umfangreich die Hauptuntersuchungen werden. Konkret: Finden Briel und ihr Team Bahnbrechendes, wird mehr Zeit für die Hauptuntersuchung eingeplant.

Werkzeuge und Waffen, die die Steinzeitjäger aus Feuerstein gefertigt haben
Werkzeuge und Waffen, die die Steinzeitjäger aus Feuerstein gefertigt haben © HA | Mira Frenzel

Mirjam Briel lässt den scharfkantigen Feuerstein vorsichtig zu ungezählten weiteren scharfkantigen Feuersteinen in allen Größen und Farben in einen Plastikbeutel fallen. „Die Ausgrabung hier machen zu dürfen ist ein Privileg“, sagt sie. Briel ist Expertin für die Steinzeit. Sie spricht über die weltweit ältesten Funde in genau diesem Gebiet, die die Nutzung von Pfeil und Bogen beweisen, und die Bedeutung der Arbeit des Ahrensburger Archäologen Alfred Rust (1900–1983).

Die Funde der Forscher stammen aus der Steinzeit

Die Funde, die die Forscher auf der Tunneltal-Wiese machen, stammen aus dem Spätpaläolithikum. Briel: „In der Zeit lebten hier Rentierjäger.“ Die Menschen waren noch nicht sesshaft und mussten sich in einer Umwelt zurechtfinden, in der der Boden unter ihren Füßen permanent gefroren war. Artefakte von zwei Kulturen aus der Ära wurden bisher im Tunneltal gefunden: die Hamburger Kultur (vor rund 14.000 Jahren) und die Ahrensburger Kultur (vor rund 12.000 Jahren). Sie bewiesen unter anderem, dass die Jäger der Hamburger Kultur die Rentiere mit Speeren erlegt, die der Ahrensburger Kultur bereits mit Pfeil und Bogen gejagt haben.

Briel, ihr Ausgrabungstechniker Siegmar Burkhardt und drei Grabungsfachangestellte sollen noch bis Oktober graben. „Momentan suchen wir nur in der obersten Schicht“, sagt Burkhardt, „etwas anderes als das werden wir dort nicht finden.“ Er zeigt auf die scharfkantigen Feuersteine in den Plastikbeuteln, die von den Steinzeitjägern bearbeitet wurden, um sie als Waffen sowie Werkzeuge zu benutzen.

Patrick Tarner siebt Erde auf der Suche nach Artefakten
Patrick Tarner siebt Erde auf der Suche nach Artefakten © HA | Mira Frenzel

Neben Siegmar Burkhardt entleert der Ausgrabungsfacharbeiter Patrick Tarner eine Schaufel mit Erde in ein großes Sieb und schüttelt es, bis alle Erde durchgerieselt ist. Übrig bleibt – überhaupt nichts. „Wenn wir etwas finden, dann wird es gesäubert und begutachtet“, sagt Mirjam Briel. Anschließend werde es gegebenenfalls inventarisiert (in die Beutel gesteckt, auf denen vermerkt ist, wo genau das Artefakt gefunden wurde) und schließlich im Landesmuseum Schloss Gottorf archiviert.

In den kommenden Wochen werde die Ausgrabung spannender, sagt Siegmar Burkhardt: „Dann wird bis zu sieben Meter in die Tiefe gebohrt.“ Und dort, da ist er sich fast sicher, wird das Team noch viel mehr als Steinzeitwaffen finden.