Grosshansdorf. 250 Kinder spielen vom 19. bis 25. Juli 2015 in einer Alltagssimulation das wahre Leben. Sogar eine neue Währung wird eingeführt.
Es hat weder etwas mit der Euro-Krise noch mit Selbstüberschätzung einer wirtschaftsstarken Region zu tun, dass in knapp zwei Wochen in Großhansdorf die Stormark eingeführt wird. Um genau zu sein: Die neue Währung ist nur in der kleinen Sonderwirtschaftszone als Zahlungsmittel verwendbar, die vom 19. bis 25. Juli auf dem Gelände des Emil-von-Behring-Gymnasiums errichtet wird.
600 Kinder und Jugendliche aus Stormarn hatten sich diesmal beworben
Großhansdorf ist der achte Gastgeber des Kinderstadt-Projekts Stormini und mächtig stolz auf seinen Nachwuchs, um den es sich sehr bemüht hat. Als Gemeinde eine Stadt zu bekommen, ist eine bemerkenswerte Leistung und eine Ehre, um die sich Jahr für Jahr auch Nachbarn bemühen. Stormini ist längst ein Vorzeigeprojekt des Kreises: eine intensiv betreute Ferienzeit für Kinder im Alter von neun bis 13 Jahren, die zugleich eine Schule fürs Leben sein soll. „Stormini ist eine Erfolgsgeschichte, die uns auch nach innen stärkt. Die beteiligten Kinder und Jugendlichen machen eine gute Erfahrung, ebenso die vielen ehrenamtlichen Helfer“, sagte Landrat Klaus Plöger bei der Vorstellung des Camps 2015.
600 Kinder und Jugendliche aus Stormarn hatten sich diesmal beworben, Platz ist jedoch nur für 250. „Das einzig bedauerliche an diesem Projekt ist, dass wir sehr begrenzte Kapazitäten haben“, sagte Uwe Sommer, Geschäftsführer des Kreisjugendrings, der das Ganze organisiert. 110.000 Euro wird Stormini in diesem Jahr kosten. 58.000 Euro gibt der Kreis – und zwar sehr gern, wie Kreispräsident Hans-Werner Harmuth betonte: „Alle Fraktionen im Kreistag waren sich einig, dieses Projekt wieder zu finanzieren.“
Die Stormini-Bürger suchen sich täglich einen von 67 Jobs
Weitere Geldgeber sind unter anderem die Sparkassenstiftung (10.000 Euro), die Bürgerstiftung (5000 Euro), die Gemeinde Großhansdorf (6000 Euro). Hinzu kommen Teilnahmebeiträge von 95 Euro pro Kind, die in sozialen Ausnahmefällen reduziert oder übernommen werden, in diesem Jahr zum Beispiel für zehn Flüchtlingskinder. Für die Betreuung vor Ort sind 150 ehrenamtliche Teamer zuständig. Darüber hinaus beteiligen sich Firmen und Institutionen aus der Region: Sie stellen „Arbeitsplätze“ und „Verwaltung“ und erklären den Kindern, was sie zu tun haben.
Denn Stormini hat die alte Tradition der Demokratiespiele, die Politik verständlich machen, aufgegriffen und sie in ihrem Sinne weiterentwickelt. Im kleinen Maßstab wird der Alltag in einer Stadt simuliert. Die 250 Kinder, die in Großhansdorf dabei sein werden, schlafen in „mobilen Großraumwohnungen“, sprich: 28 Schlafzelten, verwalten sich selbst und wählen Bürgermeister oder Bürgermeisterin, die von dem echten Amtskollegen in Großhansdorf beraten werden. Die Stormini-Bürger suchen sich täglich einen von 67 Jobs oder sie lassen sich von der Arbeitsagentur beraten. Sie arbeiten, verdienen, zahlen Steuern und konsumieren.
Sie sollen aber auch lernen, was und wie sie konsumieren – und ob sie nachhaltig handeln und vielleicht sogar Gutes tun können, indem sie einen Teil ihres Lohns und ihrer sonstigen Einkünfte für einen guten Zweck spenden wollen. Dafür bedarf es eines politischen Beschlusses des Parlaments aus 28 Zeltvertretern und der Spendenfreudigkeit der Stormark-Kapitalisten. Bekommen sie genügend Geld zusammen, gibt die Sparkassenstiftung 500 Euro für ein Schulprojekt in Thailand.
Eine Menge Arbeit macht Stormini auch den Helfern
Dieses Projekt im Projekt ist insofern beispielhaft, als die Initiatoren von Shirts for Life gleichzeitig als Arbeitgeber der Kinder auftreten und sie lehren, woher ihre T-Shirts kommen und unter welchen Bedingungen sie hergestellt werden. Die Kinder können das Weben und kaufmännische Prozesse kennenlernen, damit sie spielerisch zu bewussteren Konsumenten werden.
Eine Menge Arbeit macht Stormini auch den Helfern. Mitarbeiter des Kreisjugendrings planen die Mini-Stadt seit Monaten, die Teamer werden schon vorher geschult. Und ohne Unterstützung der Feuerwehr ginge es gar nicht: Mehr als 30 Tonnen Material werden transportiert und insgesamt 54 Großzelte aufgebaut.
Für die Kinder beginnt die Woche mit dem Abschied von ihren Eltern , bevor sie sich in die handyfreie Zone begeben und bei der Einbürgerung einen Pass erhalten. Danach gibt’s eine Staatsbürgerkunde im Zeitraffer. Steuern werden zum Beispiel direkt von Finanzbeamten in der Bank eingesammelt. „Steuerflucht ist hier nicht möglich“, sagt Uwe Sommer vom Kreisjugendring und grinst. Doch, so fügt er sofort hinzu, Kinder seien erfinderisch: „Früher haben wir Kauri-Muscheln als Stormark ausgegeben. Als jedoch falsche Kauris in Umlauf kamen, haben wir davon Abstand genommen.“ Klingt nach viel Realität im Spiel.