Bürgerinitiative wehrt sich gegen Expansionspläne von Papiergroßhändler. Vermittlungsversuch gescheitert

In Reinbek gibt es Streit um die Erweiterung des Gewerbegebietes Haidland. Eine Initiative mit rund 50 Mitgliedern sammelt gerade Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Sie will verhindern, dass der Papiergroßhändler E. Michaelis & Co in Richtung Schönningstedt expandiert und einen Gebäudekomplex mit Gewerbehallen und angeschlossenem Hochregallager baut. Sollte der Protest Erfolg haben, hätte das weitreichende Konsequenzen für die Stadt. Auf dem Areal, für das ein Bebauungsplan aufgestellt werden soll, wollen auch zwei weitere Unternehmen erweitern, die hohe Gewerbesteuern zahlen und deren Namen Verwaltung und Politik nicht preisgeben. Im Falle eines Planungsstopps wären sie weg. Das befürchten Bürgermeister Björn Warmer und Teile der Politik. Deshalb erwägt die Stadt, den bereits verabschiedeten Aufstellungsbeschluss für den B-Plan aufzuheben und das Gebiet neu zuzuschneiden.

Der Verwaltungschef hat diese Variante unter der Woche mit den Fraktionschefs diskutiert. „Der Vorschlag ist vernünftig. Wir müssen sicherstellen, dass die zwei Firmen uns nicht abhanden kommen. Ich denke, dass es politisch eine Mehrheit geben wird“, sagt Hans Helmut Enk, CDU-Fraktionsvorsitzender und stellvertretender Bürgermeister. Auch auf Michaelis könne die Stadt nicht verzichten, man brauche die Gewerbesteuern zum Beispiel für Kindergärten und Sportplätze.

Unter Umständen wären die Signaturen unter dem Bürgerbegehren wertlos

Viel Zeit will sich die Stadt nicht lassen. In den kommenden Tagen erwartet das Rathaus einen entsprechenden Antrag aus der Politik. Bereits am 16. Juli könnten die Stadtverordneten auf ihrer Sitzung den Aufstellungsbeschluss rückgängig machen. Danach würde die Verwaltung im September zwei neue Varianten erstellen, also Absichtserklärungen für die Realisierung zweier Bebauungspläne: einen Aufstellungsbeschluss für die Michaelis-Fläche sowie einen weiteren für den nördlichen Bereich des Areals, wo die anderen Firmen wachsen wollen. In diesen Fall müsste die Bürgerinitiative (BI) Schönningstedt einen neuen Anlauf für ein Bürgerbegehren nehmen. Dafür benötigt sie 1760 Unterschriften von Reinbekern, das sind rund acht Prozent der Bevölkerung. Die bereits gesammelten 1000 Signaturen wären wertlos.

Allein der Gedanke an dieses Szenario bringt Reinald Rohde, einer von drei Initiatoren der Initiative, auf die Palme. Er sagt: „Das wäre ein skandalöses Verhalten, so würden wir uns komplett ausgebremst und undemokratisch behandelt fühlen.“ Die Bürgerinitiative möchten den Bereich als Grünfläche erhalten, eine kleinteilige Ansiedlung ist laut Rohde aber auch eine Option.

Da sich der Protest bisher ausschließlich gegen die Michaelis-Erweiterung und nicht gegen die anderen Unternehmen richtet, könnten diese ihre Planungen vorantreiben. Das hoffen zumindest Warmer und die Entscheidungsträger. „Gegen das Michaelis-Vorhaben werden wir ganz sicher weiterkämpfen“, sagt Rohde. Was die anderen Firmen planen, wisse er nicht. „Deshalb kann ich nicht ausschließen, dass wir auch dort aktiv werden.“

Der Bürgermeister hat mit der Initiative zahlreiche Gespräche geführt. Auch Bauamtsleiter Sven Noetzel war dabei. Zudem versuchte Warmer, zwischen den Protestlern und den Michaelis-Bossen zu vermitteln, fungierte bei zwei Treffen als Moderator. Unter anderem setzte man sich auf neutralem Boden in der Mensa der Grundschule Schönningstedt zusammen. „Leider gab es keine Annäherung“, sagt der Verwaltungschef. Ihm sei wichtig, alle Interessen zu berücksichtigen. Warmer: „Ich kann und will Michaelis nicht vor dem Bürgerwillen schützen.“

Der Papiergroßhändler hat bereits Zugeständnisse gemacht und ist von den ursprünglichen Plänen, das Lager auf bis zu 35 Meter hochzuziehen, abgewichen. In der sogenannten Strukturplanung Bebauungsplan Nummer 96 A sind die Gebäudeteile zwischen 14 und 25 Meter hoch. Diese Zahlen liegen auch der Initiative vor. Rohde mag ihnen aber keinen Glauben schenken. „Unsere Befürchtungen sind, dass doch 35 Meter realisiert werden. Uns stört die Massivität des Gebäudes. Selbst 25 Meter Höhe sind zu viel.“

Anwohner befürchten, dass der Lkw-Verkehr deutlich zunimmt

Auch gehen die Anwohner von einer erheblichen Zunahme des Lkw-Verkehrs in Schönningstedt und Neuschönningstedt aus. Diese Befürchtungen teilt Warmer nicht, sagt: „Wir haben die schriftliche Zusicherung von Michaelis, dass die Fahrzeuge nicht über die Königsberger Straße an- und abfahren, sondern die Kreisstraße 80 benutzen.“

Am kommenden Montag werden die Fraktionen über die Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses beraten. „Ich werde meinen Parteifreunden vorschlagen, ihn rückgängig zu machen und denke, dass ich Gehör finde“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Volker Müller. Seine Fraktion sei nicht daran interessiert, Arbeitsplätze in Reinbek zu verlieren. Von dem Vorgehen der Bürgerinitiative ist der Sozialdemokrat entsetzt. „Sie verteilt in der Bevölkerung Pläne, auf denen der Baukörper bis zu 35 Meter in die Höhe ragt. Das ist eine üble Methode.“

Unterstützung bekommt er vom FDP-Fraktionsvorsitzenden Bernd Uwe Rasch. Auf den Unterschriftenblättern sei eine Visualisierung zu sehen, die mit den tatsächlichen Planungen aber auch gar nichts zu tun habe, sagt der Politiker. Er bedaure, dass sich die Bürgerinitiative im Augenblick von der Sachebene entfernt habe. Rasch: „Wir unterstützen eine Aufhebung.“ Dagegen ist der Forum-21-Fraktionsvorsitzende Heinrich Dierking. Er betont, dass die Firmen für Reinbek wichtig seien. Dierking sagt aber auch: „Ich verstehe es so, dass dem Bürgerbegehren Substanz entzogen werden soll.“