Pölitz/Trittau. Zehn Biogasanlagen versorgen Tausende Haushalte mit Fernwärme und Strom. Doch die Trittauer wollen mehr Abfall verarbeiten.

Ökologische Erzeugung liegt im Trend – auch bei der Energiegewinnung. Inzwischen werden im Kreis Stormarn knapp 216 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr aus erneuerbaren Energien gewonnen. Mit dieser Menge können fast 62.000 Haushalte versorgt werden. Vor allem durch intelligente Versorgungskonzepte kann die Energie auch immer häufiger in der Region verbraucht werden, in der sie produziert wird. Nachhaltige Planung schont die Umwelt, spart lange Wege und Kosten.

Diplom-Ingenieurin rechnet nicht mit weiteren Anlagen

Besonders innovativ sind die Betreiber von Biomasseanlagen in Stormarn. Derzeit liefern zehn Biogasanlagen und eine Biomüllanlage im Kreis Energie. Im Vergleich mit anderen Kreisen in Schleswig-Holstein ist das wenig. „Stormarn ist dicht besiedelt. Es gibt nicht so viel freie Fläche, wie beispielsweise in Nordfriesland“, sagt Isa Reher, Klimaschutzmanagerin des Kreises zur Begründung. Zudem stehe nach den ersten Erfahrungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) die nachhaltige und ressourcenschonende Nutzung der Umwelt in den Förderrichtlinien stärker im Fokus. Auch deshalb rechnet die Diplom-Ingenieurin nicht mit weiteren Anlagen.

Bundesweit liegt Stormarn damit im Trend. „Es wird mit einem weiteren deutlichen Rückgang bei Neuanlagen gerechnet“, heißt es in der aktuellen Marktanalyse für Energie aus Biomasse des Bundesministeriums für Wirtschaft und Umwelt. „Bei seiner Einführung hat das EEG vor allem Biogasanlagen gefördert, die nachwachsende Rohstoffe wie Mais genutzt haben, um daraus Strom zu erzeugen“, sagt Isa Reher. Damals wurde vor allem in ländlichen Regionen vor negativen Folgen des sprunghaft gestiegenen Maisanbaus gewarnt. Nach der jüngsten Reform des EEG lohnt sich eine Anlage für Betreiber nur, wenn sie besonders effizient ist, wenn also nicht nur Strom, sondern im besten Fall auch Wärme zahlende Abnehmer findet. „Das ist letztlich, was wir wollen, umweltschonende Energiegewinnung – am besten dort, wo sie gebraucht wird“, sagt Klimaschutzmanagerin Isa Reher.

Biogasanlage in Pölitz versorgt 1200 Haushalte im Jahr

Gelungen ist das zum Beispiel den vier Betreibern einer Biogasanlage in Pölitz. Mit täglich 30 Tonnen Mais von ihren Ackerflächen und 14 Tonnen Gülle aus ihren Ställen produzieren die Landwirte Strom, mit dem 1200 Haushalte im Jahr vorsorgt werden können. In der Pölitzer Anlage, die 365 Tage im Jahr in Betrieb ist, wird in luftdicht abgeschlossenen Behältern ein Vergärungsprozess angeregt und mithilfe von speziellen Bakterien Biogas produziert. „Die Stromproduktion allein lohnt sich finanziell nicht wirklich. Aber als Nebenprodukt fällt Wärme ab“, sagt Karsten Janus, einer der Betreiber. In den meisten Biogasanlagen wird die Wärme direkt genutzt. Im Winter zum Beispiel, für die Heizung des Gärtanks, denn die Bakterien brauchen etwa 40 Grad Celsius, um ihren Job optimal zu erledigen. Darüber hinaus verpufft die Wärme oft ungenutzt.

In Pölitz wird sie seit vergangenen September eingespeist: Mithilfe einer drei Kilometer langen Fernwärmeleitung können 800 Haushalte in Bad Oldesloe beheizt werden. Gemeinsam mit den Vereinigten Stadtwerken aus Ratzeburg wurde dieses Vorhaben für eine Laufzeit von 20 Jahren realisiert. „Das ist für uns ein überzeugendes Projekt“, sagt Manfred Priebsch, Prokurist der Vereinigten Stadtwerke, die 1,5 Millionen Euro in den Bau der Fernwärmeleitung investiert haben.

96 Tonnen Biomasse werden täglich in Energie umgewandelt

Die Energieproduktion verschafft den Landwirten nicht nur ein zusätzliches, wirtschaftliches Standbein, sie hat auch für die Umwelt Vorteile. „Es gibt keine langen Transportwege und wir verarbeiten das, was bei uns auf den Höfen anfällt“, sagt Lennart Bruhns, der Schweine hält. Wenn die Bakterien im Fermenter der Biogasanlage nach 100 Tagen die Maishäcksel vollständig ihrer Energie beraubt haben, bleibt Gärsubstrat zurück, das als wertvoller Dünger auf die Felder ausgebracht wird.

Strom und Wärme liefert auch die Biogasanlage Blumendorf bei Bad Oldesloe. 96 Tonnen Biomasse werden dort jeden Tag in Energie umgewandelt. Und das, nach einem so gut durchdachten Konzept, dass die Anlage 2012 von Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) für die besonders effiziente Wärmenutzung ausgezeichnet wurde. Die bei dem Gärungsprozess entstehende Wärme beheizt 500 Haushalte und zwei Gewerbetriebe in Bad Oldesloe.

Nach einer weiteren Reform fördert das EEG seit dem vergangenen Jahr vor allem Anlagen, die organische Abfallstoffe wie Stroh, Häcksel oder Lebensmittelreste verarbeiten. Im Abfallzentrum Trittau wird ausschließlich Biomüll zur Energiegewinnung genutzt. Das Unternehmen plant eine Kapazitätserhöhung von bisher 29.900 auf 38.000 Tonnen Biomasse pro Jahr. Ein entsprechender Antrag ist beim Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein eingereicht.