Ammersbek. Majestät Martin Donfack Kemdeng aus Kamerun kommt ins Dorfgemeinschaftshaus. Auch weil Ammersbek die Heimat seiner Königin ist.
Kommt ein König vorbei, angereist aus einem fernen, exotischen Land, da dürfte jeder Gastgeber etwas nervös werden. Insbesondere wenn, wie in Ammersbek, der repräsentativste Saal im Ort „Pferdestall“ heißt. Da Ammersbeker aber patent sind, haben sie anlässlich des Besuchs von Martin Donfack Kemdeng, König von Fontsa-Touala (Provinz West, Kamerun), dafür gesorgt, dass sich die afrikanische Majestät in der Stormarner Gemeinde ausgesprochen willkommen fühlen kann.
Während sich das Ammersbeker Volk im Dorfgemeinschaftshaus namens „Pferdestall“ auf Holzstühlen niederlässt, hat der König in einem Korbsessel, am Rücken ausstaffiert mit Schafsfell, Platz genommen. Er nippt an einem Bier. Dass er neugierig beäugt wird, ignoriert der 52-Jährige elegant und plaudert stattdessen auf Französisch mit seiner Königin. Die Königin, das ist Waltraut Biester, 67 Jahre alt, pensionierte Lehrerin aus Ammersbek.
Der Bürgermeister begrüßt den royalen Gast
Der royale Titel wurde Biester wegen ihres Engagements in dem Ort Fontsa-Touala verliehen. Seit Jahren betreut sie in dem zentralafrikanischen Land soziale Projekte. Um die aktuellen Projekte und das Land vorzustellen, dazu hatte sie wiederum die Ammersbeker ins Dorfgemeinschaftshaus eingeladen. Und da der König in die Projekte der Königin ziemlich eingebunden ist, ist er zu einer zehntätigen Reise nach Deutschland gekommen.
Doch bevor Waltraut Biester den Ammersbekern von ihrer Arbeit erzählen kann, begrüßt Horst Ansén, Bürgermeister der Gemeinde, den König: „Wir haben keinen roten Teppich, kein Goldenes Buch, aber wir haben viele Menschen, die gern Neues lernen, und wir wollen etwas über Kamerun erfahren.“ Doch erstmal möchte der König nichts über sein Land und über sich erzählen. „Später lieber“, übermittelt seine Übersetzerin die Worte des Kameruners, der lächelt schüchtern. Wie gut, dass es eine Königin gibt, die einspringt.
Die Ammersbekerin hat zahlreiche Hilfsprojekte in Kamerun realisiert
„Kamerun liegt unterhalb von Nigeria am Atlantik, im Westen grenzt das unter anderem Land an Tschad und im Süden an Kongo. Kamerun ist etwa so groß wie Deutschland“, setzt Biester an. Fontsa-Touala habe etwa 18.000 Einwohner und liege im gebirgigen Teil des Landes. „Da ist es für uns klimatisch etwas besser auszuhalten“, sagt sie. Biester weiß das. Sechsmal war sie bereits vor Ort. Derzeit betreut sie für Susila Dharma Soziale Dienste, der Norddeutschen Stiftung für Umwelt und Entwicklung, vier Projekte. „Die will ich bis 2018 gut voran gebracht haben“, erzählt sie den Ammersbekern im Pferdestall.
Dazu gehört ein Projekt, das Mikrokredite an Frauen vergibt. Biester zeigt dazu ein Foto von einer jungen Kamerunerin, die hinter einem Grill steht und lächelt. „Sie hat sich von dem Geld einen Kühlschrank gekauft und kann nun Fisch lagern, um ihn nach Bedarf zuzubereiten und zu verkaufen“, sagt sie.
Bei einem weiteren Projekt der Ammersbekerin werden Moringa-Samen ausgeteilt, zudem sollen Landwirte ausgebildet werden. Die Pflanze wachse unkompliziert und liefere viele Nährstoffe. „Das ist eine Wunderwaffe gegen den Hunger“, sagt Biester. Sie arbeitet zudem daran, zwischen den Kamerunern und einer Hamburger Firma Handelsbeziehungen aufzubauen – faire Handelsbeziehungen versteht sich. Denn auch in Deutschland ist Moringa beliebt („sehr gesund“). Ein zweites Fairtrade-Projekt wird derzeit mit einer Bremer Firma (Kaffee) eines gebürtigen Kameruners aufgebaut. Und dann gibt es noch das Projekt mit der Naturmedizin, sagt Biester. Doch dazu später. Der König gibt Handzeichen. Er muss austreten. Zeit für eine Pause für alle, entscheidet die Königin.
Der König hat 18.000 Untertanen in Kamerun
Danach gibt es nicht nur Informationen über die geplante Ausbildung ausgewählter Personen in der Naturmedizin, eine Dankesrede des Königs an Biester, die Ammersbeker und ihre Gastfreundschaft (und langen Applaus von denen), sondern auch Essen aus Kamerun. Nur nicht für den König. Martin Donfack Kemdeng genehmigt sich stattdessen, fröstelnd, eine Zigarette an der Ammersbeker Luft und hofft währenddessen wohl, dass gebratene Kochbananen, Reis und Hähnchenschenkel nicht nur den Hunger, sondern auch den Wissensdurst der Ammersbeker stillen. Ein Irrtum.
Denn das Volk will nun mehr vom König erfahren: Martin Donfack Kemdeng ist einer der vielen Könige in Kamerun. Sie stehen den Orten vor. Kemdeng hat sein Amt vor 20 Jahren von seinem Vater übernommen und wird vom Staat bezahlt. Seine Untertanen sind die 18.000 Bewohner von Fontsa-Touala. Seine Funktionen: bei Streitigkeiten zu vermitteln, Traditionen zu wahren und für Stabilität in der Gesellschaft zu sorgen. Gar nicht so exotisch.