REINBEK . Eine Klimaschutzinitiative will in Reinbek das Carsharing einführen. Ohne Bürgerengagement klappt das außerhalb großer Städte nur selten.
Teilen statt besitzen – vor allem unter Autofahrern wird die sogenannte „Share Economy“ immer beliebter. Doch während die Leihautos von Anbietern wie car2go oder DriveNow in vielen großen und mittelgroßen Städten Deutschlands längst zum Stadtbild gehören, gibt es solche Angebote im Kreis Stormarn noch nicht. Das möchten die Mitglieder der Reinbeker Klimaschutzinitiative Sachsenwald ändern. „Wir wollen das Carsharing in Reinbek etablieren und dafür mit Carsharing-Anbietern oder anderen Firmen zusammenarbeiten“, sagt Maritta Antoniazzi von der Initiative.
Zehn Leute tüfteln zurzeit an einem Carsharing-Konzept für Reinbek. Die Architektin und Gebäudeenergieberaterin aus Reinbek ist eine von ihnen. Sie nutzt ihr Auto nur gelegentlich – am Wochenende zum Einkaufen oder abends, um zum Sport zu fahren. Zur Arbeit gelangt Antoniazzi mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein eigenes Auto bräuchte sie nicht unbedingt, doch noch fehlt ihr in Reinbek eine echte Alternative.
Das Prinzip des Carsharing ist einfach erklärt. Der Nutzer meldet sich zunächst bei einem Carsharing-Anbieter an; das kann eine Initiative oder ein Unternehmen sein. Anschließend kann er das Auto gegen eine Gebühr minutenweise mieten, um damit beispielsweise einkaufen zu fahren. Je nach Anbieter stehen die leihbaren Autos an festen Stationen oder auf öffentlichen Parkplätzen. Dort werden sie anschließend auch wieder abgestellt. Um organisatorische Dinge wie die Versicherung und den TÜV kümmert sich der Anbieter. „Der Nutzer spart nicht nur Geld, sondern schont auch das Klima“, fasst Antoniazzi die zwei für sie wichtigsten Argumente zusammen.
Anbieter wollen sichergehen, dass ihre Autos ausgelastet sind
Dass sich das Carsharing vor allem in großen Städten ausbreitet, ist kein Zufall. „Vor allem für gewerbliche Anbieter stellt sich natürlich immer die Frage: Kann ich das einzelne Auto auslasten?“, sagt Gunnar Nehrke vom Bundesverband Carsharing. Was die Zahl der potenziellen Nutzer angeht, unterschieden sich Städte stark von ländlichen Regionen. Ein wichtiges Kriterium außerhalb der großen Städte sei daher der öffentliche Nahverkehr. „Carsharing und öffentlicher Nahverkehr unterstützen und verstärken einander“, so Nehrke. Je mehr Alternativen es zu einem eigenen Auto gebe, desto leichter falle den Menschen der Verzicht.
In ländlichen Regionen sei zudem von Bedeutung, ob es vor Ort eine Initiative von Privatleuten oder Unternehmen gebe oder eine Unterstützung durch die Kommune gewährleistet sei. „Wir haben keinen Kriterienkatalog für die Erschließung neuer Regionen. Doch es ist wichtig, dass uns vor Ort Interesse signalisiert wird. Ein Anker-Kunde, der uns einen bestimmten Umsatz garantieren kann, macht das unternehmerische Risiko für uns kalkulierbar“, sagt Bettina Dannheim vom Carsharing-Anbieter Cambio. In Flensburg beispielsweise hat Cambio eine Nutzungsvereinbarung mit der Stadt, der Sparkasse und weiteren Partnern geschlossen. Die Leihautos werden dort für Dienstfahrten eingesetzt.
Ein solches Modell könnte sich Wolfgang Krause, Fachbereichsleiter Inneres in der Stormarner Kreisverwaltung, ebenfalls gut vorstellen: „Wir haben so etwas bereits angedacht.“ Nach Angaben von Cambio gibt es schon eine erste Anfrage aus der Stormarner Verwaltung.
Für eine Region wie Stormarn kämen indes nur stationsbasierte Carsharing-Angebote infrage. Das sogenannte Free-Floating, bei dem die Nutzer die Autos auf öffentlichen Parkplätzen abstellen, bietet sich laut Andreas Leo, Pressesprecher von car2go, allein für größere Städte an. „Auch in Hamburg gehen wir nicht in die Randbezirke“, sagt Leo. „Die Abstände zwischen den Nutzern sind einfach zu groß.“
Der Kontakt ist hergestellt, nach Ostern gehen die Gespräche weiter
Auch die Klimaschützer vom Sachsenwald haben bereits Kontakt zu Cambio aufgenommen. Ende Februar gab es ein erstes Gespräch, bald sollen die Beratungen fortgesetzt werden. Carsten Redlich, Geschäftsleiter von Cambio Hamburg, gibt sich optimistisch: „Prinzipiell ist Carsharing auch im Hamburger Umland möglich. Wir sind gesprächsbereit.“
Doch die Reinbeker haben noch eine andere Idee: „Wir überlegen, eine große Firma zu kontaktieren, die ihre Dienstwagen am Abend oder an den Wochenende nicht nutzt“, sagt Maritta Antoniazzi. Mitarbeiter, aber auch Privatleute könnten die Autos dann außerhalb der Dienstzeiten nutzen.
Auch wenn die Pläne noch vage sind, haben sich Antoniazzi und ihre Mitstreiter bereits Gedanken über den Antrieb des Fahrzeugs gemacht: „Wir bevorzugen ein Elektroauto – um das Klima noch besser zu schützen und weil es bei uns in Norddeutschland Windenergie im Überfluss gibt“, sagt sie. Dafür allerdings müssten zusätzliche Ladestationen in Stormarn gebaut werden.