Wegen eines angekündigten Amoklaufes am Schulzentrum waren 25 Polizisten vor Ort. 2000 Kinder und Jugendliche blieben zu Hause.
Bargteheide. Mit 25 Einsatzkräften ist die Polizei zum Bargteheider Schulzentrum angerückt. Beamte aus Bargteheide, Ahrensburg, Bad Oldesloe und anderen Orten sind zusammengezogen worden. Kurz vor 7 Uhr sind sie zur Stelle. Sie schließen alle Seiteneingänge, gehen auf der Suche nach verdächtigen Personen durch die Flure, stellen Schussabwehr-Schilder vor die Türen und beziehen vor den Eingängen Position. Es herrscht Amokalarm.
Am Donnerstag vor einer Woche hatten Schüler die Ankündigung einer Gewalttat entdeckt. „Ich war hier und töte euch alle“, stand auf der Tür einer Jungentoilette des Kopernikus-Gymnasiums Bargteheide (KGB). Auch ein Datum hatte jemand mit rotem Filzer hingeschmiert: „120315“. Und dazu noch das Wort „Amok“. Heute ist dieser Tag. Heute kommt hier niemand rein, der nicht vorher kontrolliert worden ist.
„Wir schauen in die Taschen“, sagt Polizeimeister Felix Bremer, der vor dem KGB steht. „Und die Schüler müssen die Rucksäcke aufmachen. Wir schauen rein. Das genügt.“ Viele sind aber gar erst nicht gekommen: Ausnahmezustand am Schulzentrum. Von den rund 3000 Kindern und Jugendlichen, die dort unterrichtet werden, sind zwei Drittel zu Hause geblieben. Aus Angst? „Ich glaube nicht“, sagt Carsten Witt. Der Chef der Bargteheider Polizei ist zum Kontrollposten vor dem Gymnasium gekommen. „Viele haben wohl die Chance genutzt, mal zu schwänzen.“
Die Szenerie wirkt friedlich, die Beamten sind aufmerksam
Es ist kurz vor zehn. Passiert ist bisher nichts. Es ist still. Kein Schulhofgeschrei. Einige Schüler sitzen in der Sonne. Die Szenerie wirkt friedlich. „Wir sind davon ausgegangen, dass es nur ein übler Scherz ist“, sagt Witt. „Deswegen haben wir besorgten Eltern auch gesagt, sie könnten ihre Kinder ruhig in die Schule schicken.“ Ernst zu nehmen sei eine solche Drohung trotzdem. „Ich habe jedenfalls noch keinen getroffen, der die Garantie dafür übernommen hätte, dass nichts passiert“, sagt Witt.
Im Eingangsbereich des Gymnasiums liefern sich derweil Max, Malte und Felix einen Wettkampf am Kicker. Haben sie keine Angst? „Nee. Ein bisschen Bauschmerzen vielleicht“, sagt Max. „Meine Mutter findet das nicht gut“, sagt Felix. „Aber ich bin trotzdem gekommen. Obwohl ich Geburtstag habe“, sagt der 13-Jährige. „Wir waren heute nur fünf in der 7 d . Das war richtig gut.“
Polizeichef Witt ist für ein kurze Lagebesprechung zur KGB-Chefin Brigitte Menell gekommen. „Heute geht es“, sagt die Schulleiterin. „Die Tage vorher waren angespannter.“ Sitzungen, Telefonate, Absprachen. Menell: „Das Gute ist, dass wir alles mit den anderen Schulen, dem Schulträger, der Schulaufsicht und der Polizei entschieden haben. Die Zusammenarbeit war sehr gut.“ Das Telefon klingelt. „Tut mir leid. „Wir haben Amok-Alarm und sind nicht handlungsfähig“, sagt Menell und legt auf. „Wenn das hier heute vorbei ist, muss ich aufarbeiten. Diese Geschichte hat uns eine Woche blockiert.“
Der Monitor im Vorraum des Gymnasium zeigt die neuen Klausurtermine. Für heute wurden alle Arbeiten abgesagt, der Unterricht wurde zusammengelegt. Und mittags ist Schluss.
Auch in der Dietrich-Bonhoeffer-Schule. Leiterin Christa von Rein: „Es wird erzählt, dass es sich um eine Wette oder Mutprobe handelt. Von 100 Euro ist die Rede. Wir wissen es nicht.“ Aber was so eine Bedrohung bewirke, sei bedenklich. „Und auch, dass die Gewalt schon so in den Köpfen ist.“ Marc, Leon und Robin, die vor dem Lehrerzimmer herumturnen, haben anderes im Kopf. Sie sind die einzigen von der 6 f, die heute gekommen sind. Leon: „Wir wollten die Polizei sehen. Das ist cool.“
Entspannt geht es auch in der Emil-Nolde-Grundschule zu. „Bei uns sind die Hälfte der Schüler gekommen. Wir mussten keine Stunden zusammenlegen“, sagt Leiterin Gisela Blankenburg. Es ist 12 Uhr. Im Pausenhof steht Polizeihauptmeister Jörg Schreve. Die Langeweile ist ihm anzusehen. „Aber die Kinder haben uns mit Fragen bestürmt und gemerkt, dass Polizisten ganz normale Menschen sind“, sagt er. „Da hat der Einsatz doch was gebracht.“