Eine autofreie Innenstadt in Ahrensburg? Die Meinungen der Politiker gehen auseinander, Kaufleute halten gar nichts von der Idee.
Ahrensburg. Ahrensburg hat ein Problem. Ein Problem mit dem Autoverkehr: zu viele Autos auf den Straßen, verringerte Lebensqualität als Folge und zu wenig Ideen, um die Bürger für alternative Fortbewegung, etwa zu Fuß, mit dem Bus oder auf dem Fahrrad, zu begeistern. Das sagt Stefan Luft, Verkehrsgutachter und als solcher seit fast zehn Jahren im Auftrag der Stadt tätig.
Die Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn hat in der Freitagausgabe unter dem Titel „Ahrensburg hat genug Parkplätze“ über Lufts Ideen für die 32.00-Einwohner-Stadt geschrieben. Doch was sagen die Verantwortlichen in der Schlossstadt zu der Kritik des Experten? Wir haben uns bei Politik, Verwaltung und Wirtschaft umgehört. Und haben überaus unterschiedliche Meinungen aufgefangen.
„Die Ideen von Herrn Luft werden einige Wellen schlagen“, sagt Bürgermeister Michael Sarach. Er meint vor allem den Vorschlag des Verkehrsexperten, den Autoverkehr auf der Hamburger Straße, der Manhagener Allee und der Hagener Allee im Innenstadtbereich einzuschränken, die Straßen zeitweise sogar für den Durchgangsverkehr zu sperren.
SPD und Grüne zumindest können der Idee einiges abgewinnen. SPD-Fraktions-Chef Hartmut Möller sagt: „Viele Autofahrer durchfahren diese Straßen immer wieder mit ihren Autos, um einen Parkplatz zu finden. Es wäre sicher oft sinnvoller, direkt ins Parkhaus zu fahren. Dann gebe es das ganze Problem gar nicht.“ Auch Jörg Hansen von den Grünen ist angetan, er sagt: „Mit seinen Ideen läuft Herr Luft bei uns offene Türen ein.“ Eine Ausnahme macht Hansen: die Parkplatzsituation. Der Planer sagt, es gebe ausreichend Stellplätze. Das ist laut Hansen vor allem im Hinblick auf die geplante Bebauung des Lindenhof-Grundstücks – das Areal am Bahnhof wird derzeit noch als Parkplatz genutzt – falsch.
Das sieht Tobias Koch, Chef der CDU-Fraktion, ähnlich. Er sagt: „Die Gutachter mögen zu dem Urteil kommen, dass es ausreichend Parkplätze gibt. Ein Autofahrer, der über längere Zeit versucht, einen Stellplatz in der Innenstadt zu finden, wird es anders empfinden.“
Politik und Verwaltung ist für die Förderung von Rad- und Fußwegen
Koch ist der Auffassung, dass auch die Innenstadt erst vom Verkehr entlastet werden kann, wenn es Umgehungsstraßen gibt, auf die die Autofahrer ausweichen können. Und stimmt damit mit Stefan Luft überein, der sagt, dass die Nordtangente, über deren Bau seit Jahren diskutiert wird, „absolut notwendig“ sei.
Dass Luft darüber hinaus den Bau einer Südtangente ins Spiel bringt, findet Thomas Bellizzi, Chef der FDP-Fraktion, nicht richtig. Er sagt: „Herr Luft hat in seinem Gutachten seinerzeit selbst festgestellt, dass eine Südtangente nicht sinnvoll ist. Ihr Bau wäre darüber hinaus sehr teuer.“ Bellizzi ist zudem der Meinung, dass Ahrensburg mit einer Verkehrsberuhigung der Hamburger Straße, der Manhagener Allee und der Hagener Allee „vielen Menschen vor den Kopf stoßen würde“. Etwa den Kaufleuten und den älteren Menschen, die mit dem Auto in die Innenstadt fahren, um die Apotheken, die Arztpraxen oder die Geschäfte zu erreichen. „Um die Qualität in der Innenstadt für alle zu erhöhen, sollten wir stattdessen zuerst breitere Radwege und Fußwege schaffen, wie etwa in der Großen Straße“, sagt Bellizzi.
Götz Westphal, Vorsitzender der Kaufleutevereinigung Stadtforum, hält überhaupt nichts von autofreien Zonen. Einen Kundenrückgang um 20 Prozent habe es 1997 gegeben, als die Stadt das Rondeel im Herzen der Innenstadt für den Durchgangsverkehr gesperrt hat. Er sagt zu den Plänen: „Eine weitere verkehrsberuhigte Zone in der Innenstadt würde zu massiven Umsatzeinbrüchen bei den Geschäftsleuten führen.“ Derzeit arbeiten die Kaufleute an einem Schreiben, dass Ideen umfasst, wie die Parksituation in der Innenstadt verbessert werden kann. Es soll zeitnah an die Parteien verschickt werden.
Peter Egan, Stadtverordneter der Wählergemeinschaft, sagt: „Wir haben schon vor einiger Zeit vorgeschlagen, Parkhäuser am Rande der Innenstadt zu errichten. In denen könnten die Autofahrer ihre Wagen parken und wären wenige Gehminuten später bei den Geschäften. Gleichzeitig würde der Verkehr dort abnehmen.“ Egan glaubt aber, dass Ahrensburgs Verkehrsproblem an anderer Stelle zu finden ist: Und zwar auf den Hauptverkehrsachsen wie auf der Straße Woldenhorn oder dem Beimoorweg beispielsweise. Egan: „Es sind – wahrscheinlich nicht nur gefühlt – in Ahrensburg immer mehr Autos auf den Straßen unterwegs.“
Einigkeit besteht bei den Politikern, der Verwaltung und der Wirtschaft darüber, dass – wie auch Stefan Luft angemerkt hat – nur eine Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, der Rad- und Fußwege den Verkehrsinfarkt verhindern kann. Peter Egan sagt dazu: „Insgesamt wird das aber ein langer Prozess, für den wir wohl vielen kleine Schritte gehen müssen.“