Überlastung der Gymnasien befürchtet. Gemeinschaftsschulen setzen auf Kooperationen
Bad Oldesloe. Die Interessenvertretung Lehrkräfte in Schleswig-Holstein (IVL) kritisiert den Wegfall der Schulartempfehlungen im Land und warnt vor den Folgen. Seit diesem Schuljahr stellen Grundschulen keine Empfehlungen mehr darüber aus, auf was für eine weiterführende Schule Viertklässler wechseln sollen. „Wir rechnen damit, dass Gymnasien plötzlich viel mehr Anmeldungen als zuvor bekommen“, sagt Michael Strobel, kommissarischer Vorsitzender der IVL für den Bezirk Segeberg-Stormarn. „Dann stehen plötzlich wieder Container als Ersatz für Klassenräume auf den Schulhöfen.“ Vor allem aber gebe es nicht genug Lehrer an den Gymnasien.
Tade Peetz ist Pressereferent der IVL: „Bisher konnte das Land Prognosen über die Schülerzahlen basierend auf den Empfehlungen aufstellen. Daraus ergab sich die Zuteilung der Planstellen für Lehrer“, sagt Peetz. In Zukunft werde die Personalzuweisung für die Schulen deutlich schwieriger. „Die Realität zeigt außerdem, dass Eltern bei der Entscheidung über die weiterführende Schule beraten werden wollen“, sagt Peetz. „Vielen fällt es schwer, einzuschätzen, was für ihr Kind das Richtige ist. Die meisten haben sich erfahrungsgemäß an die Empfehlungen der Grundschulen gehalten.“
Susanne Böhrs, Vorsitzende des Kreiselternbeirats für Gemeinschaftsschulen, beurteilt den Wegfall der Schulartempfehlungen deutlich positiver: „Viele der Empfehlungen stellen sich später als falsch raus“, sagt Böhrs. „Insofern halte ich es grundsätzlich für richtig, diese abzuschaffen. Allerdings werden die Eltern jetzt mit der Entscheidung alleingelassen. Es mangelt eindeutig an der Öffentlichkeitsarbeit des Bildungsministeriums.“
Das Problem der Personalplanung hält sie für gering: „Jedes Jahr erfolgt eine neue Stellenzuweisung. Ich denke, dass das Land auch ohne Empfehlungen ausreichend schnell auf den Bedarf der Schulen reagieren kann“, sagt Böhrs. „Außerdem halte ich es für förderlich, dass Schulen sich in Zukunft profilieren müssen, um Schüler zu gewinnen, weil sie ohne die Empfehlungen nicht mehr automatisch Schüler zugewiesen bekommen.“ Genau vor dieser Konkurrenzsituation warnt die IVL. „Da Eltern wollen, dass ihr Kind den höchstmöglichen Schulabschluss macht, werden Gemeinschaftsschulen ohne gymnasiale Oberstufe künftig deutlich schlechter gestellt sein und weniger Schüler anziehen,“ sagt Tade Peetz.
Die betroffenen Schulen in Stormarn sehen dem gelassen entgegen. Sabina Cambeis ist Schulleiterin der Friedrich-Junge-Schule in Großhansdorf: „Wir haben Kooperationsvereinbarungen mit der Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule in Ahrensburg und dem Emil-von-Behring-Gymnasium in Großhansdorf, wo unsere Schüler mit einem entsprechenden Notenschnitt ihr Abitur machen können“, sagt Cambeis. „Ich finde es folgerichtig, Schulartempfehlungen abzuschaffen, weil es von unseren Schülern viel mehr in die Oberstufe schaffen, als es von den Grundschulen vorausgesagt wurde.“ Auch die Gemeinschaftsschulen am Masurenweg in Bad Oldesloe und Am Heimgarten in Ahrensburg kooperieren mit anderen Schulen, um ihren Schülern die Möglichkeit zu sichern, die Hochschulreife zu erlangen. „Wir sind als Schule super ausgestattet und haben ein sehr engagiertes Kollegium“, sagt Matthias Welz, Direktor der Schule am Masurenweg. „Insofern mache ich mir über Schülermangel keine Sorgen.“
Tatsächliche Zahlen zur Schulwahl werden erst ab dem 4. März vorliegen. Bis dahin können Eltern ihre Kinder bei weiterführenden Schulen anmelden.