Während Bauarbeiten wurde in Delingsdorf eine Gasleitung getroffen und beschädigt. Rund 100 Menschen wurden in Notunterkünfte gebracht. Die Bundesstraße 75 musste für mehrere Stunden gesperrt werden.
Delingsdorf. Großalarm für Polizei und Feuerwehr am Mittwochnachmittag in Delingsdorf: Weil ein Gasrohr an der Lübecker Straße im Zentrum des Dorfs bei Bauarbeiten von einer Ramme aufgeschlagen wurde, rückten rund 80 Feuerwehrleute sowie zahlreiche Polizisten aus. Die Bundesstraße 75 wurde für mehrere Stunden voll gesperrt, die Polizei leitete den Verkehr um. Die Flugsicherung verhängte ein Überflugverbot, zahlreiche Flieger auf dem Weg nach Hamburg-Fuhlsbüttel mussten umgeleitet.
Die Rettungskräfte haben viele Wohnhäuser in einem Radius von 200 Metern und den örtlichen Kindergarten evakuiert. Rund 100 Menschen sind in Zelten untergekommen, die Helfer des Arbeiter-Samariter-Bunds im Wohngebiet Schäferkoppel aufgebaut haben.
Dort sitzt Doris Mundt, 59, vor einem Holztisch und trinkt aus einem Plastikbecher heißen Tee. „Das Gas strömte heraus wie aus einer Fontäne“, erzählt sie, „zuvor hatte es einen lauten Knall gegeben“. Sie und ihre Tochter Pascalina, 19, sind zur Sammelstelle gelaufen. Schwiegermutter Waltraut Mundt, 88, ist mit einem Krankentransporter gebracht worden. Nun sitzen sie schon seit Stunden da – und warten. Anfänglichen Einschätzungen zufolge sollte die Gefahrenzone nach zwei bis drei Stunden wieder freigegeben werden. Inzwischen ist klar: Es wird länger dauern, viel, viel länger. Das sagt Ove Struck, Sprecher der Hanse Netz AG. „Die Reparatur wird in der Nacht durchgezogen. Open end.“ Der Strom im Dorf ist komplett abgeschaltet. Als die Dämmerung hereinbricht, bleiben auch die Straßenlaternen dunkel. Aus Sicherheitsgründen: Das Gas strömt mit einem Druck von 14 Bar aus. Zum Vergleich: In einem Autoreifen beträgt der Luftdruck zwei bis zweieinhalb Bar. Einsatzkräfte der Feuerwehren aus Bargteheide, Delingsdorf, Timmerhorn, Jersbek und Bünnigstedt sowie Mitglieder des Katastrophenschutzes sichern die Unfallstelle gemeinsam mit den Polizisten.
Für den fünfjährigen Leon Weber ist das ein ganz besonders aufregender Tag. Wie alle Kinder aus dem Kindergarten Delingsdorf ist auch er umgehend zur Sammelstelle gebracht worden. Dort hält ihn jetzt seine Mutter Kirstin, 44, im Arm. „Er hatte nicht mal mehr Zeit, seine Mütze, seinen Schal und seine Handschuhe mitzunehmen“, sagt sie. Wie gut, dass ihr Haus nicht im Evakuierungsgebiet liegt. So können sie nach Hause fahren. Hat Leon Angst gehabt? Leon schüttelt entschieden den Kopf.
Draußen haben Feuerwehrleute Wasserschläuche ausgerollt und mit Wasser gefüllt. „Falls es noch zu einer Explosion kommen sollte, sind wir bereit, um zu reagieren“, sagt Joachim Hollweg, Bargteheides Feuerwehr-Sprecher. Aus diesem Grund tragen einige der Feuerwehrleute auch Atemschutzmasken.
Rieke Stapelfeldt, 11, hat vor einer Explosion Angst gehabt: „Meine Freunde haben mich total kirre gemacht und gesagt, hier würde alles in die Luft fliegen.“ Zudem habe sie große Angst um ihren Hamster. Auch ihr Opa und der Hamster seien zunächst noch im Haus gewesen. Nun ist Opa im Zelt in Sicherheit. Und dem Hamster, hofft Rieke, werde schon nichts passieren.
Unterdessen machen sich Mitarbeiter der Fachfirma Wähler, die auf Tief- und Rohrleitungsbau spezialisiert sind, daran, den Schaden zu begutachten und sich eine Lösung für die Reparatur zu überlegen. „Wir haben das Gas nicht abgestellt, damit es keine Versorgungsengpässe gibt“, sagt Ove Struck. Also muss die Leitung repariert werden, während sie unter Druck steht. „Dafür sind erst zwei weitere Löcher notwendig.“ So wird quasi eine Umleitung gelegt. Dann kann das leckgeschlagene Stück Rohr ausgetauscht werden.
Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe war das Leck von den Arbeitern noch nicht abgedichtet worden.