Boogie-Woogie-Legende Gottfried Böttger wird 65. Bei der Gala in Ahrensburg musizieren 35 Kollegen und Freunde. Rund 650 Gäste genießen Musik sowie Atmosphäre und feiern mit dem Wahl-Ahrensburger.
Ahrensburg.Es war ein Abend der erstklassigen Geburtstagsständchen. Jeder einzelne der 35 Musiker, die am Sonnabend auf den beiden Bühnen im Ahrensburger Kulturzentrum Marstall und im Park-Hotel zu Ehren von Gottfried Böttger spielten, ist ein wahrer Künstler seines Fachs. Rund 650 Gäste genossen die Musik und die Atmosphäre der Geburtstags-Gala und feierten mit dem Wahl-Ahrensburger in sein 66. Lebensjahr hinein.
Den Auftakt zu dem besonderen Konzert gab Böttger selbst – mit familiärer Unterstützung: Zum ersten Mal trat er gemeinsam mit seinem 15-jährigen Sohn Bendix auf, der hörbar das Talent seines Vaters geerbt hat. „Vielleicht wird ja noch was aus ihm“, scherzte Vater Böttger stolz. Dem Applaus des Publikums nach schien daran kein Zweifel zu bestehen.
Hochklassig ging es weiter. Mit Torsten Zwingenberger am Schlagzeug, Jürgen Attig am Kontrabass und dem NDR Big-Band-Saxofonisten Lutz Büchner spielte Böttger „You look good to me“, ein Stück des kanadischen Jazz-Komponisten Oscar Peterson. Den Titel hatte er bereits im November bei seinem Abschied in der Radio-Bremen-Talkshow „3 nach 9“ präsentiert, die er 40 Jahre lang als Pianist begleitet hatte. „Dieses Lied steht für ein Ende, aber auch für einen Anfang“, sagte Gottfried Böttger, der noch längst nicht daran denkt, die Tasten an den Nagel zu hängen. Mit einem neu formierten Quartett, zu dem neben Jürgen Attig und Lutz Büchner der Schlagzeuger Heinz Lichius gehört, macht er weiter Musik. Böttger: „Würde man mir das Klavierspielen verbieten, könnte ich zwar weiter existieren. Aber ich hätte keine Lebensfreude mehr.“
Die Ahrensburger Veranstalterin Felizitas Thunecke arbeitet schon seit vielen Jahren mit Gottfried Böttger zusammen. Doch nun hat sie das erste Mal eigens für ihn eine Gala organisiert. „Gottfried hat das Herz am rechten Fleck“, sagte Thunecke. „Deshalb war mir besonders wichtig, dass dieser Abend für ihn unvergesslich wird.“ Vor einem halben Jahr hatte sie mit der Planung dafür begonnen. Und sie sei überwältigt gewesen, wie viele Musiker ohne zu zögern zugesagt haben. „Selbst diejenigen, deren Tour-Kalender schon ausgebucht war, planten für die Gala extra um.“ Aus Erfahrung weiß sie, dass das nicht selbstverständlich ist. „Das liegt sicherlich daran, dass viele von ihnen nicht nur Kollegen, sondern auch gute, langjährige Freunde Gottfrieds sind.“
Da ist zum Beispiel Jo Bohnsack. Der auf Sylt geborene Sänger und Boogie-Woogie-Pianist kennt Gottfried Böttger seit Ende der 70er-Jahre. Im Alten Kursaal in Westerland und im Kampener Dorfkrug lieferten sich die beiden Herzblut-Pianisten schon die ein oder andere Tastenschlacht – im positiven Sinn. „Wir haben während der vergangenen 36 Jahre einiges zusammen erlebt und waren in guten, aber auch in schlechten Zeiten immer in Verbindung“, so Bohnsack. Das mache eben eine gute Freundschaft aus. „Wenn Gottfried mich ruft, bin ich für ihn da. Und umgekehrt.“ Musikalisch schätzt er an seinem Kollegen dessen Talent, unterschiedliche Stilrichtungen vereinen zu können. „Er legt sich nicht fest, ist flexibel und bleibt damit offen für Veränderungen.“ Und als Mensch habe er von ihm gelernt, niemals aufzugeben.
Zum 60. Geburtstag war Gottfried Böttger krank
Selbst nach einigen schweren Schicksalschlägen strahlt Böttger Lebenskraft aus. „Ich habe mir vorgenommen, alle Geburtstage ganz besonders zu genießen“, sagte er. „Außerdem muss ich ja auch noch einiges nachholen.“ Seinen Sechzigsten konnte Böttger nicht feiern. Der Pianist litt zu dieser Zeit an Blasenkrebs. „Umso dankbarer bin ich, heute so viele liebe und langjährige Weggefährten um mich haben zu können.“ Auch Rocklegende Udo Lindenberg, der in den wilden 70ern mit Böttger eine Hamburger Wohnung und viele durchmachte Nächte teilte, war nach Ahrensburg eingeladen und hatte zugesagt. Doch selbst kurz vor Mitternacht, als sich für ein jazzig-bluesiges Geburtstagslied alle anwesenden Künstler auf der Bühne rund um Gottfried Böttger versammelten, war kein Udo in Sicht. „Leider hat er es nicht rechzeitig geschafft, aus Berlin loszukommen“, sagte Veranstalterin Felizitas Thunecke am Sonntag. „Er will das Geburtstagskind aber auf jeden Fall so bald wie möglich besuchen.“
Bis weit nach Mitternacht warfen sich die Jazzer Reiner Regel, Günther Brackmann, Eeco Rijken Rapp, Christian von Richthofen, Christian Willisohn, Georg Schroeter, Henry Heggen und Marc Breitfelder auf der Bühne musikalisch die Bälle zu. Immer wieder wechselten die Besatzungen, und jedes Mal harmonierten die Künstler perfekt. Auch Gottfried Böttgers Neffe Henning Pertiet begeisterte die nach wie vor zahlreichen Gäste mit Boogie-Woogie am Klavier. Der Auftritt der Jazz-Combo der Stormarnschule Ahrensburg bewies außerdem, dass sich dieses musikalische Genre um den Nachwuchs keine Gedanken zu machen braucht.
„Nachher werde ich mich erst einmal ruhig hinsetzen und den Abend rekapitulieren“, sagte Gottfried Böttger gegen Ende. „Ich kann das jetzt noch gar nicht alles verarbeiten. Es ist eine ganz stille Freude, die ich gerade in mir trage. Und ich merke einmal mehr, wie wichtig es ist, wirklich gute Freunde zu haben.“