Wir treffen Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Heute: Oliver Deutsch, seit zwei Jahrzehnten Chef des Ahrensburger Park Hotels. Der Direktor war sogar nachts im Pyjama beruflich unterwegs.
Ahrensburg. Das Hobby zum Beruf zu machen ist der Traum vieler Menschen. Doch nur die wenigsten können ihn realisieren. Fußballprofis gehören zum Beispiel genauso dazu wie Musiker. Oliver Deutsch sagt, auch ihm sei das gelungen. Und das klingt durchaus überzeugend. Der 52-Jährige spricht voller Leidenschaft von seinem Job, das Lächeln dabei kommt von Herzen. So wie es Kinder zeigen, wenn sie Geburtstagsgeschenke aufreißen und das lang ersehnte Spielzeug erblicken.
Für Deutsch ist es eine Art Geschenk, dass er seit knapp 20 Jahren in Ahrensburg als Direktor des Park Hotels tätig ist – eine ungewohnt lange Zeit in dieser Branche. Der gebürtige Preetzer hat aus dem privat geführten Haus das gemacht, was es heute ist: eine der feinsten Adressen für Übernachtungen in Stormarn. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Fußball-Idol Franz Beckenbauer und die Schauspielerin Senta Berger haben das Ambiente des Vier-Sterne-Superior-Hotels bereits genossen.
Mit viel Einsatz hat er das Vier-Sterne-Superior-Haus auf Kurs gebracht
Oliver Deutsch hat viel Herzblut eingebracht, eine Menge Zeit investiert und sich selbst einiges abverlangt in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Es musste sein, um den erfolgreichen Weg einzuschlagen. „Als ich hier angefangen bin, habe ich bis zu 17 Stunden am Tag gearbeitet. Sieben Tage die Woche“, sagt er. Ja, es sei schon anstrengend gewesen zu bestimmten Zeiten.
Aber den Spaß an der Sache habe er zu keinem Zeitpunkt verloren. Auf diese Feststellung legt der Hoteldirektor wert. Jammern ist seine Sache nicht. Zu sehr liebt er seinen Beruf. „Das hier ist mein Baby, ich lebe das. Auch bei steifen Brisen habe ich nicht das Weite gesucht.“
Die wirtschaftlich unruhigen Zeiten sind längst vorbei. Deutsch hat das Haus mit seinen 109 Zimmern auf Kurs gebracht. 35.000 Gäste kommen pro Jahr, der Umsatz liegt konstant bei rund fünf Millionen Euro. Inzwischen gönnt sich der Chef von 50 Angestellten und genauso vielen Aushilfen mehr Ruhepausen als früher. Doch selbstverständlich ist er immer erreichbar und die 40-Stunden-Woche für ihn ein Fremdwort.
Auf seiner Lieblingsbank direkt vor dem Hotel kann er jederzeit abschalten. Von dort aus blickt der Direktor aufs idyllisch gelegene Ahrensburger Schloss. Es sind Momente, in denen auch die Erinnerungen hochkommen an seine beruflichen Anfänge: das Schülerpraktikum im Plaza Hotel am Dammtor, in dem sein älterer Bruder Aino Room-Service-Manager war. Oder die Ausbildung zum Restaurantfachmann im Hamburger Interconti. Deutsch: „Aino war mein Vorbild. Er hat großen Anteil daran, dass ich diesen Weg eingeschlagen habe.“
Während der Bruder im Ausland Karriere machte und Hotels in England, der Schweiz und Südafrika führte, war Oliver Deutsch in den zwölf Jahren nach seiner Lehre mit Ausnahme der Station London in Deutschland aktiv. Er übernahm Leitungspositionen in München, Nürnberg, Köln und bei Wiesbaden, bevor der Wechsel nach Ahrensburg ins Park Hotel erfolgte.
„Die brauchten einen Troubleshooter, der die Weichen stellte“, sagt Deutsch. Eine Aufgabe, der er sich gewachsen fühlte. Und nicht lange überlegte, als ein Headhunter auf ihn zukam. Ein Unterschlupf in Ahrensburg war schnell gefunden, gleich nebenan. So war der Chef stets zur Stelle, wenn Not am Mann war.
Auch schon mal mitten in der Nacht. Etwa, als Gäste mit dem Fahrstuhl stecken blieben, der neu eingestellte Portier Oliver Deutsch’ Telefonnummer wählte und ihn aus dem Schlaf riss. Der Direktor kam sofort und löste – nur mit Pyjama bekleidet – das Problem.
Immer da zu sein, wenn man gerufen wird: So definiert er Service. „Geht nicht, gibt es nicht“ lautet sein Credo. Das gilt auch für den eigenen beruflichen Werdegang. Deutsch führte zeitweise nicht nur das Ahrensburger Haus, sondern auch ein zweites in Timmendorf, dass die Investoren des Park Hotels erworben hatten. Unter der Woche Stormarn und am Wochenende Ostsee – ein Jahr war Deutsch in Doppelfunktion aktiv. Schließlich konzentrierte er sich wieder aufs Kerngeschäft. Hier in Ahrensburg fühlt er sich am wohlsten. Mit einigen Angestellten arbeitet der Hotelmanager, der sich selbst als Gastgeber bezeichnet, seit der Anfangszeit zusammen. Die personelle Fluktuation sei gering. Auch das spricht für Deutsch.
Inzwischen hat der Direktor Ahrensburg allerdings privat den Rücken gekehrt. Er wohnt mit seiner Partnerin im Hamburger Stadtteil Uhlenhorst. Dort steht der Hobbykoch auch gern in der Küche und kredenzt vorzugsweise deftige Kost wie Bratkartoffeln oder Gulasch. Unverändert ist hingegen sein Outfit: Schwarze Schuhe, dunkler Anzug, weißes Hemd und vorzugsweise eine rote Krawatte – so kennen die vielen Stammgäste den Hoteldirektor, dessen Kleiderschrank rund 200 Krawatten und 25 Kombi-Anzüge fasst.
An gewissen Tagen bricht Deutsch jedoch mit seinem Stil. Nämlich dann, wenn er direkt vom Spiel des Hamburger SV ins Park Hotel einkehrt: mit Vereinskutte und Fanschal bekleidet. Deutsch ist leidenschaftlicher Anhänger des Fußball-Bundesligisten, hat eine Dauerkarte und ist Vereinsmitglied. Er sagt: „Während des Spiels ist auch mein Handy ausgeschaltet, da bin ich nicht erreichbar. Diese Freiheit nehme ich mir.“
Er hat es nie bereut, schon so lange in Ahrensburg zu arbeiten
Könnte er sich auch vorstellen, sich die Freiheit zu nehmen und noch einmal den Job zu wechseln? Dubai oder Shanghai? Deutsch, der fließend Englisch spricht, überlegt nicht lange, sagt: „Angebote gab es genug. Aber ich habe noch viele Ideen, die ich hier umsetzen möchte.“ Die Inhaber des Park Hotels, Peter und Helga Laupp, hätten immer Vertrauen in ihn gesetzt. „Sie haben mich stets unterstützt, mir Gestaltungsspielraum gegeben, dafür bin ich dankbar.“ Dann macht er eine Pause, richtet die Brille: „Man sollte trotz aller Zufriedenheit niemals nie sagen.“
Er habe es nie bereut, dem Park Hotel so lange die Treue gehalten zu haben, betont Deutsch. Dass das keine Floskel ist, verrät der Blick in seine Augen. Sie funkeln immer noch, wenn er über sein „Baby“ spricht. Einen Wermutstropfen hat die ganze Sache aber doch. „Das Einzige, was ich bereue, ist, dass ich für meinen Sohn nicht genug Zeit hatte.“ Der 18-jährige Steven macht gerade Fachabitur. Einen Entschluss hat der Sohn bereits gefällt: In der Hotellerie wird er nicht arbeiten.