Mitarbeiter und Ver.di kritisieren Informationspolitik des Noch-Eigentümers Asklepios. Die Bewohner haben Zukunftsängste. Am Freitag, 26. September, nehmen die Kreispolitiker ihr Zustimmungsrecht wahr.

Ahrensburg/Reinfeld. Die Senioren fürchten um ihr Zuhause, die Pflegekräfte um ihren Arbeitsplatz, die Kreispolitiker debattieren hinter verschlossenen Türen, und der Einzige, der Klarheit schaffen könnte, der schweigt: der Eigentümer. Wie berichtet, will der Asklepios-Konzern seine Alten- und Pflegeheime in den Städten Ahrensburg und Reinfeld verkaufen. Einen Käufer – nach Abendblatt-Informationen handelt es sich um die Azurit-Gruppe aus Eisenberg (Thüringen) – soll es geben, ein Großteil der Verträge zwischen den Partnern bereits ausgehandelt sein. Am Freitag, 26. September, nehmen die Kreispolitiker im nicht-öffentlichen teil der Kreistagssitzung ihr Zustimmungsrecht zum Vertragswerks wahr und werden damit voraussichtlich den Weg für das Geschäft ebnen, über das bisher unter Ausschluss der Mitarbeiter, der Bewohner und deren Angehörigen gesprochen wird.

„Solange die Politik noch nicht die Rahmenbedingungen gesetzt hat, will Asklepios sich zu dem Thema offiziell nicht äußern“, sagt Unternehmenssprecher Matthias Eberenz. Er formuliert damit das, was viele der rund 70 Mitarbeiter in Ahrensburg und Reinfeld mächtig ärgert. „Wir wissen offiziell nichts, und so konnten sich in den vergangenen Wochen und Monaten neben einigen Fakten auch die wildesten Gerüchte entwickeln“, sagt ein Mitarbeiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er und eine Kollegin berichten zudem, dass in den Häusern sowohl in Ahrensburg als auch in Reinfeld wegen des Verkaufs große Aufregung herrsche. „Insbesondere die Bewohner sorgen sich um ihre Zukunft“, sagt er. Es gehe um Ängste vor erzwungenen Umzügen, vor Bauarbeiten, dem Verlust der vertrauten Pflegekräfte oder vor Preissteigerungen. „Älteren Menschen setzen Veränderungen oft sowieso mehr zu“, sagt er und fügt an: „Deswegen wäre es umso besser, wenn uns Asklepios endlich ins Boot holt.“

2002 hat der Asklepios-Konzern die Einrichtungen vom Kreis gekauft

Doch auch die Mitarbeiter haben Angst. Den Verkauf lehnen viele ab. In einem anonymen Schreiben, das an die 53 Kreispolitiker verteilt wurde und der Redaktion vorliegt, heißt es etwa: „Wie wir von den ehemaligen Pflegern aus dem Eichenhof in Bad Segeberg (seit 2013 bei der Azurit-Gruppe) erfahren haben, ist auch dieses ein profitorientierter Arbeitgeber, dem die Bedürfnisse und die Zufriedenheit der Heimbewohner und Mitarbeiter egal sind. Im Gegenteil: Der alte Mitarbeiterstamm wurde so lange schikaniert, bis diese gekündigt haben und durch Leiharbeiter ersetzt wurden. Wir haben Sorge, das es uns genauso ergehen könnte.“ Zuletzt äußert der Verfasser die Bitte an die Politiker, den Verkauf zu verhindern.

In der Tat könnten die Kreistagsabgeordneten den Verkauf der Pflegeheime, in denen rund 150 Senioren betreut werden, verhindern. Denn in bestimmten Punkten müssen sie dem Vertrag zwischen Asklepios und Azurit zustimmen. Der Hintergrund: 2002 hat der Kreis die Einrichtungen zusammen mit dem Kreiskrankenhaus in Bad Oldesloe für insgesamt 10,5 Millionen Euro an Asklepios verkauft. Zu den damals hart verhandelten Vereinbarungen gehörte ein Personalüberleitungsvertrag. Er schreibt fest, dass die damaligen Mitarbeiter, rund 35 davon arbeiten heute noch in Ahrensburg und Reinfeld, nach Tarif entlohnt werden und entsprechende Zusatzzahlungen erhalten. Der Personalüberleitungsvertrag gilt bis 2021. Zudem hat der Kreis offenbar vereinbart, dass an den Standorten die Altenpflege erhalten bleiben soll und nur vorbestimmte städtebaulichen Veränderungen möglich sind. Die Vereinbarungen will der Kreis auch beim Verkauf an einen neuen Eigentümer beibehalten.

„Und das haben wir gesichert“, sagt FDP-Fraktionschef Karl-Reinhold Wurch über die politische Teilhabe an dem Vertragswerk. „Wir werden dem Vertrag zustimmen“, sagt auch Stefan Kehl, Fraktionschef der Grünen. Auch die CDU sieht dem Verkauf positiv entgegen. Margot Sinning, Vorsitzende des Sozialausschusses: „Wir sind uns einige, dass es nach dem Verkauf nur besser werden kann.“ So beurteilt auch die SPD-Fraktion die Situation. Fraktionschef Reinhard Mendel sagt: „Die Heime sind sanierungsbedürftig, ein neuer Eigentümer könnte das angehen.“ In der Tat soll am Reinfelder Standort neu gebaut, in Ahrensburg saniert werden – so einige der Gerüchte. Gegen den Verkauf will unterdessen die Linken-Fraktion stimmen. Heidi Beutin sagt: „Unsere Partei ist gegen den Privatisierungswahnsinn.“ Zudem gebe es bei einem Betriebsübergang immer Rechtsunsicherheiten.

Das sehen auch die Mitarbeiter und die Gewerkschaft Ver.di, die sich für die Mitarbeiter einsetzt, ähnlich. Imke Wriedt, zuständige Fachbereichsleiterin der Gewerkschaft, sagt: „Dieser Umgang, hinter dem Rücken der Menschen Fakten zu schaffen, ist empörend.“ Auch sie kritisiert die Informationspolitik von Asklepios. Vor der Abstimmung am Freitag, 26. September, wollen die Politiker des Hauptausschusses am Mittwoch, 24. September, ab 19 Uhr ein letztes Mal über die Causa Altenheime beraten. Ver.di und die Mitarbeiter werden dann auch zum Kreishaus (Mommsenstraße 13) kommen.