Am Montag tritt Björn Warmer sein Amt als Bürgermeister in Reinbek an. Im Interview spricht er über seinen neuen Aufgabenbereich und erklärt, wo seine Prioritäten liegen und was er verändern möchte.
Reinbek. Am kommenden Montag wird es ernst für Björn Warmer. Dann tritt der 39-Jährige sein Amt als Bürgermeister in Reinbek an. Jetzt ist der Nachfolger Axel Bärendorfs während der Stadtverordnetenversammlung unter den Augen von Landrat Klaus Plöger, Wentorfs Verwaltungschef Matthias Heidelberg und Glindes Bürgervorsteher Rolf Budde vereidigt worden – gut drei Monate nach seiner Wahl am 25. Mai.
Der Jurist war als Kandidat der SPD gegen die Mitbewerber Jürgen Vogt-Zembol, der Büroleitender Beamter im Reinbeker Rathaus ist und von der CDU unterstützt wurde, und den parteilosen Lars Bardua ins Rennen gegangen. Er sicherte sich gleich im ersten Wahlgang mit 53,64 Prozent (6326 Stimmen) die absolute Mehrheit.
Er kennt beide Seiten des kommunalpolitischen Geschäfts. Zuletzt arbeitete er als Justiziar im Rathaus der Stadt Schwarzenbek, er war lange Zeit Kommunalpolitiker in Wentorf.
Im Interview mit der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn spricht Warmer über seinen neuen Aufgabenbereich. Er erklärt, wo seine Prioritäten liegen und was er verändern möchte.
Hamburger Abendblatt: Herr Warmer, der Termin rückt näher. Am kommenden Montag starten sie als Chef von 200 Mitarbeitern in der Reinbeker Verwaltung. Wie fühlt man sich da?
Björn Warmer: Ich bin gut vorbereitet, habe in den vergangenen Wochen häufig mit Axel Bärendorf und Menschen aus der Stadt, mit denen ich künftig viel zu tun haben werde, gesprochen. Auch habe ich mich bereits Landrat Klaus Plöger und den Bürgermeistern der umliegenden Städte und Gemeinden vorgestellt. Insofern ist es kein Schnellstart. Aber Vorbereitung ist natürlich etwas anderes als die Praxis.
Was haben Sie denn mit Herrn Bärendorf beredet?
Warmer: Wir haben über die aktuellen Themen gesprochen. Er hat mir seine Sichtweise geschildert, und ich konnte alle Fragen stellen, die mir wichtig waren.
Ihr Vorgänger hatte bei den Politikern gerade in der zweiten Hälfte seiner Amtszeit einen schweren Stand. Wie werden Sie sich den nötigen Respekt und die Akzeptanz bei den Entscheidungsträgern verschaffen?
Warmer: Ich werde die Politik über meine Ziele informieren, die müssen allen klar sein. Wir haben eine Aufgabenteilung, die deutlich voneinander getrennt ist. Sicher müssen wir uns an die gegenseitige Arbeitsweise gewöhnen. Aber ich werde einen roten Faden aufzeigen. Wenn der erkannt wird, erhalte ich auch die Akzeptanz. Und es geht natürlich darum, Ergebnisse zu erzielen. Politik und Verwaltung müssen einander vertrauen und auch einmal ein Stück weit voneinander loslassen.
Herr Bärendorf sagte, die ersten eineinhalb Jahre werden für sie entscheidend sein, ob sie in Reinbek angenommen werden. Was haben Sie sich für diesen Zeitraum vorgenommen?
Warmer: Eine Priorität liegt auf dem Haus, nämlich bei den Kollegen und Kolleginnen. Ein Bürgermeister wirkt zwar stark nach außen, aber ich bin auch Vorgesetzter von 200 Menschen. In der Verwaltung schlummert eine Menge Leistungsfähigkeit in einer Zeit, in der wir immer stärker zum Sparen aufgefordert werden. Ich werde eine Menge Zeit investieren, um zu gucken, ob alle Leistungspotenziale ausgeschöpft sind, möchte mit den Kollegen zusammen eine Form der Personalentwicklung schaffen, die zukunftsfähig ist. Dann will ich mir Vertrauen bei den Bürgern erarbeiten, in Kontakt mit Vereinen und Interessenvertretern bleiben. Weitere Themen sind der Schulstreit, der Investitionsstau bei öffentlichen Gebäuden sowie Straßenausbauten und die Frage der Finanzierung. Es gibt eine Menge anzustoßen. Es soll sichtbar werden, dass sich etwas in Reinbek bewegt. Das ist mir ganz wichtig. Und die Bürger sollen den Eindruck haben, mitmischen zu können.
Finanziell ist die Stadt nicht auf Rosen gebettet. Nach den absoluten Zahlen hat Reinbek die höchste Verschuldung im Kreis. Viele Geschenke gibt es nicht zu verteilen.
Warmer: Wenn wir über Schuldenabbau sprechen, dann sicherlich nicht kurzfristig. Es werden ja große Projekte immer mal wieder von Jahr zu Jahr verschoben, um Haushalte zu retten oder sie nicht allzu schlecht aussehen zu lassen. Das ist auch ein Grund, weshalb es einen Investitionsstau gibt. Man sieht ja, dass es einen Druck gibt, etwas zu tun. Warum laufen uns die Energiekosten weg? Warum werden die Reparaturkosten immer mehr? Es geht darum, einen klaren Plan aufzustellen, wann wir was umzusetzen haben. Das andere ist die Einnahmeseite. Die müssen wir nicht nur stabilisieren, sondern ausbauen. Die Diskussion um die Erweiterung des Gewerbegebiets ist ja bereits in vollem Gange. Ich werde in Kürze Gespräche mit Firmen führen und schauen, welchen Bedarf es dort gibt.
Sie bekennen sich zum Mittelzentrum Reinbek, Glinde, Wentorf. Werden Sie auf Verwaltungsebene darauf drängen, Synergieeffekte zu schaffen?
Warmer: Ich will mir da nicht zu viel vornehmen, aber sehr wohl manches mit klarem Ziel vorantreiben, um Erfolgserlebnisse zu haben. Personal ist tatsächlich ein Bereich, bei dem ich das von außen betrachtet für möglich halte. Leistungsfähigkeit baut man mit einer starken Marke aus, auch gern zu dritt. Ich kann mir durchaus einen Mittelzentrumsarbeitgeber vorstellen. Das ist aber eine eigene Idee, die ich in den kommenden Wochen mit den Kollegen besprechen werde.
Sie wollen Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten aufbauen. Wie soll das konkret aussehen?
Warmer: Das kann ich im Moment noch nicht beantworten. Bürgerbeteiligung ist ein Experimentierfeld. Da haben sich ganz viele dran versucht. Es gibt sehr viele gute Vorbilder, die weit gegangen sind, aber auch solche, die daran gescheitert sind. Mir ist wichtig, etwas zu installieren, das Bestand hat. Da kann auch mal ein Versuchsballon platzen, und man stellt fest: So geht es nicht. Es sollte etwas sein, mit dem alle einverstanden sind und gut arbeiten können. Das ist nicht ganz einfach, weil es Formen der Bürgerbeteiligung gibt, bei denen die Stadtvertretung ein Stück weit abgeben muss. Sie ist zwar das Beschlussorgan. Aber die Frage der Meinungsbildung bis zum Beschluss kann man sehr wohl verändern. Das macht man am besten zusammen. Aber das ist die politische Seite. Wichtig ist, dass die Bürger das Gefühl haben, gehört zu werden. Ich möchte, dass wir aktiv auf die Menschen zugehen und darauf hinweisen, was ihr Lebensumfeld beeinflusst.
Apropos Reinbeker Stadtvertretung. Beim Blick auf die Mitglieder fällt auf, dass viele in einem gesetzten Alter sind. Man sieht wenig junge Gesichter. Woran liegt das?
Warmer: Ich habe während meiner Zeit als Wentorfer Lokalpolitiker die These vertreten, Jung lockt Jung an. Und so ist es auch gewesen. Ich habe es selbst erfolgreich praktiziert. Junge Menschen, die in der Kommunalpolitik tätig sind, können viel bewirken, sehen direkt Ergebnisse. Das sollte Anreiz genug für ein Mitmachen sein. Wenn die Altersdurchmischung in den Fraktionen aber nicht heterogen ist, wird es schwierig mit der Rekrutierung von Nachwuchs. Das ist Sache der Fraktionen, sozusagen eine Selbstaufgabe. Da müssen sie eigentlich ran, keine Frage.
Und wie kann die Stadt helfen, junge Menschen für Politik zu begeistern?
Warmer: Zum Beispiel in den Schulen rechtzeitig auf die Jugend zuzugehen. Wir haben ja das Projekt Jugend im Rathaus, das ich absolut klasse finde. Ein Bürgermeister kann sich auch gern mal in den Schulen blicken lassen und aufzeigen, was gemacht wird im Rathaus. Um zu zeigen, dass es keine trockene Behörde ist, sondern ein mittelständisches Unternehmen, und die Arbeit dort nicht weniger interessant ist als in vielen Firmen.