Bei einem Gang durch die Gemeinde zeigt der frisch gewählte Verwaltungschef Oliver Mesch die Orte, die ihm besonders am Herzen liegen. Am Freitag wird er das neue Amt antreten.
Trittau. Bei einem Spaziergang mit Oliver Mesch durch Trittau geht es zunächst einmal um das Stehenbleiben, nämlich an der Ampel vor dem Campehaus. Bei Rot die Straße überqueren? „Geht als Bürgermeister gar nicht. Und als Familienvater auch nicht“, sagt Mesch, der zwei Kinder im Alter von fünf und sieben Jahren hat. Gerade war er mit ihnen und seiner Frau Birte im Urlaub, zwei Wochen Schweden. „Länger war nicht drin“, sagt Mesch. Am kommenden Freitag wird der Amtsarchivar und Geschäftsführer der Wassermühle das Bürgermeisteramt antreten. Sein Vorgänger Walter Nussel geht in den Ruhestand.
Im Juni wurde Oliver Mesch zum neuen Bürgermeister gewählt. Als unabhängiger Bewerber erhielt er 57 Prozent der Stimmen und setzte sich damit gegen Eckhard Frahm durch. Zuvor war sieben Monate lang Wahlkampf. „Das war anstrengend. Herr Nussel hatte mir vorher gesagt: ‚Wenn du den Wahlkampf schaffst, schaffst du das Bürgermeisteramt locker.’ Damit hatte er recht“, sagt Mesch. Bei einem Spaziergang durch die Gemeinde hat der 43-Jährige dem Abendblatt gezeigt, was ihm in Trittau besonders am Herzen liegt.
Als Treffpunkt wählt er das Verwaltungsgebäude am Europaplatz. „Das sehe ich als meine Hauptaufgabe: Die Verwaltung zu leiten und zu führen.“ Mesch bevorzugt allerdings die Bezeichnung Rathaus: „Die Bürger sollen kommen und sich Rat holen. Als Bürgermeister trage ich die Anliegen der Einwohner an die Politik heran.“ In dieser Woche wird Mesch umziehen, von seinem Büro im Erdgeschoss in den ersten Stock. Dort übernimmt er das Zimmer von Walter Nussel.
Der 43-Jährige arbeitet seit 2000 für das Amt Trittau, erst nur als Archivar, später kam der Posten als Geschäftsführer der Wassermühle hinzu. „Die beiden Stellen haben wir gerade neu ausgeschrieben. Ich stelle dann meinen eigenen Nachfolger ein“, sagt Mesch und lächelt bei dem Gedanken.
Stehen bleiben wird man mit Oliver Mesch nicht nur an roten Ampeln, sondern auch dann, wenn er Bekannte trifft. Vor dem Campehaus hält Heinz Schomann den Bürgermeister an. Mesch gibt ihm die Hand. Der Rentner sammelt gerade Unterschriften für den Erhalt der AOK-Beratungsstelle an der Kirchenstraße 32. Die Krankenkasse will diese schließen. „300 Unterschriften habe ich bereits“, sagt Schomann. Er habe Oliver Mesch während des Wahlkampfs gesagt, er könne seine Stimme nicht für ihn abgeben. „Einen besseren Archivar kriegen wir schließlich nicht“, sagt Schomann lachend.
Oliver Mesch kennt nicht nur viele Einwohner Trittaus, er kennt auch den Ort selbst gut. Seine Familie lebt seit 1838 in der Gemeinde, er selbst ist gebürtiger Trittauer. „Das ist auch ein Türöffner: Die Leute trauen sich, mich anzusprechen.“ Die Familiengeschichte sei auch seine Motivation gewesen, Bürgermeister zu werden. „Meiner Heimatgemeinde fühle ich mich sehr verbunden.“
Die nächste Station ist das Freibad. Der Weg dorthin führt vorbei am Meierei-Gelände, auf dem Unternehmer Günter Süllau einen Edeka-Markt plant, und über den Schützenplatz, auf dem noch in diesem Jahr ein Markant-Markt entstehen soll. Die Ansiedlung der Verbrauchermärkte ist seit Langem Streitthema in der Gemeinde. Mesch sagt, er betrachte das ganz nüchtern. „Das sind Entscheidungen, die die Politik fällt, die Verwaltung führt dann aus. Es gibt in dieser Sache sicher Für- und Gegenargumente“, räumt Mesch ein.
Für das Freibad würde manch einer wahrscheinlich auch Gegenargumente sehen, wie etwa die rund 300.000 Euro Defizit, welche dieses dem Gemeindehaushalt jährlich beschert. Trotzdem: „Ich werde mich immer für den Erhalt des Freibades einsetzen“, sagt Mesch. „Es ist für viele Trittauer eine wichtige Institution.“ Dennoch wünsche er sich, dass noch mehr Bürger von dem Angebot Gebrauch machten. Mesch sieht das Freibad als „wichtigen Standortfaktor“. „Wir möchten, dass sich Betriebe in Trittau ansiedeln. Die achten aber längst nicht nur auf den Hebesatz der Gewerbesteuer, sie wollen auch ihren Mitarbeitern etwas bieten“, sagt der Verwaltungschef. Dazu zählt auch das Freizeitangebot am Arbeitsort.“
Am Schwimmbecken wird Oliver Mesch von Peter Naujoks angesprochen. Der Bademeister bittet den angehenden Bürgermeister um einen Termin. Dieser verweist auf die anstehende Vereidigung. „Kommende Woche stehen dann Mitarbeitergespräche an“, verspricht er.
Auf der Poststraße, dem „Herzstück Trittaus“, wie Mesch sagt, wird die Unterhaltung schwieriger, der Lärm der Lkws übertönt Gespräche. „Der Verkehr ist zugleich Fluch und Segen“, sagt Mesch. „Natürlich wünschen wir uns, dass die Leute sehen, was wir hier anbieten“, – viele kleine, inhabergeführte Läden nämlich und kaum Leerstand –, „aber ein bisschen Entlastung wäre schon schön. Dann könnte man mal in Ruhe seinen Kaffee hier trinken.“ Dennoch: „Trittau hat viele Vorteile, zum Beispiel können Kunden hier kostenlos parken und finden Geschäfte und Verbrauchermärkte in unmittelbarer Nähe. Für diese Vorteile müssen wir mehr Werbung machen“, sagt Mesch, der aus diesem Grund den Kontakt zur Gewerbegemeinschaft Trittau (GGT) sucht. „Wir müssen zusammen sehen, dass wir in der Gemeinde ein attraktives Umfeld für Gewerbetreibende schaffen – und wenn wir diese haben, sie hegen und pflegen.“
In der Galerie von Angelika Voss, der Vorsitzenden der GGT, wird Mesch herzlich empfangen. „Muss ich jetzt schon Herr Bürgermeister sagen“, fragt Voss lachend. Dann wird sie ernst: „Es ist wichtig, dass wir mit der Gemeinde in engem Kontakt stehen und gemeinsam daran arbeiten, den Leerstand so gering wie möglich zu halten. Inhabergeführte Geschäfte sind so bedeutend für Trittau“, sagt die Galeristin.
Das Kulturzentrum Wassermühle hat Symbolkraft für Trittau
Zurück auf der Poststraße steht Oliver Mesch wieder mitten im Geschehen. „Fahrradfahren ist hier leider kaum möglich“, sagt er. Die teils engen Straßen in der Gemeinde seien dem Naturschutzgebiet Hahnheide zuzuschreiben, um das Trittau herumgebaut ist. „Das kann manchmal schwierig sein, ist aber natürlich auch ein Riesenvorteil.“ Damit kommt Mesch zu einem für ihn besonders wichtigen Ort: der Wassermühle. „Die Wassermühle hat Symbolkraft für Trittau: Sie liegt einerseits mitten im Zentrum, aber auch direkt am Naturschutzgebiet.“
„Der Fußweg könnte auch mal neu gemacht werden“, bemerkt Mesch auf dem Weg zu dem Kulturzentrum, das in seiner heutigen Form seit 1701 existiert. Als Bürgermeister könne man es nicht jedem Recht machen. „Im richtigen Moment ein klares Nein zu formulieren ist besser als um den heißen Brei herumzureden“, sagte er. „Ich habe den Anspruch, jede meiner Entscheidungen kommunizieren und auch erklären zu können.“
Als Geschäftsführer der Wassermühle, die die Gemeinde 1973 kaufte und 1992 zum Kulturzentrum machte, kümmerte sich Mesch bislang um die Organisation des kulturellen Betriebes. „Durch die gute Kooperation mit der Sparkassen-Kulturstiftung hat sich der Betrieb wunderbar entwickelt. Die Künstler wissen, dass in der Wassermühle Qualität ausgestellt wird und kommen gern her. Die Musik- und Kunstveranstaltungen besuchen Menschen aus Hamburg und der weiteren Umgebung.“ Wichtig für die Bekanntheit der Wassermühle seien auch die großen Kunsthandwerkermärkte, die Elke Baum organisiert und die jedes Mal Zehntausende Besucher nach Trittau ziehen. „Was mir an der Arbeit in der Wassermühle gefallen hat, ist, dass sich hier das ganze Spektrum des Lebens vor einem ausbreitet. Man steht in engem Kontakt mit allen mögliche Menschen, mit dem Gesangverein genauso wie mit den bildenden Künstlern“, sagt Mesch. Die nächste Kunstausstellung wird er als Bürgermeister mit einem Grußwort eröffnen. Für die Organisation ist er dann nicht mehr zuständig. Einen kurzen Moment sieht er selbst überrascht aus. „Irgendwie ein komisches Gefühl.“