Das 76 Tonnen schwere Gerät aus Österreich ist das Herzstück eines neuen Kraftwerks in Stapelfeld und soll Wärme und Strom liefern. 21.500 Haushalte in der Region sollen damit versorgt werden.

Stapelfeld. Er bringt 76 Tonnen auf die Waage, wird betrieben mit Erdgas und sieht aus wie eine überdimensionale Autobatterie. Die Rede ist vom J920 FleXtra, einem Gasmotor, der das Herzstück der neuen Kraft-Wärme-Kopplungsanlage, kurz KWK, in Stapelfeld ist. Am Mittwoch wurde das Schwergewicht in den 550 Quadratmeter großen Beton-Neubau auf dem Gelände der Müllverbrennungsanlage gehievt. Mit einem Kran hoben Arbeiter den Motor vorsichtig vom Tieflader.

„Das ist alles gut geplant“, sagt Kai Koschnitzki, Projektleiter der Firma GE Jenbacher, der gerade beobachtet, wie der Gasmotor mehrere Zentimeter über der Baustelle schwebt und auf Holzbalken abgestellt wird. „Per Panzerrollen wird er ins Gebäude geschoben“, erklärt Koschnitzki. Ende November soll der Testlauf beginnen. Mit einer Leistung von mehr als 9500 Kilowatt kann der Motor pro Jahr 76 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen. Das reicht aus, um mehr als 21.500 Haushalte zu versorgen oder 400.000 Kühlschränke mit Gefrierfach zu betreiben.

Doch mit der gewonnenen Energie sollen das Gewerbegebiet sowie die Haushalte in Stapelfeld und in den umliegenden Gemeinden Siek und Braak versorgt werden. „Allerdings ist der Strom bei uns nur ein nützliches Nebenprodukt“, sagt Matthias Schumann, Leiter Projektmanagement bei E.on Hanse Wärme. In erster Linie soll das Kraftwerk Wärme erzeugen. Mehr als 80 Millionen Kilowattstunden Wärme soll die Anlage jährlich produzieren. Energie, die in das bestehende Wärmenetz eingespeist wird und mit der neben Stapelfeld und den benachbarten Gemeinden auch die Hamburger Stadtteile Rahlstedt und Jenfeld versorgt werden sollen. „Dabei arbeiten wir mit der Müllverbrennungsanlage zusammen“, sagt Schumann und fügt hinzu: „Die MVA hat die Wärme, wir haben die Kunden.“ Somit speist E.on die Wärme, die bei der Müllverbrennung entsteht, ebenfalls ins Netz oder sammelt sie in zwei 100 Kubikmeter großen Wärmespeichern. Udo Bottländer, Vorstandsmitglied der E.on Hanse Wärme, sagt, dass mit der KWK-Anlange die Wärmeversorgung in der Region gesichert sei. „Auch wenn die MVA eines Tages keinen Müll mehr verbrennt.“

In 15 Jahren soll der Motor Gewinn machen

Rund 6,8 Millionen Euro investiert der Energieversorger in die Anlage in Stapelfeld. „Ich rechne damit, dass wir in 15 Jahren damit Gewinn machen“, so Bottländer. Von den 210 Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in Norddeutschland, die E.on betreibt, ist die in Stapelfeld die größte. Ferner bekomme sie den modernsten Gasmotor. „Er kommt auf einen Gesamtwirkungsgrad von 95,1 Prozent“, sagt Bottländer.

Thomas Baade, Geschäftsführer der E.on Hanse Wärme GmbH, erklärt dies so: „Wenn Sie den Rohstoff Holz benutzen, um mit einem Kamin Wärme zu erzeugen, haben sie einen Wirkungsgrad von 20 Prozent.“ Doch bei der KWK-Anlage wird die eingesetzte Energie doppelt genutzt: für Wärme und Strom. Im Vergleich zur getrennten Erzeugung von Strom im Kohlekraftwerk und Wärme im Heizölkessel könnten bis zu 35 Prozent des eingesetzten Rohstoffes und fast 60 Prozent CO2 eingespart werden. Deswegen gelten solche Kraftwerke auch als umweltschonend und werden in Deutschland gefördert. „Und wir sind nicht von Wind und Wetter abhängig“, sagt Udo Bottländer. Der 76 Tonnen schwere Motor, der im österreichischen Jenbach in Tirol gebaut und per Schwerlasttransport etwa vier Tage nach Stapelfeld transportiert wurde, braucht als Rohstoff Erdgas. „Deswegen haben wir den Standort neben der Schütthalle der MVA gewählt. Unter der Straße verläuft eine Gashochdruckleitung“, erklärt Matthias Schumann. Doch auch mit erneuerbaren Energien wie Biogas könnte die Anlage in Zukunft betrieben werden.

Patrick Frigge, General Manager der GE Jenbach GmbH in Österreich, kommt ins Schwärmen, wenn er über den neuen Motor spricht. Seine Leistungsfähigkeit sei „ein Weltrekord. Es ist der zweite dieser Art, der bisher ausgeliefert wurde“, so Frigge. Ein zweiter Motor dieses Typs steht in Rosenheim. Ferner bestätigt Frigge, dass der Motor, der hinter den kalten Betonwänden des Kraftwerks verschwinden wird, von außen nicht zu hören sein wird. Frigge: „Aber in der Anlage bräuchte man Ohrenschützer.“