Die Stadtwerke und ihre Partner investieren Millionen in leistungsfähige Glasfaserkabel. Bald soll schnelles Internet im Kreisgebiet ein flächendeckender Standard sein.
Bargteheide. Die erste Frage der Firmenchefs lautet: Was könnt ihr liefern? Gemeint sind Bits, Megabits. Und zwar möglichst viele – für ein unkompliziertes Up- and Downloaden. „Ohne Glasfaser geht das heute nicht mehr“, sagt Norbert Leinius, der als Geschäftsführer der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) weiß, wovon Gewerbeansiedlungen abhängen. Der Autobahnanschluss genügt längst nicht mehr. Auch der Breitbandanschluss muss garantiert sein. „Schnelles Internet ist zum wichtigen Standortfaktor geworden“, sagt Stormarns Wirtschaftsförderer, der „heilfroh“ ist, dass die Zeit notdürftiger Grundversorgung vorbei ist. Parallel zur Betonautobahn zieht sich jetzt eine Datenautobahn durch Stormarn, die 2018 komplett sein soll.
Die Gewerbegebiete in Bad Oldesloe, Braak, Stapelfeld und Ahrensburg sind bereits ganz oder zum großen Teil mit Breitbandanschlüssen versorgt. Jetzt folgt Bargteheide. So wie in Ahrensburg haben die Bargteheider Unternehmen jahrelang über zu langsame Datenübertragungen und damit über Wettbewerbsnachteile geklagt. Nun soll Ende des Jahres endlich der Breitbandanschluss erfolgen. Die neu gegründeten Bargteheider Stadtwerke machen es möglich und investieren 430.000 Euro.
Städte dürfen nicht Investor sein, Stadtwerke schon
„Wir sind schon zu lange in der Pflicht, in diesem Bereich etwas für die Wirtschaftsförderung zu tun. Aber wir durften nicht“, sagt Joachim Teschke. Der Geschäftsführer der Stadtwerke, der zugleich Kämmerer der Stadt ist, verweist auf den Gesetzgeber, der den Kommunen eine finanzielle Beteiligung am Ausbau der Breitbandversorgung untersage. „Für die Stadt ist das ein unerlaubter Geschäftsbereich“, sagt Teschke. „Aber eben nicht für die Stadtwerke.“ Und die treten jetzt als Investor auf, kaufen die Kabel, lassen sie verlegen und verpachten das Netz.
So ähnlich macht es die Stadt Ahrensburg, die mit dem Dienstleister KielNet zusammenarbeitet. „Wir haben schon die Gewerbegebiete Nord und den ersten Teil von Beimoor-Süd angeschlossen“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Horst Kienel. Auch ein Teil des Stadtteils Gartenholz ist versorgt, ebenso wie das Neubaugebiet Erlenhof.
Kosten für den Breitband-Ausbau in Ahrensburg bisher: zwei Millionen Euro. Im nächsten Monat soll der Glasfaserkabelausbau quer durch Ahrensburg beginnen – vom Schloss bis in die westlichen Viertel der Stadt. Kosten hierfür: weitere zwei Millionen Euro. Und das reicht noch nicht. „Wir werden bis 2020 rund 21 Millionen Euro investieren“, sagt Kienel, der ebenfalls Stadtkämmerer ist. „Aber das ist nun mal die Technik der Zukunft.“
Bargteheide geht mit der Vereinigte Stadtwerke Media GmbH (VS Media) als Geschäftspartner an den Start. Die VS Media betreibt seit 2009 ein Glasfasernetz rund um Bad Oldesloe, Mölln und Ratzeburg. Investitionsvolumen bisher: 55 Millionen Euro für die Versorgung von 54 Gemeinden mit Telefon, Fernsehen und vor allem schnellem Internet. Verträge mit 16.500 privaten Haushalten sind unter Dach und Fach. „Unser Plan ist es, Stormarn bis 2018 flächendeckend zu versorgen“, sagt Bettina Mladenic, Leiterin des Geschäftskundenvertriebs.
Die VS Media baut das Netz von der Mitte nach außen an die Kreisgrenzen auf. Mladenic: „Große Firmen im Oldesloer Gewerbegebiet sind schon unter Licht. 50 Unternehmen im Gewerbegebiet Braak/Stapelfeld werden gerade angeschlossen.“ Und auch die Gemeinden der Ämter Nordstormarn, Bad Oldesloe-Land, Trittau und Bargteheide-Land sind schon beziehungsweise werden gerade angeschlossen. Im Gewerbegebiet Siek soll es 2015 losgehen, im Gewerbegebiet Stapelfeld/Stormarnring 2016. „Und danach folgt dann die Südachse“, sagt Mladenic. Mit Hoisdorf, Großhansdorf, Siek, Lütjensee und Grönwohld. Die Dörfer holen auf.
„Bislang war die Multi-Media-Versorgung über Glasfaserleitungen Großstädten vorbehalten“, sagt der Geschäftsführer der Bargteheider Stadtwerke, Teschke. Aber der Bedarf steige. Auch qualitativ. Anschlüsse mit einer Daten-Übertragungsgeschwindigkeit von rund zehn Megabit/s reichten bald nirgends mehr aus. Teschke: „Datenintensive Dienste wie E-Health, E-Learning oder das virtuellen Speichern über E-Clouds werden zunehmen.“
Die SV Media garantiert 50 Megabit/s, und zwar symmetrisch für Up- und Downloads und für Geschäfts- und Privatkunden gleichermaßen. „Wir fahren da eine Schiene. Und auf diese Leistung können sich die Kunden verlassen“, sagt Petra Grimm vom Vertrieb. „De facto kommt aber mehr an, nämlich fast 100 Bit/s. Unternehmen können natürlich mehr buchen, bis zu einem Gigabit.“
Die Stadtwerke Ahrensburg bieten den Unternehmen die Möglichkeit, bei 100 Megabit/s im Down- und 20 Megabit/s im Upload einzusteigen oder aber die größere Version zu ordern – mit einer symmetrischen Versorgung von 100 Megabit/s. Bei Privatkunden liegt das Verhältnis zwischen Down- und Uploads bei 50 zu zehn Megabit/s. Beim größeren Paket wird im Verhältnis von 100 zu 20 Megabit/s geliefert.
WAS hält Glasfasernetz für alternativlos
Für die Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn gibt es dazu keine technisch adäquate Alternative. „Das Funksystem ist zu anfällig“, sagt Projektleiter Georg Frank. „Und Kupferkabel verlieren auf längeren Strecken an Leistung.“ So könne die Signalstärke so stark zurückgehen, dass von den sechs Mbit/s nur noch zwei ankommen. Frank: „Glasfaser stoßen hingegen nicht an Grenzen.“ Es sei ein Glück, flächendeckend Anbieter gefunden zu haben. Frank: „Engpässe gehören durch die zukunftssichernde Technik bald überall in Stormarn der Vergangenheit an. Das ist eine positive Geschichte.“
Die große Nachfrage könnte dazu führen, dass der Gesetzgeber die restriktive Handhabe der Förderung des Netzausbaus über kurz oder lang aufhebt. Aber noch gilt sie. Und das bedeutet, dass sich kleine Gemeinden wie Jersbek, wo die Entscheidung aktuell ansteht, einen Breitbandanschluss nur „leisten“ können, wenn sich ein Investor findet. „Deswegen sind wir ja so froh, dass es einen Anbieter gibt, der bei uns einsteigen will“, sagt Jersbeks Bürgermeister Herbert Sczech. Die VS Media werde in der Gemeinde zugleich Investor und Betreiber des Breitbandnetzes sein. So wie schon in anderen Dörfern – und so wie die Stadtwerke in Ahrensburg, die KielNet nur als Anbieter zwischenschalten.
Allerdings stellen die Investoren Bedingungen, damit sich der Aufwand auch lohnt. In Ahrensburg ist eine Mindestquote von 30 Prozent gefordert. SV Media fängt nur dann an, wenn mindestens 55 Prozent aller Haushalte einen Vertrag abschließen. Jersbeks Bürgermeister Sczech: „Sollte das klappen, könnten 2015/16 die Ortsteile Timmerhorn und Klein Hansdorf folgen.“ Wie in allen Orten zuvor gab es jetzt auch in Jersbek eine Einwohnerveranstaltung. In Bargteheide soll zusätzlich mit einer Bedarfsanalyse geprüft werden, ob die Nachfrage der privaten Haushalte ausreicht.
„Für die Unternehmen brauchen wir das nicht“, sagt die Leiterin des VS Media Geschäftskundenvertriebs. Eine Umfrage vor gut zwei Jahren habe den Bedarf der Bargteheider Firmen klar gezeigt. Mladenic: „140 Gewerbebetriebe hatten Interesse bekundet.“ Dennoch wird es auch für die Firmenchefs einen Info-Abend geben. Die WAS und die Industrie- und Handelskammer begleiten das Projekt und werden nach den Sommerferien dazu einladen.