Das Gutachten zu dem tödlichen Unfall, bei dem Mitte Mai ein 10 Jahre altes Mädchen in Reinbek ums Leben gekommen war, liegt vor. Demnach war der Lkw-Fahrer mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit gefahren.
Reinbek. Die kleine Sarah hätte noch am Leben sein können, wenn der 52 Jahre alte Lastwagenfahrer am 14. Mai auf der Sachsenwaldstraße in Reinbek mit der dort erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometer pro Stunde gefahren wäre. Zu diesem Ergebnis ist der zuständige DEKRA-Sachverständige in seinem Gutachten gekommen, das jetzt der Polizei vorliegt.
Fast neun Wochen ist der schreckliche Unfall an der Kreuzung zur Schönningstedter Straße jetzt her. Laut den Berechnungen des DEKRA-Gutachters ist der Unfallfahrer mit Tempo 82 von der Straße abgekommen und auf den Grünstreifen geraten. Als das Fahrzeug ein Verkehrsschild traf, habe der Tacho noch 70 angezeigt. Mit Tempo 64 prallte der Lastwagen schließlich gegen einen Ampelmast. Dort stand die zehnjährige Sarah mit ihrem Fahrrad. Wäre der Fahrer mit der erlaubten Geschwindigkeit von Tempo 50 auf den Grünstreifen geraten, hätte er den Zusammenstoß verhindern können, heißt es in dem Bericht.
Für die Eltern der getöteten Sarah ist dieses detaillierte Gutachten eine Bestätigung für ihr Engagement, den Schulweg in dem Reinbeker Stadtteil Schönningstedt sicherer zu machen. Wie berichtet, haben Maren und Holger Mäckel bereits zur Trauerfeier dazu aufgerufen, statt Blumen zu schenken, für einen sicheren Schulweg zu spenden. Ferner stehen sie mit der Verwaltung im engen Kontakt, um Möglichkeiten zu diskutieren. Bei einem Ortstermin mit der Schulleiterin, dem Reinbeker Polizeichef und einer Mitarbeiterin der Verwaltung Anfang des Monats sind erste Ideen entstanden.
„Eine Möglichkeit ist, den Knopf an der Fußgängerampel drei Meter nach hinten zu versetzen“, sagt Dirk Jensen, ein Freund der Familie, der ihr in der schweren Zeit beisteht und auch bei dem Treffen dabei war. „Die Kinder müssten dann nicht mehr direkt an der Straße warten und seien so geschützt“, sagt Jensen. Denn für dutzende Grundschüler gehört diese Ampel zum täglichen Schulweg. Bei dem Ortstermin wurden auch Möglichkeiten besprochen, wie man verhindern könne, dass Autos in der leichten Kurve vor der Ampel von der Straße abkommen. „Im Gespräch war eine Leitplanke. Doch die Stadt befürchtet, dass dadurch die Sicht einiger Autofahrer behindert werde“, so Jensen. Alternativ könnten Poller auf dem Grünstreifen aufgestellt werden. „Doch da habe ich als Feuerwehrmann Bedenken“, so Jensen. Aus Erfahrung weiß er, dass derartige Hindernisse für Autofahrer bei Unfällen schnell lebensgefährlich werden können.
Sarahs Eltern setzen sich für die Verbesserung der Sicherheit ein
Reinbeks Polizeichef Eggert Werk hat indes zwei Ideen, wie man Autofahrer kurz vor der Kreuzung ausbremsen könnte. „Wir müssten das Ortseingangsschild versetzten“, sagt Werk. Denn dieses stehe zu weit weg von der Bebauung. „Autofahrer, die aus Richtung Aumühle kommen, nehmen es nicht richtig wahr beziehungsweise gehen nicht vom Gas, weil links und rechts nur Felder sind“, so Werk,. Er betont aber auch, dass seit dem Unfall die Polizei im Bereich der Unfallstelle häufiger Geschwindigkeitsmessungen gemacht hat. „Einige Autofahrer sind zwar zu schnell unterwegs, wenn sie in den Ort fahren, aber wir können nicht von Rasern sprechen“, so der Beamte.
Eine weitere Möglichkeit ist für Eggert Werk eine Verkehrsinsel. „Die Voraussetzungen dafür sind bereits geschaffen. Am Ortseingang ist die Straße breiter und in der Mitte eine quer gestreifte Sperrfläche“, so Werk. Würde darauf eine Verkehrsinsel gebaut, wird die Fahrbahn für Autofahrer gefühlt schmaler, zumal die Sperrfläche nicht mehr benutzt werden kann.
Welche Maßnahmen umgesetzt werden, muss nun die Stadt beraten. „Aber wir wissen jetzt, dass dort etwas passieren wird“, sagt Dirk Jensen: „Und für die Eltern ist dies in dieser schweren Zeit ein gutes Gefühl. Sie kommen etwas zur Ruhe“, sagt Jensen.
Beide brauchen jetzt Kraft für den voraussichtlichen Gerichtsprozess. Denn das DEKRA-Gutachten bestätigt laut Eggert Werk auch den Verdacht der fahrlässigen Tötung. Die Eltern haben sich einen Anwalt genommen und wollen als Nebenkläger auftreten. „Kurz nach dem Unfall, als noch nicht klar war, warum der Lastwagenfahrer von der Straße abkam, waren meine Gefühle ihm gegenüber eher neutral“, sagt die Mutter. Doch als der Unfallverursacher der Familie einen Brief schrieb, kam Wut auf. „Darin steht, dass er sich den Unfall nicht erklären könne und sich nicht daran erinnert“, sagt Maren Mäckel, die das Schreiben als gefühllos vom Anwalt aufgesetzt beschreibt. Auch Sarahs Zwillingsschwester wollte den Brief lesen. „Sie sagte zu mir,`Mama, der schreibt ja, dass er keine Schuld hat‘“, sagt die Mutter. Der 52-Jährige, der selbst Vater ist, ist bei dem Unfall leicht verletzt worden. Sarah, die auf dem von der Schule zu ihrer Oma war, wurde von dem umstürzenden Ampelmast getroffen und starb zwei Tage später an den schweren Verletzungen.