Die Grünen wollen Susanne Philipp, Erste Stellvertreterin von Ahrensburgs Verwaltungschef, des Amtes entheben lassen. Grund: Die 56-Jährige hat ein Unternehmen, das Bauprojekte in der Region entwickelt.
Ahrensburg. Es sind nervenaufreibende Zeiten für Ahrensburgs stellvertretende Bürgermeisterin Susanne Philipp (CDU). Nachdem die Stadtverordnete nach massiver Kritik das Bebauungsprojekt ihrer Firma für das Grundstück Alte Reitbahn zurückgezogen und ihr Mandat im Bauausschuss niedergelegt hat (wir berichteten), droht ihr nun der Sturz aus dem nächsten Amt. Die Grünen haben einen Antrag zur Abwahl der stellvertretenden Bürgermeisterin gestellt. Und damit auch eine Grundsatzdiskussion unter den Ahrensburger Politikern über die Vereinbarkeit von Ehrenamt und Beruf angestoßen. Über den Antrag soll in der Stadtverordnetenversammlung am 30. Juni entschieden werden.
Susanne Philipp, 56 Jahre alt, seit 16 Jahren Stadtverordnete und in dritter Amtsperiode Erste stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt, hat mit ihrem Lebensgefährten im Dezember des vergangenen Jahres die Firma P&B Bau Consulting gegründet. Das Unternehmen hat das Ziel, Bauprojekte in der Region zu entwickeln. Zuletzt hatte P&B Bau Consulting einen Entwurf für die Bebauung des städtischen Grundstückes Alte Reitbahn an der Stormarnstraße vorgelegt. Er sah den Bau eines Gebäudes mit Wohnungen, Flächen für Einzelhandel und eines Kinos mit fünf bis sechs Sälen sowie einer Tiefgarage mit 150 Parkplätzen vor. Derzeit wird das als Grünfläche ausgewiesene Areal mit der Flurnummer 734 als kostenpflichtiger Park-and-ride-Parkplatz genutzt.
Die Politikerin hat nach Kritik bereits ihr Mandat im Bauausschuss niedergelegt
Und am Anfang kamen die Baupläne bei Philipps Politikerkollegen ganz gut an. So gut, dass sich eine Mehrheit für den Entwurf von P&B Bau Consulting und gegen das Projekt eines Mitbewerbers (für reine Wohnbebauung) aussprach. Mittlerweile haben auch die Mitglieder des Bauausschusses in jüngster Sitzung einen entsprechenden Antrag zur Bebauung nach Vorbild des Konzepts von Susanne Philipp und ihrem Partner Rainer Briesemeister zugestimmt.
Trotzdem hat sich für Susanne Philipp in den vergangenen Woche Vieles geändert. „Es gab massive Angriffe“, sagte sie dem Abendblatt vor zehn Tagen und legte ihr Mandat im Bauausschuss nieder, zog das Projekt zurück. Damit dachte sie, die notwendigen Konsequenzen aus der vermeintlichen Verstrickung zwischen ihrem Ehrenamt als Politikerin und ihrem beruflichen Interessen gezogen zu haben.
Doch das sieht zumindest die Grünen-Fraktion anders und fordert die Abwahl der Stellvertreterin des hauptamtlichen Bürgermeisters Michael Sarach. „Frau Philipp ist Inhaberin eines Unternehmens, welches sich auch um Aufträge/Projekte der Stadt Ahrensburg bewirbt. In ihrer Eigenschaft als stellvertretende Bürgermeisterin hat sie Zugang zu Informationen und Vorgängen, die der eigenen Firma Vorteile gegenüber Wettbewerbern bringen könnte“, begründet die Partei ihren Antrag und schreibt weiter: „Durch diese unglückliche Verquickung von Amt und Tätigkeit haben wir Zweifel am vom öffentlichen Wohl bestimmten Handeln.“
Nur darum ginge es bei dem Antrag, sagt Fraktionsmitglied Jörg Hansen, und nicht darum, „Frau Philipp persönlich anzugreifen oder nachzutreten“.
Und damit haben die Grünen auch die Unterstützung von der SPD. Fraktionschef Hartmut Möller sagt: „Wir sehen die Verquickung durchaus auch kritisch und werden uns dem Antrag anschließen.“
Zwei Drittel der Abgeordneten müssten für die Abwahl der stellvertretende Bürgermeisterin stimmen
Die FPD und die eigene Partei, die CDU, stellen sich unterdessen moralisch hinter Susanne Philipp. Thomas Bellizzi, Fraktionschef der Liberalen, sagt: „Die Ereignisse rund um das Bauprojekt auf der Alten Reitbahn waren für Frau Philipp kein Ruhmesblatt. Sie hat meines Erachtens jedoch mittlerweile für die nötige Transparenz gesorgt und die notwendigen Konsequenzen gezogen.“ Bellizzi meint damit den Rücktritt aus dem Bauausschuss. Er wolle sich noch mit seinem Fraktionskollegen Michael Stukenberg abstimmen, meint aber: „Die Tendenz geht wohl dahin, dass wir dem Antrag nicht zustimmen werden.“
Tobias Koch, Fraktionschef der CDU, spricht unterdessen von einer Vorverurteilung seiner Parteifreundin. „Wir sehen keinen Grund für den Abwahlantrag. Es gibt keine relevanten Vorwürfe, sondern nur Befürchtungen bezüglich der Zukunft.“
Die Wählergemeinschaft (WAB) hat sich noch nicht in der Fraktion besprechen können. WAB-Stadtverordneter Peter Egan sagt: „Es tut mir leid für Frau Philipp, es wäre besser gewesen, wenn die CDU das Problem intern gelöst hätte.“ Wie er abstimmen wird, weiß er noch nicht. „Ich werde darüber noch nachdenken müssen.“
14 Stimmen haben Grüne und SPD gemeinsam. Die CDU kommt auf elf, die WAB auf vier und die FDP auf zwei. Für eine Abwahl, das regelt Paragraf 40 der schleswig-holsteinischen Gemeindeordnung, müssten zwei Drittel der Abgeordneten stimmen.
Zu dem Fall möchte sich Bürgermeister Michael Sarach nicht äußern („Das ist Angelegenheit der Stadtverordneten“), eine Meinung über Frau Philipp hat er aber. „Die Zusammenarbeit war immer sehr gut, fachlich wie menschlich.“ Und Susanne Philipp zeigt Stärke: „Die Vorwürfe sind haltlos. Ich habe mich an den politischen Besprechungen über das Projekt Alte Reitbahn nicht beteiligt.“
Die Stadtverordnetenversammlung im Ahrensburger Marstall (Lübecker Straße 10) beginnt am Montag, 30. Juni, um 19.30 Uhr.