Kommunalpolitik – wie funktioniert das? Im siebten Teil unserer Serie erklärt Stormarns Landrat Klaus Plöger seine Arbeit. Er hat als Chef der Verwaltung schon seit 1998 die Verantwortung für Stormarn.
Bad Oldesloe. Klaus Plöger ist Stormarns Chef, so einfach ist das. „Ich habe den besten Job Schleswig-Holsteins“, sagt er. Seit 1998 ist Plöger Landrat im Kreis. Aber was entscheidet ein Landrat? „Eigentlich gar nichts. Aber ich fahre ein intensives Konsensprinzip. Und ich entscheide, dass es das Prinzip gibt.“ Klingt immer noch einfach. Was aber wirklich alles zu seinen Aufgaben gehört, hört sich dann nicht mehr so einfach umsetzbar an: „Als Chef der Kreisverwaltung muss ich 600 Leute so dirigieren, das dabei etwas Vernünftiges rauskommt.“
Elf Landräte gibt es in Schleswig-Holstein. Wer einen Satz beginnt mit „der Landrat“, muss eigentlich immer auch einen erklärenden Halbsatz hinterherschieben, denn der Landrat ist nicht nur der oberste Kommunalbeamte, sondern auch eine Bezeichnung für die von ihm geleiteten Behörde. Wer also einen Brief vom Landrat bekommt, hat entweder Post von Klaus Plöger oder von der Behörde, zum Beispiel von der Bauaufsicht. Fünf Fachbereiche gibt es: Jugend, Schule und Kultur. Soziales und Gesundheit. Ordnung. Inneres. Und Bau, Umwelt und Verkehr. „Meine Amtsleiter müssen in der Sache besser sein als ich“, sagt Plöger. „Das ist ein gut funktionierendes System.“
1998 wurde Plöger Landrat, seitdem ist er zweimal wiedergewählt worden
Nach Definition des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein bereiten Landräte die Beschlüsse ihres Kreistages vor und führen sie aus. Wird etwa beschlossen, dass ein neues Rettungszentrum gebaut werden soll, muss der Landrat ausführen, also zum Beispiel einen Architekten beauftragen. Zudem erledigen die Landräte Weisungsaufgaben, die ihnen vom Bund oder Land übertragen wurden, etwa das Erteilen von Baugenehmigungen oder die Organisation der Europawahl. Landräte sind für den Haushalt zuständig, erstellen also einen Haushaltsentwurf und schreiben eine Sitzungsvorlage, die dem Kreistag vorgelegt wird. Und sie sind die gesetzliche Vertretung ihres Kreises, können also Verträge schließen. „Ich kann Prozesse steuern, aber am Ende entscheidet der Kreistag“, sagt Plöger.
Der Landrat, in diesem Fall Person und Behörde, hat seinen Sitz in Bad Oldesloe. Klaus Plöger fährt morgens von seinem Reihenhaus in Barsbüttel zur Kreisverwaltung in die Mommsenstraße 13. Dort in seinem Büro im ersten Stock stehen sein Schreibtisch und ein Besprechungstisch, landet seine Post: Einladungen, Tagesordnungen, Briefe vom Ministerium und von Bürgern. „Wer mir schreibt, bekommt eine Antwort. Ob sie ihm dann gefällt, ist eine andere Sache“, sagt Plöger. Er selbst schreibt auch, Geburtstagskarten zum Beispiel, mit denen gibt er sich viel Mühe und schreibt sie per Hand. „Das ist ein Zeichen der Wertschätzung“, sagt er. Wer ihm eine schreiben möchte: Am 27. September wird er 66, da bietet sich als Text auf der Karte das Lied von Udo Jürgens an – und die Frage, ob bei ihm denn auch noch lang nicht Schluss ist, seine aktuelle Amtszeit endet 2016. Dazu sagt er, dass er nichts sagt.
1998 begann Plögers erste Amtszeit als Landrat. Damals hatte Stormarn als erster Kreis in Schleswig-Holstein die Direktwahl des Landrates durchgeführt. Für zwei Amtszeiten zu je sechs Jahren konnten die Wahlberechtigten selbst für Plöger stimmen. Zuvor waren die Landräte von den Kreistagen gewählt worden – und das ist nun wieder so, im September 2009 wurde die Kreisordnung geändert, seitdem wählt wieder der Kreistag. Bei der jüngsten Wahl im Jahr 2009 hatten die Kreistagsabgeordneten auf eine Ausschreibung der Stelle verzichtet, 52 der 61 anwesenden Abgeordneten stimmten in geheimer Wahl für Plöger. Man sei mit der bisherigen Arbeit des Landrats sehr zufrieden, hieß es.
Bei seiner Arbeit hilft dem Landrat Klaus Plöger sein früherer Beruf: Er hat 25 Jahre als Lehrer für Mathematik und Politikwissenschaft gearbeitet. „Mein Pädagogikstudium hilft mir sehr“, sagt er. Zudem habe er auch im Personalrat gesessen, war in der Gemeindevertretung Barsbüttel und SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag. Er könne daher nachvollziehen, wie ehrenamtliche Politik funktioniere. „Und ich kann zwischenmenschliche Prozesse gut analysieren. Verarschen konnten mich schon meine Schüler nicht.“ Er sagt wirklich verarschen, was niemanden überrascht, der Klaus Plöger schon länger bei der Arbeit beobachtet. „Ich habe einen rotzigen Ruf und eine große Klappe, es gibt auch Leute, die das scheiße finden. Aber das ist mir egal, mir geht es um Stormarn.“
Er habe den Ruf, dass er sich sehr intensiv einsetze für den Kreis. „Die draußen hätten lieber einen netten, höflichen Landrat.“ Draußen, das ist außerhalb Stormarns. Hier hat er schon den Gesetzesentwurf eines Parteikollegen der SPD als „geistigen Unsinn“ bezeichnet. Drinnen möchte er „ein Landrat zum Anfassen“ sein, sagt er. „Man sieht mich außerhalb meiner Verwaltung. Bevor ich anfing, hieß es, zum Landrat dringe man nicht durch. Inzwischen ist das anders. Meine Bürgermeister zum Beispiel müssen mich doch erreichen können, wenn etwas ist, das ist Teil des Kontrollsystems.“ Kontrollsystem, denn der Landrat fungiert auch als Kommunalaufsicht.
Der Landrat hat repräsentative Aufgaben und sitzt in Stiftungsvorständen
Zu den Aufgaben des Landrates gehört es auch, Mitglied in Stiftungsvorständen zu sein, zum Beispiel bei der Sparkassen-Kulturstiftung Stormarn, die sich um die Förderung der Kunst und Kultur im Kreis kümmert. Plöger spricht Grußworte und lädt zu Presseterminen und Versammlungen ein. „Ich habe viele repräsentative Aufgaben“, sagt er. „Es gibt Pflichttermine, zum Beispiel die Hauptversammlung des Kreisfeuerwehrverbandes oder der Stormarner Schützen. Und dann gehe ich noch zu anderen, je nachdem, wie ich Zeit habe“, sagt Plöger. Kürzlich habe ihn eine seiner Mitarbeiterinnen gefragt, ob er nicht zur Deutschen Meisterschaft der Rettungshunde kommen wolle. „Ich konnte, deshalb bin ich hingegangen.“ Bei seiner Arbeit gehe es auch darum, Menschen zusammenzubringen. Er ist die Schnittstelle zwischen Verwaltung und Politik. Bevor er Landrat geworden sei, habe es Leute gegeben, die ihm das nicht zugetraut hätten. „Ich habe gesagt: Wartet mal ab.“