Rund 120 Oldtimer, darunter Autos und Motorräder, fahren bei der Stormarnfahrt von Bad Oldesloe nach Sandesneben (Kreis Herzogtum Lauenburg) und zurück.
Ahrensburg. Wenn die Fahrer von etwa 30 Autos und 90 Motorrädern an den Start gehen, dann muss das nicht im Geschwindigkeitsrausch enden. Und bei der Stormarnfahrt für Oldtimer bis Baujahr 1970 ganz sicher nicht. Dabei zählen andere Dinge: gute Bremsen, geschickter Umgang mit Teebeuteln, Kartoffeln und Werkzeug. Vor allem aber Gelassenheit. So geben die Teilnehmer zu Beginn der Rallye in Bad Oldesloe nicht einmal Gas. „Ihr fahrt den Hügel zur Startlinie hoch und dann lasst ihr die Fahrzeuge auf Kommando herunterrollen“, sagt Fahrtleiter Uwe Meins und rollt dabei auch – nämlich hübsch alle R. Wer am Besten rollt und dann noch gut bremst (exakt auf einer weißen Linie am Fuße des Hügels), der bekommt gleich die ersten Punkte.
Henning Holst, der sich hinter das Steuer seines Adler Junior (Baujahr 1938) gesetzt hat, ärgert sich nun ein wenig. „Mist, nicht geschafft“, sagt der Großhansdorfer, als sein weinrotes Schmuckstück hinter der weißen Linie zum Stehen kommt. 5000 Exemplare seines Adlers wurden einst in Frankfurt am Main produziert, heute gibt es noch 500.
Holst nimmt regelmäßig an Ausfahrten teil, Gelassenheit ist für ihn eine leichte Übung und seine Enttäuschung somit schnell verpufft. „Dann zuckeln wir mal gemütlich los“, sagt er und startet den Adler mit einem Knopf, der neben der Handschaltung ins Armaturenbrett eingelassen ist. 90 Kilometer von Bad Oldesloe nach Sandesneben im Kreis Herzogtum Lauenburg und Rückfahrt stehen auf dem Programm. Fahrtzeit: knapp vier Stunden. Durchschnittsgeschwindigkeit: 25 Stundenkilometer. Das hat zumindest der Veranstalter eingeplant.
Zu einer Oldtimer-Rallye gehören meist auch Aufgaben, die mit Autos nichts zu tun haben
Holst ist mit seinem Oldtimer etwas schneller unterwegs. Mit durchschnittlich 50 Stundenkilometern geht es über einspurige Nebenstraßen, durch schmucke Dörfchen und über Landstraßen. Schilder am Straßenrand weisen Holst und den anderen Teilnehmern den Weg. 58 PS hat die Limousine mit dem Stahlschiebedach und schafft damit 120 Stundenkilometer. „Ich fahre aber nicht schneller als 80“, sagt Holst. Beim Oldtimer-Fahren ist halt der Weg das sprichwörtliche Ziel. Allein schon, weil der Motor so schön tuckert und die Samtsitze etwa denselben Komfort haben wie ein Fernsehsessel.
Den muss Holst allerdings in Westerau für Küchenhilfsarbeiten verlassen. „Bei solchen Ausfahrten gibt es immer ein paar lustige Aufgaben“, sagt er. Diesmal steht Kartoffelschälen auf dem Programm. Und zwar so, dass die Schale einen möglichst langen Streifen bildet. 64 Zentimeter schafft der Bauingenieur und ist zufrieden. Kann er auch. Den Rekord hält allerdings ein anderer mit 95 Zentimetern. Pfriemeln liegt den Oldtimer-Fahrern einfach im Blut. „Es gibt an so einem alten Fahrzeug immer etwas zu richten“, sagt Holst. Etwa die Bremsen, die von Zeit zu Zeit auseinandergenommen und gereinigt werden müssen, oder die Zündung, die reguliert werden muss, oder die Suche nach Rost, das Wachsen des Lacks. Wo Fahrer moderner Autos nur ein Reserverad lagern, hat Holst einen Werkzeugkasten samt Blaumann. „Ich bin auch schon mal mit dem Adler liegengeblieben“, sagt er.
Auch bei der Stormarnfahrt muss Holst den Werkzeugkasten auspacken. Diesmal allerdings nicht für sein Auto. In Labenz ist das Motorrad eines Teilnehmers, eine DKW, liegengeblieben. „Einfach ausgegangen“, wie der betrübte Besitzer sagt. Holst und vier weitere Oldtimer-Besitzer stecken über dem Motorrad die Köpfe zusammen, während der Pechvogel die Zündkerze herausschraubt. „Es gehört sich, dass wir einander helfen“, sagt Holst und spendiert dem Teilnehmer eine neue Zündkerze aus seinem Werkzeugkoffer. Dann wird angelassen, angeschoben und gehofft. Hoffnungslos muss der Motorradfahrer am Ende sich doch vom Besenwagen der Rallye aufsammeln lassen.
Der Adler tuckert unterdessen verlässlich weiter durch das östliche Stormarn, in den Kreis Herzogtum Lauenburg und zurück nach Bad Oldesloe. Unentdeckt bleibt er unterdessen nicht. „Die Leute freuen sich, wenn sie einen Oldtimer sehen“, sagt Holst und muss ziemlich oft den Passanten am Straßenrand zurückwinken. Vielleicht war das auch die beste Aufwärmübung für die Sache mit dem Teebeutel-Geschick. Denn mit dem hat Holst bei der Aufgabe in Trenthorst einen Rekord aufgestellt: einen 12,20 Meter weiten Wurf mit trockenem Schwarztee.