Die Bargteheider Schriftstellerin veröffentlicht ihren neunten Pia-Korittki-Fall. Auch ihren ersten Thriller hat Eva Almstädt jetzt vorgelegt. Es geht um die Kosmetikindustrie und tödliche Geschäfte mit der Schönheit.

Bargteheide. Eine verweste Leiche treibt aufgebläht auf dem Feuerlöschteich. Tolle Dorfidylle. „Bei dem Gestank brauchst du keinen Rettungswagen mehr zu rufen“, stellt ein Polizist sachkundig fest. Recht hat er. Der Mann im Teich ist mausetot. Ermordet.

Im neuesten Krimi von Eva Almstädt tun sich „Menschliche Abgründe“ auf. So steht es auch auf dem Lesezeichen, das aus den druckfrischen Exemplaren herauslugt. Nach dem Motto: Was drin steckt, steht auch draußen drauf. Damit zarte Gemüter die Finger davon lassen und spannungshungrige Leser zugreifen. Eine Marketing-Idee von vielen, denn die Bargteheider Autorin hat es geschafft. Die Verkaufszahlen sind so gut, dass ihr Verlag in sie investiert hat und die Kunden nun mit allerlei Nettigkeiten erfreut.

250.000 Exemplare hat die Stormarnerin schon unter die Leser gebracht. Jetzt ermittelt ihre Kommissarin Pia Korittki zum neunten Mal. Und mit einer Leiche im Löschteich und ähnlichen Dingen verspricht auch „Ostseesühne“ wieder ein Erfolg zu werden. Die zweite Auflage ist in Vorbereitung.

Zur Belohnung gibt es nicht nur ein Lesezeichen, dessen vorwitziges Ende mit der Aufschrift „Menschliche Abgründe“ sich abtrennen und als Gruselfaktor ins Portemonnaie oder Schminktäschchen stecken lässt. Es gibt auch Postkarten mit schmucken norddeutschen Landschaften, die vom Cover abgetrennt und mit eiskalter Prosa wie dieser verschickt werden können: „Keine Hektik. Kein Lärm. Kein Gedränge. Keiner, der dich hört, wenn du schreist.“ Das ist doch mal was. Vor allem für Krimifreunde, die sich besonders gern gruseln, wenn sie beim Schmökern ihre Heimat wiedererkennen. Dann rückt das Verbrechen so herrlich nah, während man kuschelig auf dem Sofa liegt und Kaffee trinkt.

„Die Geschichte ist natürlich ausgedacht“, sagt Eva Almstädt. Na ja. Die Leiche, also der Mann, war vor dem Schlag auf den Kopf noch ganz munter in Linau unterwegs, bei Trittau. Und das ist unverkennbar Stormarn. „In Linau gibt es auch tatsächlich eine Burg“, sagt die Autorin. Also doch. Sie gibt es zu. Es gibt Hinweise auf die Region.

Und was ist das? Über dem Schreibtisch der Autorin? Jede Menge Fotos von Gebäuden aus Schleswig-Holstein. Vermutlich alles Tatorte. „So ähnlich“, sagt Eva Almstädt und lacht. „Ich gehe auf Entdeckungstour durch Ostholstein. Wenn mich Plätze oder Gebäude inspirieren, steige ich aus und fotografiere. Das fließt dann später in die Geschichte ein.“ Damit ihr die Leser auf der Entdeckungstour folgen können, stellt die Bargteheiderin neuerdings Book-Trailer ins Netz. Sie dauern eine Minute. Schauen wir doch mal.

Ein Klick, und der Schriftzug „Ostseesühne“ taucht auf, dann eine Kinderzeichnung , ein Gesicht mit aufgerissenen Augen, dazu bedrohliche Musik und kurze Sätze zu düsteren Bildern: „Ein verlassener Bauernhof. Und eine Leiche. Im Löschteich.“ Dann die Warnung: „Und das ist erst der Anfang.“ Mit einem musikalischen Aufschrei springt einem erneut die Kinderzeichnung entgegen. Die Augen sind jetzt schwarz. Eine Minute. Aber die hat gereicht.

Als die Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, begann sie zu schreiben

Die Lektüre dauert länger, bei Fans sicher nur unwesentlich. Sie werden die 366 Seiten verschlingen. „Spannung von der ersten bis zur letzten Seite“ schreibt eine Leserin. Die Fangemeinde ist begeistert, vergibt jede Menge Sterne. Für manche ist es der beste Pia-Korittki-Fall überhaupt. Für die Autorin ist es das beste Lob, das es gibt. Denn wenn der jüngste immer der beste Fall ist, kann nichts passieren.

Der Erfolg hat allerdings seinen Preis: Die Last an der Lust zu schreiben. „Ich muss jedes Jahr ein Buch abliefern. Drei Aufträge sind noch offen. Und kein Ende in Sicht“, sagt Eva Almstädt – und strahlt dabei. Offenbar kann sie sich Schlimmeres vorstellen. Zum Beispiel, nicht mehr zu schreiben.

Dabei fing alles ganz harmlos an. Eva Almstädt studierte Innenarchitektur. Dann kamen die Kinder. Als die aus dem Gröbsten heraus waren, kam der Tag, an dem sie plötzlich etwas Zeit hatte. Sie wollte immer schon ein Buch schreiben. So nutzte sie die Chance und schrieb und schrieb und schrieb. 400 Seiten kamen dabei raus und ihr erster Krimi „Kalter Grund“. Das war 2004.

„Es war gar nicht so schwierig, einen Verlag zu finden“, sagt Eva Almstädt. „Ich hatte mich vorher in den Buchläden umgeschaut und nach deutschen Krimi-Verlagen gesucht.“ Sie schickte ein paar Seiten ihres Erstlings auf Reisen. Drei Verlage hatten Interesse. Ihre heutige Lektorin bekam nur ein paar Auszüge, bestellte aber sofort 100 Seiten und nach ein paar Tagen den Rest. „Sie liest schnell“, sagt Eva Almstädt, die kurz darauf zum Gespräch gebeten wurde. „Die Lektorin hatte eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute hieß: Wir kaufen ihr Buch. Die schlechte: Sie müssen kürzen.“

Das muss Eva Almstädt jetzt offenbar nicht mehr. Der neunte Fall ihrer Lübecker Kommissarin hat rund 400 Seiten. Der zehnte Fall steht aus. Vielleicht knackt die Bargteheiderin dann ja die 500-Seiten-Grenze. Auf jeden Fall bricht sie in ein besonderes Milieu ein. „Ein Pastor wird ermordet“, sagt sie. „Das ist schon ein komisches Gefühl.“

Aber eine Krimi-Autorin leuchtet jede dunkle Ecke aus. Nur ein Tabu darf die Bargteheiderin nicht brechen: Pia Korittki auf Auslandsreise zu schicken. „Ich dachte, sie könnte mal in Schottland ermitteln“, erzählt die große Frau und schüttelt ihre langen Haare. „Aber das wollte der Verlag nicht.“ Heimatkrimi ist eben Heimatkrimi. Da kann sich die Heldin nicht einfach absetzen.

Ihr erster Thriller „Dornteufel“ spielt in der Kosmetikbranche

Eva Almstädt schickte ihre Kommissarin deswegen so richtig in Urlaub und schrieb mal eben einen Thriller. „Dornteufel“ ist ihr erstes wahrhaft teuflisches Werk dieser Machart. Es geht um die Kosmetikindustrie, die ein feines Mittelchen entwickelt. „Für den Wirkstoff wird ein Pilz benötigt, der ein Enzym erzeugt, das eine verjüngende Wirkung hat“, sagt die Autorin. Das wäre super, wäre da nicht der kleine Haken an der Sache. Eva Almstädt: „Es ist ein Pilz, der nur auf menschlichem Gewebe wächst und den Wirt über kurz oder lang tötet. “ Die Lust auf Cremes könnte bei der Autorin gelitten haben. „Seit meinen Recherchen drehe ich wirklich jede Tube noch einmal um und schaue auf die Inhaltsstoffe“, gesteht Eva Almstädt. Aber auch jetzt lacht sie. Es muss Spaß gemacht haben, Ostholstein einmal gegen internationale Schauplätze verlassen zu haben. Aber nur, um wieder zurückzukehren – ins schöne, gruselige Norddeutschland.

Ach, eine Frage wäre da noch. Was ist das Motiv, ausgerechnet Krimis zu schreiben? „Ich liebe sie. Ich lese fast nur Krimis“, sagt die Bargteheiderin. Ein Blick auf ihre Bücherregale bestätigt die Aussage. Jetzt steht dort ein neues Buch mit einem kecken Lesezeichen, das die Geschichte eines Heimatkundelehrers erzählt, der sich für die Vergangenheit interessiert und sich auf der Burg in Linau auf Spurensuche begibt. Die Neugierde bekommt ihm nicht. Aber hängt sein Tod wirklich mit dieser Vergangenheit zusammen? Es gibt da so ein Gerücht im Dorf ...