Kommunalpolitik – wie funktioniert das? Im 2. Teil unserer Serie erklären Thomas Schreitmüller aus Barsbüttel und Olaf Beber aus Brunsbek ihre Arbeit. Der eine macht sie hauptamtlich, der andere ehrenamtlich.

Man könnte denken, Olaf Beber und Thomas Schreitmüller machten den gleichen Job. Beide sind Bürgermeister im Kreis Stormarn. Tatsächlich aber gibt es gravierende Unterschiede in ihren Ämtern. Und auch einige Gemeinsamkeiten, zuallererst das Credo von Schreitmüller: „Man muss diese Arbeit lieben und sie leben, sonst funktioniert es nicht.“ Dem stimmt Beber sofort zu und ergänzt: „Bürgermeister ist man 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr.“

Thomas Schreitmüller, 46, ist seit 2007 hauptamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Barsbüttel, in deren vier Ortsteilen mehr als 12.000 Menschen leben. Er war vorher Verwaltungsfachangestellter und Bauamtsleiter in Großhansdorf und von 2000 bis 2006 Bürgermeister der 6300-Einwohner-Gemeinde Tangstedt. Olaf Beber, 53, ist seit 1998 Bürgermeister der Gemeinde Brunsbek, die zum Amt Siek gehört. Die drei Brunsbeker Ortsteile haben insgesamt 1647 Einwohner. Anders als sein Barsbütteler Kollege ist Olaf Beber ehrenamtlicher Bürgermeister. Sein Geld verdient der Diplom-Verwaltungswirt als Leiter Finanzen und Controlling in der Hamburger Wirtschaftsbehörde. Auf den ersten Blick überraschend, dass ein Spitzenverwaltungsbeamter in der Großstadt nach Feierabend ehrenamtlich als Chef einer Selbstverwaltung auf dem Lande arbeitet. Doch für Olaf Beber ist Verwaltung nicht nur Beruf, sondern auch Berufung. Auch das hat er mit Thomas Schreitmüller gemeinsam.

Doch was unterscheidet die beiden Bürgermeister? Zunächst einmal der Weg ins Amt. In einer etwas größeren Kommune wie Barsbüttel stellen sich Kandidaten, die von den Fraktionen vorgeschlagen werden oder ausreichend Unterschriften von Unterstützern vorlegen, einer Direktwahl. Thomas Schreitmüller setzte sich Ende 2006 gegen drei Mitbewerber durch. Bei der Wiederwahl nach sechs Jahren trat er ohne Gegenkandidaten an.

Über Geld dürfen sie nur bis zu einem bestimmten Betrag entscheiden

Olaf Beber wurde nicht direkt gewählt. Seit 1995 sitzt er für die Allgemeine Brunsbeker Wählergemeinschaft (ABW) in der Gemeindevertretung und lebt noch immer in seinem Geburtsort Langelohe, der 1974 mit Kronshorst und Papendorf zur Gemeinde Brunsbek zusammengeschlossen wurde. Damit erfüllt Beber die erste Voraussetzung für das Bürgermeisteramt, denn nur Ortsansässige können einen Sitz in der Gemeindevertretung haben. Deren 13 Vertreter wählen unter sich den ehrenamtlichen Bürgermeister als gesetzlichen Vertreter der Gemeinde Brunsbek, die mit Braak, Hoisdorf, Siek und Stapelfeld das Amt Siek bildet, also eine gemeinsame Verwaltung betreibt.

Das Tagesgeschäft wird von einer hauptamtlichen Verwaltungsbeamtin geleitet, deren Chef ein ehrenamtlicher Amtsvorsteher ist, der von den Vertretern der Gemeinden im Amtsausschuss gewählt wird. Olaf Beber hat auch dieses Ehrenamt, also zusätzlich die Oberaufsicht über die Verwaltung. Hinzu kommt das operative Geschäft als Bürgermeister, etwa die sachgerechte Vorbereitung von Beschlüssen der Gemeindevertretung, die Ausführung der Haushaltssatzung, die Erledigung der Aufgaben, die der Gemeinde übertragen werden. Autonom entscheidet er nur über Ausgaben, die maximal im mittleren vierstelligen Bereich liegen.

Thomas Schreitmüller bringt seine Hauptaufgaben auf eine griffige Formel: „Der hauptamtliche Bürgermeister ist Leiter der Gemeindeverwaltung, in Barsbüttel also Dienstvorgesetzter von etwa 200 Mitarbeitern und verantwortlich dafür, dass das Verwaltungsgeschäft ordentlich läuft. Außerdem ist der Bürgermeister gemeinsam mit dem Bürgervorsteher Repräsentant der Gemeinde.“ Die Aufgaben im operativen Geschäft entsprechen denen des Kollegen Beber, etwa die Vorbereitung und Ausführung von Beschlüssen der Gemeindevertretung und der Ausschüsse. Zudem darf Schreitmüller selbstständig auch über Ausgaben im höheren fünfstelligen Bereich entscheiden.

Während Olaf Beber als Gemeindevertreter selbst Sitz und Stimme im lokalen Parlament hat, ist Thomas Schreitmüller dort nur zu Gast – als Experte in Rechts- und Sachfragen, aber ohne Stimmrecht. „Es gibt formal keine Verpflichtung, dabei zu sein. Aber wenn man als Bürgermeister nicht teilnimmt, spielt man keine gestaltende Rolle“, sagt er. Barsbüttel sei eine heterogene Gemeinde mit verschiedenen Erwartungshaltungen. Trotzdem gelinge es meist, Konsens herzustellen: „Es liegt an der überschaubaren Größe, dass es nicht unbedingt um Parteipolitik oder Ideologien geht, sondern meist um konkrete Themen. Mehr als 90 Prozent der Entscheidungen fallen einstimmig.“ Auch Olaf Beber kennt dieses besondere Klima: „Es ist wunderbar, wenn man sachlich gestritten hat und danach über Privates sprechen kann. Wenn der andere nicht CDU, sondern Otto ist.“

Fast unisono sprechen die beiden über Bürgernähe in ihren Gemeinden: „Hier wirst du oft direkt mit Reaktionen konfrontiert. Da fragen Leute schon mal: Was habt ihr denn da wieder für’n Quatsch gemacht?“, erzählt Schreitmüller. Beber fügt hinzu: „Das hat aber auch Vorteile, weil man mit Informationen direkt an die Basis gehen kann und vieles nicht nur über die Medien vermittelt wird. Vielfalt kommt so besser rüber, und ich habe oft erlebt, dass man Menschen durch gute Argumente überzeugen kann.“ Beide nennen einen Satz, den sie unterwegs besonders oft hören: „Wo ich dich gerade sehe ...“ Schreitmüller zitiert dazu Ahrensburgs ehemalige Bürgermeisterin Ursula Pepper: „Wenn man die Haustür verlässt, ist man Funktion und nicht mehr Person.“

Dementsprechend ist der zeitliche Aufwand : Schreitmüller schätzt, dass er 70 Stunden in der Woche arbeitet, Beber meint, dass das Ehrenamt einer zusätzlichen Dreiviertelstelle entspricht und sagt: „Anderthalb Stunden Gemeindevertretung und anderthalb Stunden Skat danach, das gibt’s nicht mehr. Dafür sind die formalen Abläufe inzwischen zu komplex. Aber ich pflege eine einfache Philosophie: Es macht mir Spaß, deshalb zähle ich nicht die Stunden.“ Das findet auch Schreitmüller: „Unsere Tätigkeit ist sinnstiftend. Und wenn wir etwas gut geregelt haben, bekommen wir direkt positives Feedback – das wäre in einer Großstadt wie Hamburg undenkbar.“