Netzbetreiber Tennet plant Bau einer 380-Kilovolt-Hochspannungsleitung im Kreis. Die geplanten Masten stemmen die wachsende Produktion durch erneuerbare Energien besser.
Bad Oldesloe. In Teilen Stormarns werden bald größere, breitere und leistungsstärkere Strommasten stehen. „Geplant ist der Bau einer Stromautobahn aus 380 Kilovolt-Leitungen, die den Strom von Gebieten im Kreis Segeberg bis nach Lübeck transportieren“, sagt Alexander Greß, der beim Netzbetreiber Tennet die Projekte in Schleswig-Holstein betreut. Die Masten sind rund 20 Meter höher und fünf bis zehn Meter breiter als die der bisherigen 220-Kilovolt-Leitungen.
Ziel des Ausbaus mit leistungsstärkeren Strommasten ist die Sicherung der Stromversorgung in der Region. „Durch die Energiewende wird immer mehr Strom durch erneuerbare Energien erzeugt, sodass die bestehenden Leitungen das nicht mehr fassen können – insbesondere in Schleswig-Holstein“, sagt der Tennet-Sprecher. Allein bis 2020 werden rund acht bis zehn Prozent des Strombedarfs in Deutschland aus Schleswig-Holstein kommen, wie es in der Realisierungsvereinbarung zwischen Landesregierung und der Tennet heißt.
Trasse steht im Netzentwicklungsplan der Bundesnetzagentur
Was in Stormarn geplant ist, ist Teil des Ausbaus der Ostküstenleitung, den der Netzentwicklungsplan 2013 der Bundesnetzagentur vorsieht. Die Behörde beauftragt, nachdem sie den Ausbaubedarf geprüft hat, einen Netzbetreiber mit der Umsetzung. „Der Bedarf wird in einem fünfstufigen Verfahren ermittelt. Zentral sind dabei die Fragen: Wie viel Strom haben wir, wie viel brauchen wir in den nächsten Jahren und wie sieht das Netz momentan aus?“, sagt Steffi Thiele, Sprecherin der Bundesnetzagentur. Zunächst errechnen die Netzbetreiber, wo Trassen gebraucht werden, und legen ihre Entwürfe der Bundesnetzagentur vor. Nach Prüfung und Genehmigung der Entwürfe geht daraus der Netzentwicklungsplan hervor. „Im vergangenen Jahr haben wir 56 von 90 vorgeschlagenen Vorhaben genehmigt“, sagt Thiele.
Diesen Schritt hat Tennet bereits hinter sich. Die Trasse steht allerdings noch nicht fest. „Der Norden des Kreises wird betroffen sein“, sagt Klaus Kucinski, Fachbereichsleiter Bau, Umwelt und Verkehr im Kreis. Das bestätigt auch Tennet-Projektleiter Greß. Im Gespräch sind bisher drei mögliche Korridore. „Wir müssen uns immer an bestehender Infrastruktur orientieren. Das kann eine Autobahn, eine Bahnlinie oder auch eine bereits existierende Stromtrasse sein“, sagt Greß.
Eine Variante könnte also an der Route der A 20 verlaufen. Hier wäre nur der nördlichste Teil Stormarns nördlich von Heilshoop betroffen. Bei der zweiten Möglichkeit könnte die Trasse an der bestehenden 220-Kilovolt-Leitung entlang laufen, die durch den Ausbau ersetzt würde. In dem Fall wäre der Routenverlauf zwischen Travenbrück und Wakendorf I sowie zwischen Willendorf und Rehhorst bis nördlich von Heilshoop, wo sich die Trassenverläufe der ersten und zweiten Variante treffen. Die dritte mögliche Stromleitung würde an der 110-Kilovolt-Leitung Tangstedt, Bargfeld-Stegen und Elmenhorst passieren und ab Pölitz entweder nördlich entlang der A 1 oder südlich Richtung Westerau verlaufen. „Diese Pläne sind aber nur eine erste Gesprächsgrundlage. Im Laufe des Verfahrens können sich die Trassenverläufe noch etwas verschieben“, sagt Greß.
Welche der Stromtrassen letztendlich gebaut wird, entscheidet am Ende das Amt für Planfeststellung und Energie des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein. Tennet prüft im Vorfeld alle Möglichkeiten und leitet seine Ergebnisse an die Behörde. „Wir klären in einer Raumwiderstandsanalyse ab, inwiefern Naturschutzgebiete und Siedlungen betroffen sind, diskutieren mit Kreis, Gemeinden sowie Bürgern und führen eine Umweltverträglichkeitsstudie durch“, erklärt Alexander Greß das Verfahren. Auf diese Weise möchte das Unternehmen alle Beteiligten mit ins Boot holen.
Grenzwert für Belastung durch magnetische Felder nicht überschritten
Es gibt keine Mindestabstände, die beim Bau zu Siedlungen eingehalten werden müssen. Häuser dürfen allerdings nach neuer Gesetzeslage nicht mehr überspannt werden. Die Belastung durch die Magnetfelder darf zudem 100 Mikrotesla nicht überschreiten. Das ist die Einheit für die magnetische Flussdichte. „Bei einem Abstand von 100 Metern messen wir bei unseren Masten nur noch ein Mikrotesla. Zum Vergleich: Bei einem Haartrockner lassen sich im Betrieb bis zu 2000 Mikrotesla messen“, sagt Greß. Er könne trotzdem verstehen, wenn Menschen Strommasten in ihrer Umgebung nicht akzeptieren. Häufig gehe es dabei aber nicht um Ängste um die eigene Gesundheit, sondern um die Furcht, nicht in den Entscheidungsprozess eingebunden zu sein.