Für oder gegen den Ministerpräsidenten Torsten Albig? Kommunaler Finanzausgleich bringt Stormarns SPD-Landtagsabgeordnete Martin Habersaat und Tobias von Pein in Entscheidungsnot.
Ahrensburg. Sie sind jung, sitzen für die SPD im Landtag in Kiel und haben ihre politische Karriere vor sich. Doch so einfach ist die Sache mit dem Aufstieg nicht. Denn die beiden Stormarner Abgeordneten Martin Habersaat, 36, und Tobias von Pein, 28, stecken in der Zwickmühle. Ihr Problem lässt sich auf die drei Buchstaben FAG reduzieren: die Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs. Im schlimmsten Fall könnte das Inkrafttreten des Gesetzes für beide zur Folge haben, dass sie bei der Landstagswahl 2017 gar nicht erst die Chance bekommen, wieder anzutreten.
Ein Gesetzentwurf von Innenminister Andreas Breitner (SPD), der die kreisfreien Städte zu Gewinnern macht, liegt bereits in zweiter Fassung vor und verärgert Stormarns Landrat Klaus Plöger sowie die Bürgermeister im Kreis gleichermaßen. Sie beklagen, dass Kreis und Kommunen bei der großen Umverteilung ab 2015 überproportional belastet werden und fordern eine grundlegende Überarbeitung mit dem Ziel, die negativen Folgen abzumildern.
Ministerpräsident Albig braucht bei Ein-Stimmen-Mehrheit jeden
13 Millionen Euro weniger pro Jahr seien für Stormarn jedenfalls nicht hinnehmbar, lässt Plöger bei jeder Gelegenheit verlauten. Das sehen auch Habersaat und von Pein so. Beide vertreten wirtschaftlich starke Regionen. Habersaat ist direkt gewählter Abgeordneter für den Wahlkreis 31, zu dem die Städte Reinbek und Glinde sowie die Gemeinden Barsbüttel, Oststeinbek und Wentorf zählen. Von Pein vertritt den Wahlkreis 30, das Amt Trittau, Siek, Ahrensburg, Ammersbek und Großhansdorf.
Sozialökonom Tobias von Pein, der in Lütjensee wohnt, sagt: „Den derzeitigen Gesetzentwurf kann ich so nicht unterstützen.“ Und auch der Barsbütteler Habersaat kritisiert: „Die Kommunen müssen handlungsfähig bleiben. Das sind sie so nicht.“ Beide haben Änderungen eingefordert.
Bei der entscheidenden Abstimmung im Sommer ist Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) auf ein Ja von jedem Abgeordneten der Regierungskoalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) angewiesen. Denn das Trio hat nur eine Ein-Stimmen-Mehrheit. Kippt auch nur ein Abgeordneter um, fällt das Gesetz durch.
Bei einem Treffen mit Landrat Plöger vor zwei Wochen in Bad Oldesloe war sich Albig trotz harscher Kritik seiner Sache sicher: Das Gesetz, das er einbringe, werde eine Mehrheit haben. Das heißt offensichtlich, dass ein Abweichler in der Fraktion nicht geduldet wird.
Müssen Habersaat und von Pein also gegen ihre Überzeugung stimmen, um ihre politische Karriere nicht aufs Spiel zu setzen? Lehrer Habersaat, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion und Vorsitzender des Arbeitskreises für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, sieht die Lage nicht so prekär: „Eine gewisse Solidarität mit den Schwächeren muss sein. Wir sind in einer frühen Phase. Es werden noch viele Gespräche im Land stattfinden. Ziel muss es sein, dass die Kreisumlage nicht massiv erhöht wird.“
Landrat und Bürgermeister erwarten Einsatz für wesentliche Änderungen
Laut Tobias von Pein ist es Konsens, dass sich etwas ändern muss. Er sagt: „Ich suche nach Stellschrauben. Für mich ist das ein Sachthema, und ich schaue, dass ich mich mit meiner Fraktion einige. 100 Prozent des regionalen Interesses kann ich aber nicht durchsetzen.“ Die beiden Stormarner sind nach wie vor zuversichtlich, dass der Entwurf im Laufe des Verfahrens noch wesentlich geändert werde.
Bereits seit Monaten reden die Genossen mit Amts- und Stadtverwaltungen. Barsbüttels Bürgermeister Thomas Schreitmüller über ein Gespräch mit Habersaat: „Ich habe das Dilemma herausgehört. Aber die mir bekannten Vorschläge bringen uns nicht wirklich weiter. Habersaat sollte wissen, wer ihn gewählt hat, nämlich die Bürger vor Ort.“
Reinbeks Bürgermeister Axel Bärendorf lobt die Basisarbeit des Barsbüttelers und bezeichnet ihn als „sympathischen Kopf, der Schulwesen gut drauf hat und sich wirklich kümmert“. Er sagt aber auch: „Sollten die jetzigen Zahlen Gegenstand der Abstimmung sein, würde ein einfaches Ja von Habersaat Unverständnis bei uns hervorrufen. Wir würden uns dann nicht gut vertreten sehen.“ Für die Wahl 2017 stelle das ein gewisses Risiko dar. Bärendorf beschreibt die Situation der Stormarner Genossen so: „Die Abgeordneten sind hin- und hergerissen zwischen der Gesamtverantwortung für das Land und den Interessen der Region.“
Für Landrat Plöger ist Habersaat sogar der „beste Abgeordnete im Land“. Er sagt: „Ich würde es bedauern, wenn er auf der Strecke bliebe. Aber er hat Einfluss in Kiel, und deswegen bin ich sicher, dass er das hinkriegt. Habersaat wird keinen politischen Selbstmord begehen.“ Sollte der Gesetzentwurf allerdings keine wesentlichen Änderungen erfahren und sich die Lage für den Kreis sowie die Kommunen nicht bessern, soll Plöger, so wird in Politikkreisen kolportiert, schon einen Plan haben: nämlich selbst anzutreten und Habersaat das Landtagsmandat abzujagen.