Verantwortliche in den Landesbehörden versichern: Im jetzt beginnenden Winter wird alles besser als im vergangenen. Das neue Wunder-Sprühfahrzeug, das versprochen worden ist, lässt allerdings auf dich warten.
Bad Oldesloe. Stark vereiste Fahrspuren auf den Autobahnen wie im vergangenen Winter soll es im jetzt beginnenden nicht mehr geben, der Räum- und Streudienst im Land ist optimiert worden: Das haben die Verantwortlichen bei einem „Streusalz-Gipfel“ im Oldesloer Kreishaus hoch und heilig versprochen – allen voran Torsten Conradt, der Direktor des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein.
Stormarns Landrat Klaus Plöger, der Gastgeber, spricht von einer hoch komplizierten Materie. „Ich verstehe das alles nicht“, sagt er. „Ich will nur, dass es funktioniert.“ Mit seiner Meinung, dass es zu Beginn dieses Jahres eben nicht funktioniert hat, steht er im Kreis nicht allein da: Insbesondere in der zweiten und dritten Januar-Woche war es auf Stormarns Autobahnen zeitweise spiegelglatt gewesen. Glatter als je zuvor, meinen viele. In der Folge kam es zu etlichen Lkw-Unfällen, bei denen hoher Sachschaden entstand.
Plöger gibt sich nun zuversichtlich: „Ich bin optimistisch, dass das diesmal klappen wird.“ Falls nicht, werde er sich „äußern“. „Dann geht’s erst mal ins interne Gespräch“, sagt er.
Autobahnmeisterei hat mehr Fahrzeuge
Was wird nun anders? Zum einen wird das Team der Autobahnmeisterei Bad Oldesloe vorübergehend deutlich verstärkt. Deren Leiter Jörg Becker sagt: „Wir werden vier zusätzliche Fahrzeuge im Einsatz haben.“ Bislang waren seine Mitarbeiter mit fünf eigenen Wagen unterwegs und konnten bei Bedarf sieben zusätzliche von Lohnunternehmen hinzuziehen. „Diesen Winter haben wir selbst sieben und können auf neun weitere samt Besatzung zugreifen.“
LBV-Chef Conradt erklärt, dass auch die Streu- und Räumpläne optimiert worden seien. „Wir erreichen jetzt kürzere Umlaufzeiten“, sagt er. Das bedeutet: An einer x-beliebigen Stelle der Autobahn kommen künftig öfter als bisher Straßenwärter vorbei, um Schnee beiseite zu schieben und Salz sowie Lauge auf die Fahrbahn zu bringen.
Eine ganz neue Technologie, die auf der A 1 noch nie eingesetzt worden ist, soll die Sache komplett machen und die Straßen so sicher wie noch nie: Mittels eines ganz neuartigen Sprühfahrzeugs kann reines Flüssigsalz verteilt werden. Jens Sommerburg, Chef des LBV in Lübeck, sagt: „Das ist insbesondere dann sinnvoll, wenn es noch gar nicht gefroren hat. Dann bildet sich gar nicht erst so schnell eine Eisschicht.“ Die Experten sprechen hier von „präventivem Streuen“ beziehungsweise Sprühen. Die Lauge verteile sich wie ein Film auf dem Beton und verhindere Eisbildung von der ersten Minute an.
Der Sprühwagen fahre 80 Kilometer pro Stunde schnell und könne so ganz unauffällig im Verkehr mitschwimmen, ohne ihn zu behindern. „Und er kann, wenn er auf der mittleren Spur fährt, alle drei Fahrstreifen auf einmal benetzten“, sagt Jens Sommerburg. Eine Runde durch das Revier der Autobahnmeisterei Bad Oldesloe – 100 Kilometer je Richtung – ist da schnell gedreht.
Der neue Wunderfahrzeug ist noch nicht geliefert
Es gibt allerdings einen Wermutstropfen. Das neue Wunderfahrzeug ist noch gar nicht geliefert. Eigentlich war es für Anfang Dezember avisiert, doch gibt es beim Hersteller offenbar Lieferengpässe. Nun ist von Anfang kommenden Jahres die Rede. Die Verantwortlichen sind jedenfalls zurzeit zuversichtlich, dass es noch in diesem Winter etwas wird.
An der im zurückliegenden Winter im Bereich der Autobahnmeisterei Bad Oldesloe erstmals eingesetzten Salzrezeptur soll sich allerdings nichts ändern (wir berichteten). So wird das körnige Natriumchlorid – Kochsalz – in den Trichtern der Streufahrzeuge unverändert mit flüssiger Natriumchlorid-Sole angereichert, bevor beides zusammen auf die Fahrbahn kommt. Die Sole besteht zu etwa einem Viertel aus Salz, der Rest ist Wasser. In früheren Jahren ist das Salz mit Magnesiumchlorid-Sole versetzt worden.
LBV-Direktor Conradt weist allerdings den Verdacht zurück, Kostenersparnis sei der Grund dafür, das neue „Billig-Salz“ einzusetzen; landesweit hochgerechnet ist es pro Saison 600.000 Euro günstiger. Ausschlaggebend sei, dass die Sole künftig auf den Betriebshöfen der Autobahnmeistereien angemischt werden könne. Sein Mitarbeiter Jens Sommerburg erklärt: „Natriumchlorid liegt dort ohnehin in den Lagerhallen. Ein Teil davon muss nun nur in Wasser aufgelöst werden.“ Magnesiumchlorid-Sole habe hingegen geliefert werden müssen. Sommerburg: „Da ist jede Menge Wasser durchs Land gefahren worden. Und manchmal auch nicht rechtzeitig angekommen.“
Trotzdem: Unter bestimmten Umständen ist die neue Rezeptur weniger wirksam. Sie wirkt nämlich nur bei Temperaturen bis minus sechs Grad Celsius wirklich gut. Mit Magnesiumchlorid-Sole versetztes Streusalz entfaltet auch bei deutlich niedrigeren Temperaturen noch seine volle Wirkung. Jens Sommerburg: „Das ist ja aber kein Problem. Die Straßenwärter müssen nur früher als in der Vergangenheit auf Trockensalz umstellen.“
Während Georg Ruge, Leiter des Polizeiautobahnreviers Bad Oldesloe, sich freut, „dass nun eine Verbesserung eintritt“, wirkt Stormarns Kreisbrandmeister Gerd Riemann noch ein bisschen skeptisch. „Der Winter wird zeigen, ob es funktioniert“, sagt er. „Es wird im Winter immer zu Unfällen kommen, das ist ein Stück Normalität. Nur so eine Häufung wie im vergangenen Winter, die war nicht normal.“