Ein Langstreckenläufer geht an den Start: Oliver Mesch. Er braucht zunächst 95 Unterstützer. Der Archivar will Nachfolger von Walter Nussel werden, der nach zwei Amtsperioden nicht wieder antritt.

Trittau. Jackett, Schlips, kräftiger Händedruck und ein „Herzliches Willkommen“ für die Besucher. Das hat schon etwas Offizielles. Wenn da nicht dieses zurückhaltende Lächeln wäre. Oliver Mesch wirkt fast verlegen, wie er da vor dem Trittauer Rathaus steht. Dabei ist er hier „zu Hause“. Seit 2000 arbeitet er als Archivar für Gemeinde und Amt. „Ich bin auch Geschäftsführer für die Wassermühle. Ein breites Spektrum“, sagt der 42-Jährige, der sein Spektrum nun erweitern und tatsächlich als offizieller Hausherr in das Verwaltungsgebäude bitten möchte – als neuer Trittauer Bürgermeister. Und das im 13. Dienstjahr. „Eine Glückszahl für mich“, sagt Mesch und strahlt. Von Verlegenheit keine Spur mehr.

Viele Bürger und auch Politiker hätten ihn ermuntert. „Ich kandiere aber ganz bewusst als Parteiloser“, sagt Mesch. Und das bedeutet, dass er in den nächsten sechs Monaten richtig ackern muss. Heute geht es los. Zuallererst müssen die Unterstützer-Zettel unters Volk gebracht werden. Einen Stand braucht er dafür nicht. Er steckt sich die Zettel in die Taschen. „Ich kann die ja überall mit hinnehmen“, sagt er. Auf dem Wochenmarkt, bei den Basaren, am Glühweinausschank oder einfach in den Straßen wird Oliver Mesch für seine Kandidatur werben. 95 Unterschriften braucht er, damit er seinen Hut in den Ring werfen und Nachfolger von Walter Nussel werden kann, der nach zwei Amtsperioden nicht wieder antritt. Am 25.Mai werden die Trittauer einen neuen Verwaltungschef wählen. Ebenfalls im Rennen: die SPD-Kandidatin Katherine Nölling.

„Ich finanziere den Wahlkampf komplett selbst, nehme dafür Urlaub und ziehe das allein durch“, sagt Mesch. Und genau das will er. Er will selbstbestimmt sein, ohne vorgegebene Parteilinie. Dass er deswegen zunächst die Bürger fragen muss und ihre Unterschriften braucht, ist für ihn schon Teil seines Programms.

Mesch: „Ich will wissen, was die Menschen bewegt“, sagt er. Mehr Bürgerbeteiligung sei wichtig. Vor allem angesichts der erschreckend niedrigen Beteiligung bei der Kommunalwahl. Der erste Schritt, die Trittauer stärker einzubinden, sei, sie zu informieren. „Bisher gibt es eine Bürgersprechstunde. Ich möchte das offensiver angehen“, sagt Mesch und kündigt so etwas wie mobile Sprechstunden an. „Die Menschen sollen nicht nur ins Rathaus kommen, ich werde zu ihnen gehen, zu den Vereinen und Treffpunkten.“ Vergräbt man sich als Archivar nicht eher in Akten und Dokumente? „Denken Sie“, sagt Mesch. „Ich analysiere die Prozesse, weiß welchen Weg Trittau genommen hat und wohin es in Zukunft geht.“

Der Kandidat will behutsames Wachstum der Gemeinde

In der Kinderbetreuung sei Trittau bereits gut aufgestellt. Die demografische Entwicklung hingegen stelle eine große Herausforderung dar. Die Gemeinde wachse bis 2030. „Ich setze dabei auf Qualität statt auf Quantität“, sagt Mesch, der behutsames Wachstum will. Jedes Neubaugebiet bringe Folgekosten für die Infrastruktur. Mesch: „Und wird haben eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1000 Euro.“ Ein negativer Spitzenwert.

„Es wird Einschnitte geben, die nicht jeden freuen“, sagt der Mann mit der bescheidenden Art. Schwer vorstellbar, dass er harten Kurs fahren oder in oft emotional aufgeheizten Sitzungen der Gemeindevertreter dazwischen hauen werde. „Freundlich, aber bestimmt“, sagt Mesch. „Ich war Personalratsvorsitzender der Gemeinde. Da habe ich gelernt, mich durchzusetzen.“

Dennoch sei ein Bürgermeister in erster Linie Mittler, Moderator und Ideengeber. „Es geht mir nicht um einen Karriereschritt. Ich will Bürgermeister werden, weil mir Trittau am Herzen liegt. Weil ich den Zusammenhalt erhalten will. Hier bin ich geboren und aufgewachsen und nach dem Studium der Germanistik und Skandinavistik glücklich zurückgekehrt.“

Seine Frau Birte, seine Tochter Tomma, 6, und sein Sohn Mogens, 5, werden ihn in nächster Zeit nicht viel sehen. Das gemeinsame Frühstück will er sich aber nicht nehmen lassen. „Und als Bürgermeister sollte ein Tag für die Familie drin sein. „Man darf nicht ausbrennen.“ Jetzt muss er aber erst einmal durchhalten. Mesch: „Macht nichts. Ich bin ein Langstreckenläufer.“ Und damit meint er nicht nur den Wahlkampf-Marathon. Am 25. Dezember wird er elfmal um den Öjendorfer See laufen. So lange, bis er ans Ziel kommt.