Der Straßenvollausbau am Cronsberg und in der Rosenstraße in Reinbek ist immer noch nicht abgeschlossen. Viele Anlieger müssen sich einschränken – und sind verärgert über die Verwaltung.

Reinbek. Zumindest ein bisschen erleichtert ist Katrin Schnoor dieser Tage. Seit vergangenem Freitag zieht die 44-Jährige endlich wieder ohne Sackkarre los, um die Getränkekisten vom naheliegenden Händler in ihre Küche zu befördern. Stattdessen benutzt sie dafür das Auto. Es war das erste Mal seit Mai dieses Jahres. Die kaufmännische Angestellte aus Reinbek wohnt mit ihrem Mann und zwei Kindern in einer Doppelhaushälfte an der Rosenstraße. Sie sagt: „Wir konnten sechs Monate lang nicht in die Garage fahren, weil sich die Asphaltierungsarbeiten immer wieder verzögert haben.“ Jetzt ist zumindest eine Tragschicht vorhanden, der Weg zum Stellplatz wieder frei, „ohne befürchten zu müssen, den Wagen zu beschädigen.“

Nur wenige Meter weiter am Cronsberg, der in die Rosenstraße mündet, können Anwohner seit Wochen mit dem Auto nicht mehr auf ihre Auffahrten. Die Straße ist gesperrt. Wo demnächst, so hoffen sie, asphaltiert wird, fahren noch Bagger über den sandigen Untergrund. Dort wohnt auch Irmgard Schneider. Die 90-Jährige ist auf einen Rollator angewiesen. Will sie die gegenüberliegende Seite erreichen, ist Vorsicht geboten: Zwischen ihrem Zuweg und der aufgerissenen Straße beträgt der Höhenunterschied satte 30 Zentimeter. Zudem liegt ihr Schlafzimmer zur Straßenseite. Schneider klagt: „Das hat hier in den vergangenen Monaten so viel gestaubt, dass ich tagsüber nicht richtig lüften konnte.“

Claus-Jürgen Kohl, 73, hat ganz andere Probleme. Mehrmals seien Pakete per Post nicht angekommen. „Ich musste dann im Internet recherchieren, wo sie abgeblieben sind. Letztendlich durfte ich sie mir abholen. Mir wurde gesagt, es sei zu umständlich, die Pakete bei diesen Gegebenheiten an die Haustür zu bringen.“ Zudem hätten Anwohner der Rosenstraße die Öl-Anlieferung verschieben müssen, der Lieferverkehr sei quasi zusammengebrochen.

Viele der 147 Anlieger waren oder sind ob der Einschränkungen verärgert. Demnächst flattert ihnen auch noch ein Zahlungsbescheid der Stadt ins Haus: An den Gesamtkosten des Straßenvollausbaus in Höhe von 660.000 werden sie mit 365.000 Euro beteiligt. Für Katrin Schnoor bedeutet das ein dickes Ende: „Das können wir nicht so einfach aus der Haushaltskasse stemmen, müssen einen Kredit aufnehmen.“

Die Anwohner hatten sich ohnehin für eine günstigere Lösung ausgesprochen. Dieter Kwoll, 68, Sprecher der Initiative Rosenstraße/Cronsberg: „Wir wollten nur eine Reparatur der Straße. Das hätte zwischen 100.000 und 200.000 Euro gekostet, zumal die Gehwege zuletzt im Jahr 2000 neu gemacht wurden.“ Die Politik entschied jedoch anders und winkte die Verwaltungsvorlage durch. Kwoll, ein ehemaliger Lehrer, kann die Bagger und den Lärm nahe seinem Haus am Cronsberg nur noch schwer ertragen. Er sagt: „Das baut meine Oma ja noch schneller.“ Zudem hätte die Rosenstraße schon Mitte September asphaltiert werden können. „Im April wurde uns sogar zugesichert, dass das im Juli 2013 der Fall ist.“

Im Rathaus haben sie Verständnis für den Frust der Anwohner, die Rolle des Sündenbocks weist die Verwaltung aber weit von sich. Sven Noetzel, Amtsleiter für Stadtentwicklung und Umwelt in Reinbek: „So eine Maßnahme ist eine hohe Belastung für die Anwohner. Sie war aber notwendig, die Straße war total kaputt. Es liegt auch an der Frechheit der Firmen, dass die Asphaltierung so spät begonnen hat.“ Den Vorwurf, Auf- und Einfahrten über Monate nicht nutzen zu können, will er so nicht stehen lassen. Es seien Anrampungen zur Verfügung gestellt worden. „Die Entsorgung der Grundstücke war sichergestellt“, sagt Noetzel. Dieter Kwoll regt sich vor allem auch darüber auf, dass die Stadt die Anwohner über Monate nicht über den Stand der Arbeiten informiert habe. Seinen Nachbarn Henning Schwarz, 63, wundert das nicht. Der emeritierte Professor an der Fachhochschule Lübeck: „Es gab keine gründliche Bauvorbereitung, keine Zeitplanung, und auch Risikochecklisten sind nicht vorhanden. Was hier nicht funktioniert hat, ist die Projektleitung. Und die sitzt im Rathaus.“

Probleme bei Terminkoordination mit den Asphaltbaufirmen

Norbert Wulff, der zuständige Projektleiter in der Reinbeker Verwaltung, räumt Schwierigkeiten bei der Terminkoordination mit den Asphaltbaufirmen ein, „zudem haben wir im Mühlenredder eine Gastransportleitung 30 Zentimeter unter der Erde entdeckt. Diese mussten wir einen Meter in die Tiefe legen. Auch das hat zu Verzögerungen geführt“. Jetzt soll es ganz schnell gehen. Wulff: „Am kommenden Freitag wird die Tragschicht am Cronsberg aufgetragen, im Anschluss die Deckschicht auf beide Straßen, wenn es die Witterung zulässt. Im Idealfall ist am Sonnabend alles fertig.“ Für die Anwohner wäre es das Ende einer langen Leidenszeit.