Knapp 230 Asylbewerber sind seit Januar dem Kreis Stormarn zugeteilt worden. Bis Ende des Jahres dürfte ihre Zahl auf 380 steigen. Die Aufnahmemöglichkeiten in vielen Gemeinden sind erschöpft.
Ahrensburg. Durch den wachsenden Zustrom von Asylbewerbern sind die Aufnahmemöglichkeiten in den Städten und Gemeinden Stormarns an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt. „Viele Kommunen wissen nicht, was sie noch unternehmen sollen, um weitere Flüchtlinge aufzunehmen“, sagt Landrat Klaus Plöger. „Das Land hat gesagt, die Flüchtlinge sollen herkommen, nun soll es den Kreisen auch helfen und weitere landeseigene Unterkünfte einrichten“, appelliert Plöger an die Regierung in Kiel. Nach Angaben von Jan-Christian Heth, Fachbereichsleiter Grundsatzfragen bei der Kreisverwaltung, kommen die meisten Flüchtlinge derzeit aus Syrien, Russland, dem Irak, dem Iran, Afghanistan und Jemen.
„Die Zunahme ist so stark, dass wir keine weiteren Unterkünfte mehr zur Verfügung haben“, sagt beispielsweise der Sachgebietsleiter Soziales im Reinbeker Amt für Bürgerangelegenheiten, Torsten Christ. Nach seinen Angaben sind in Reinbek momentan 32 Asylbewerber in städtischen Unterkünften untergebracht. Weitere 27 leben in angemieteten Räumlichkeiten, hauptsächlich in Sozialwohnungen. Christ: „Für zwölf weitere Flüchtlinge, die wir bis Ende des Jahres noch hier erwarten, haben wir noch keine Unterkünfte.“ Er prüfe, ob sie in frei werdenden Sozialwohnungen untergebracht werden könnten.
Beschlossen ist bereits, die Kindertagesstätten an der Schulstraße und am Mühlenredder, die im kommenden Jahr geräumt werden, in Wohnungen für insgesamt 24 Asylsuchende umzubauen. Avisiert wurden Reinbek aber für 2014 weitere 28 Flüchtlinge. „Und diese Zahl wird sich wohl erhöhen“, sagt Christ. Bei der Suche nach Unterkünften greift die Stadt unter anderem auf die Hilfe der Arbeiterwohlfahrt zurück.
Die Gemeinde Ammersbek hat gegenwärtig nach Angaben ihres Bürgermeisters Horst Ansén 18 Flüchtlinge in ihrer Obdachlosenunterkunft an der Ohlstedter Straße untergebracht. „Weitere neun Asylbewerber leben in angemieteten Wohnungen, die sie aber im Frühjahr verlassen müssen“, sagt Ansén. Im kommenden Jahr müsse Ammersbek nach aktuellem Stand sechs weitere Flüchtlinge aufnehmen. „Die Bereitschaft, an Asylsuchende Wohnungen zu vermieten, ist hier sehr begrenzt“, sagt der Bürgermeister. Außerdem gebe es in der 9700-Einwohner-Gemeinde nur wenige Mietwohnungen. Ansén: „Wir prüfen daher, auf welchen Flächen wir schnell Leichtbauten für die Asylsuchenden errichten können.“
In Bad Oldesloe leben derzeit 62 Flüchtlinge in der kreiseigenen Unterkunft, die damit voll ist, wie Jan-Christian Heth von der Kreisverwaltung berichtet. Zusätzliche beherberge die Stadt selbst 52 Asylsuchende. „Bisher konnten wir die immer noch in hiesigen Wohnungen unterbringen“, sagt Bürgermeister Tassilo von Bary, „aber es ist fraglich, ob das so weiter geht.“ Nach dem Zuweisungsschlüssel dürften in diesem Jahr noch etwa 15 Flüchtlinge hinzukommen.
In Ahrensburg sind momentan 64 Asylbewerber in Holzbauten mit Drei-Zimmer-Wohnungen untergebracht. Die stehen am Wulfsdorfer Weg und am Bornkampsweg. In den vergangenen zwölf Monaten sind nach Angaben von Andreas Zimmermann, Pressesprecher der Schlossstadt, 30 Flüchtlinge neu nach Ahrensburg gekommen. Nach dem Verteilungsschlüssel des Kreises dürften bis Jahresende noch knapp 20 hinzukommen. Zimmermann: „Im Moment bekommen wir noch alle unter, aber wenn die Zahl weiter steigt, kommen wir in einen Engpass.“ Schnell Leichtbauten zu errichten, wie es Ammersbek erwägt, „ist für Ahrensburg nur eine Option, wenn andere Lösungen nicht greifen“. So will Ahrensburg nun an Immobilienbesitzer appellieren, Wohnraum für Asylbewerber zu vermieten.
Die Schlossstadt folgt damit dem Beispiel der Stadt Reinfeld. Die hat jüngst Eigentümer von Immobilien gebeten, der Verwaltung Wohnraum für Asylsuchende vermieten. „Bislang hat sich darauf noch niemand gemeldet“, berichtet Beate Janke, bei der Stadt zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. Momentan leben laut Janke 17 Asylsuchende in Reinfeld. In diesem Jahr kämen noch fünf hinzu. „Für die haben wir genug Platz“, sagt Janke, „aber im kommenden Jahr soll die Stadt nach gegenwärtiger Planung weitere 27 Flüchtlinge aufnehmen.“ Daher auch der Appell an Wohnungs- und Hausbesitzer unter den Einwohnern.
Unter den Reinfeldern scheint durchaus Bereitschaft da zu sein, Wohnraum zur Verfügung zu stellen – zumindest hypothetisch. Christiane Gartermann würde ihr Eigentum vermieten. In ihrem Haus gebe jedoch keinen Platz, „und ich glaube, es könnte schwer werden, freie Wohnungen in der Stadt zu finden“. Auch Henrike Nüß und Jan Demitz wären bereit, ein leeres Eigenheim der Stadt zu Verfügung zu stellen – wenn sie eines hätten. „Sonst stehen die Wohnungen doch sowieso leer“, sagt Demitz.
Ein weiterer Reinfelder möchte seinen Namen nicht in der Zeitung sehen. Er vermietet jedoch selbst Wohnungen– und wäre bei Leerstand sofort bereit, sie zu vermieten. „Solange ich Geld dafür bekäme, klar!“ Es gebe allerdings viele, so glaubt er, die Angst vor fremden Kulturen hätten und deshalb vorsichtig seien, Wohnungen herzugeben.
Diese Skepsis hört man aus Gesprächen mit einigen Reinfeldern und Bargteheidern heraus. Keiner von ihnen möchte seinen Namen in der Zeitung lesen. Eine Frau sagt, sie Sie ärgere sich über das Verhalten der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sei misstrauisch bezüglich anderer Gewohnheiten, anderer Kulturkreise. „Aus dem Bauch heraus würde ich sagen: Nein, ich würde nicht vermieten.“ Eine andere sähe es ungern, wenn in ihrem Eigentum zu viele Menschen wohnten.
Speditionskauffrau Sina Gartzke sieht es anders: „Flüchtlinge sind ja keine schlechten Menschen“, als Vermieter könne man mehr Pech mit Mietnomaden haben. Es gehöre aber viel Vertrauen dazu, Eigentum zu vermieten.