Serie: Die Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn stellt Vereine und ihre Mitglieder vor. Heute: der Ammersbeker Bürgerverein
Ammersbek. Hannchen Ohge trägt noch Sportdress. Gerade hat sie ihre Nordic-Walking-Runde durch Hoisbüttel beendet. Mit zehn Mitstreitern ist das Vorstandsmitglied des Ammersbeker Bürgervereins jeden Mittwoch unterwegs, im Anschluss gibt es Kaffee und Kuchen. Und von April bis Oktober schwingt sie sich jeden dritten Sonntag aufs Rad, um mit Ehemann Henri 40-Kilometer-Touren anzuführen. „Jeder kann mitmachen, ohne Anmeldung, meist sind wir zwischen 20 und 25 Personen“, sagt die 72-Jährige. „Wir sind bei Wind und Wetter unterwegs. Auf halber Strecke wird eingekehrt.“
Dass die meisten Angebote jedem zugänglich sind, ist ein großes Anliegen der rund 480 Mitglieder. Als der Verein 1991 von 26 Ammersbekern gegründet wurde, war das Ziel die Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls der rund 9000 Einwohner, die sich auf sechs Ortsteile verteilen.
„Wir wollten vor allem Hoisbüttel und Bünningstedt miteinander verbinden“, sagt Gründungs- und Vorstandsmitglied Dagmar Kramp. Der Weihnachtsmarkt gab den Ausschlag. Nachdem Vereine, die Arbeiterwohlfahrt und die Freiwillige Feuerwehr den Markt initiiert hatten, sollte die Organisation „unter einen Hut“.
Mittlerweile ist auch der Kram- und Pflanzenmarkt, den der Verein danach zusätzlich ins Leben rief, eine feste Institution. Zweimal im Jahr, zum Muttertag und am vierten September-Sonntag, können Privathändler rund um die Pferdeschwemme am Dorfgemeinschaftshaus alles feilbieten. „Manche Aussteller pennen sogar im Auto, um morgens als Erste am Start zu sein und das Angebot der anderen zu checken“, sagt Walter Welz. Ab 4.30 Uhr sind Otto und Renate Bütow im Einsatz, um die rund 30 Helfer zu koordinieren und den Aufbau zu begleiten.
Märchenbilder in der Adventszeit, Eiersuchen am Ostermontag
Otto Bütow ist ohnehin stets zur Stelle, wenn handwerkliches Geschick gefragt ist. Beim alljährlichen Seifenkistenrennen am Schüberg prüft der gelernte Bauschlosser jedes Fahrzeug. „Wir stellen vier baugleiche Seifenkisten fürs Rennen zur Verfügung“, sagt der 79-Jährige. „Zwei Mitglieder haben sie vor 17 Jahren mit dem Autohändler Udo von Ahnen gebaut. Bis zu 1,55 Meter große Kinder können fahren. Wichtig ist, dass sie an die Bremse gelangen.“
Auch wenn sich die Festwiese am Rathaus im Advent in eine Märchenwiese verwandelt, ist Otto Bütow derjenige, der die Halterungen der Holzfiguren ausbessert und Reparaturen erledigt. Zehn Märchenbilder sind zu sehen, die abends beleuchtet werden.
Am Ostermontag können Kinder Süßigkeiten auf der Wiese suchen. Dagmar Kramp verteilt mit Helfern auf einer abgesperrten Fläche bis zu 150 Tüten. „Da sind sogar manche Eltern kaum zu bremsen“, sagt die 67-Jährige. Und in den Ferien können Kinder mit Otto Bütow am Rande des Duvenstedter Brooks eine Führung mit einer Jägerin erleben.
In Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde Hoisbüttel, den Ammersbeker Kindertagesstätten und Eltern veranstaltet der Verein außerdem einen Kinderfasching. Mit Spenden werden das Mittagessen in den Grundschulen Bünningstedt und Hoisbüttel, Kindergärten und Jugendfeuerwehr ebenso unterstützt wie die Integrationssportgruppe.
Viele Helfer spenden Kuchen für die Cafeteria bei Märkten
Die Märkte sind die Haupteinnahmequelle neben den Mitgliedsbeiträgen. „Bei unseren Veranstaltungen profitieren wir von den vielen Kuchenspenden, die wir von den Bürgern für unsere Cafeteria bekommen“, sagt Schatzmeisterin Hildegard Müller. Die Gemeinde Ammersbek hilft den Ehrenamtlern mit Sachleistungen. „Wir können auf den Bauhof zählen, dürfen zum Broteschmieren Räume im Rathaus nutzen, und die Feuerwehr beleuchtet im Winter den Parkplatz auf der großen Festwiese.“
Fürs Parken bittet der Verein um einen Euro als Spende. „Das Geld fließt einem guten Zweck zu“, sagt der Vorsitzende Jan Ploog. „Gerade haben wir von den Parkeinnahmen 20 Fußbälle für den SV Timmerhorn-Bünningstedt und den Hoisbütteler SV gekauft.“ Gestiftet hat der Bürgerverein Etliches für das Gemeindeleben. Ruhebänke im Ortskern, Tische und Stühle sowie eine Tonanlage für das Dorfgemeinschaftshaus, Geschichtstafeln am Schüberg und ein Stehpult für die evangelisch-lutherische Kirche Hoisbüttel. Auch an die Umwelt wird gedacht. Die Kastanien an der Pferdeschwemme stammen ebenfalls vom Verein.
Zwischen dem Schüberg und der Hoisbütteler Mühle legten Mitglieder 1994 am Krüterblöcken einen zehn Meter breiten Streifen mit Büschen an, um den Wald vor Wind zu schützen. „Und ein paar Hundert Bäume haben wir auch gepflanzt“, sagt Edgar Arnhold. „Dabei war es so kalt, dass die Damen nicht mal Brote für uns schmieren konnten, weil das Schmalz zu hart war.“
Tagestouren in die Umgebung und eine mehrtägige Reise im Jahr
Zwei Jahre später entstand gegenüber vom Krüterblöcken eine Streuobstwiese. Jedes Jahr dürfen Kita-Kinder dort Äpfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen ernten. Schafe halten die Wiese kurz. Und bald rücken wieder Pflanzer aus, um an Straßen Krokus- und Narzissenzwiebeln zu setzen. „Es dürften an die 15.000 Zwiebeln sein, die wir im Laufe der Zeit verbuddelt haben“, sagt Renate Bütow. Vor fünf Jahren richtete der Verein zudem ein Storchennest in Bünningstedt ein sowie einen Brutkasten für Eisvögel am Rothwegen. „Leider sind beide noch nicht bezogen“, sagt Henri Ohge.
Das Angebot an Aktivitäten ist ebenso vielfältig wie die Interessen der Mitglieder. Heti Schmidt zum Beispiel leitet die Gruppe „Flinke Finger“, die sich zweimal im Monat zu Handarbeiten trifft. „Jeder macht das, was er sonst zu Hause gemacht hätte“, sagt die 84-Jährige, „und ich lese den 20 Damen dabei Unterhaltsames vor. Manche kommen auch nur zum Klönen.“
Dazu lädt auch das Erzählcafé im Dorfgemeinschaftshaus ein. „Dann erzählen Menschen aus dem Dorf von früher, das kommt gut an“, sagt Schmidt.
Stadtführungen und Reisen runden das Programm ab. Birgit und Günter Maisch, beide pensionierte Lehrer, bieten Rundgänge in Hamburg an. Rosi Grümmer kümmert sich um ein bis zwei Tagestouren sowie eine mehrtägige Reise pro Jahr. „Vergangenes Jahr sind wir das erste Mal geflogen, neun Tage Irland“, sagt sie. „Durch die Reisen bekommen wir auch neue Mitglieder.“
Mit den Seifenkistenrennen gewinne der Verein zunehmend jüngere Helfer, sagt Helmut Laudan, stellvertretender Vorsitzender. „Bürgervereine stehen sonst ja im Ruf, etwas für Weißköpfe zu sein“, sagt er schmunzelnd.
Wer den 29-köpfigen Vorstand erlebt, spürt jedenfalls, dass hier Menschen Spaß haben. „Der Verein ist wie eine Familie“, sagt Renate Bütow. „Manch einer von uns würde etwas vermissen, wenn es ihn nicht gäbe.“