Sie kamen aus Libyen, über Italien und Hamburg nach Glinde, lebten dort knapp vier Monate beengt im Kellerraum der Moscheegemeinde. Jetzt ziehen die elf afrikanischen Flüchtlinge um.
Glinde. Komfortabel geht anders, aber sie haben nicht geklagt, knapp vier Monate lang zu zwölft in einem Raum auf 18 Quadratmetern zu leben: im Keller der Glinder Moscheegemeinde. Jetzt wechseln die Afrikaner, die während des Bürgerkriegs in Libyen die Flucht ergriffen, über Italien nach Hamburg und von dort aus in die Stadt im Süden Stormarns kamen, den Standort. „Das ist für die Männer ein gewaltiger Schritt“, sagt Verena Tunn. Sie betreut die Flüchtlinge ehrenamtlich, ist täglich morgens um 10 und abends um 18 Uhr präsent. Künftig wird sie zwei Obdachlosenunterkünfte ansteuern. Fünf der Männer sind bereits im Stadtteil Wiesenfeld untergekommen, sechs sollen noch diese Woche Räumlichkeiten im Togohof beziehen. Ein weiterer Afrikaner ist aufgrund der Hochzeit mit einer Rumänin inzwischen EU-Bürger und vor einigen Tagen ausgezogen.
„Die Männer haben ihre Personalien offengelegt und sind bei uns im Rathaus seit vergangener Woche melderechtlich erfasst. Dadurch sind wir automatisch für ihre Unterkunft verantwortlich“, sagt Glindes Bürgermeister Rainhard Zug. Ihr Aufenthaltsstatus sei aber weiterhin nicht geklärt. Bei der Ausländerbehörde in Bad Oldesloe liegt ein Antrag auf eine befristete Aufenthaltserlaubnis hilfsweise einer Duldung vor. „Die Behörde kann erst jetzt richtig mit der Sachprüfung beginnen, da alle Unterlagen vorliegen“, sagt der Anwalt der Flüchtlinge, Burkhard Peters. Die Erfolgschancen könne er überhaupt nicht einschätzen. „Was die Sprache angeht, sind die Afrikaner aber in höchstem Maße engagiert.“
Laut Anja Kühl, Fachbereichsleiterin beim Kreis Stormarn, wird die Prüfung der Unterlagen mindestens drei Wochen benötigen. „Derzeit gibt es noch zu viele Unwägbarkeiten“, sagt sie. „Zum Beispiel ist es bei keinem der Antragsteller nachzuvollziehen, wann genau die Einreise in die Bundesrepublik erfolgt ist.“ Sollte der Anwalt Burkhard Peters mit seinem Vorhaben beim Kreis scheitern, bleibt noch der Gang vor das Verwaltungsgericht des Landes Schleswig-Holstein.
Mit möglichen Szenarien befassen sich die Flüchtlinge nur bedingt. „Diejenigen, die in Wiesenfeld eingezogen sind, waren erst einmal happy“, sagt Verena Tunn. Dort sind sie in der ersten Etage eines Reihenhauses mit drei Zimmern und einer Gemeinschaftstoilette untergebracht. Diese müssen sie mit dem Bewohner des Erdgeschosses teilen. Die Stadt hat inzwischen zugesagt, eine Küche zu installieren. Bis zur Fertigstellung treffen sich die Flüchtlinge zum Mittagessen weiterhin in der Moscheegemeinde.
Deren Finanzvorstand Mustafa Tepe hatte die Hilfesuchenden im Mai dieses Jahres mit einigen Vereinsmitgliedern in Hamburg aufgesammelt, ihnen eine Bleibe verschafft und zuletzt auch eine Sprachlehrerin für die Flüchtlinge gewinnen können. Dafür mussten sogar die Jugendlichen weichen, die sich im Keller der Moscheegemeinde regelmäßig treffen. Seitdem sind Tepe und seine Freunde bemüht, für die Flüchtlinge das Beste aus der Situation zu machen: So steht er jeden Sonnabend auf dem Glinder Markt und sammelt Spenden. „Und das geht auch weiter. Die Menschen brauchen unsere Unterstützung“, sagt Tepe.
Erschrocken sei er bei einer Begehung über den Zustand der Räumlichkeiten im Togohof gewesen. „Dort hat es gestunken.“ Tunn spricht von „Wasserpfützen auf dem Boden, einer fünf Zentimeter hohen Dreckschicht in der Küche und einer Toilette, in die man lieber nicht reinschaut“. Die Stadt Glinde wird die Räume laut Bürgermeister Zug dieser Tage renovieren – und hätte dabei auf die Hilfe der Flüchtlinge zählen können. Betreuerin Tunn: „Das wurde aber aus versicherungstechnischen Gründen nicht erlaubt.“