Künftig kümmern sich neun Lehrer um 80 Kinder. Am Sonnabend ist das Richtfest für den Neubau. Er wird 109.000 Euro kosten. Eltern bauen neue Spielgeräte selbst auf.
Bargteheide. Die Kinder hatten gerade Ferien bekommen, da wurde schon das Fundament geschüttet. Am Sonnabend, 27. Juli, nur fünf Wochen später, wird auf dem Gelände der Waldorfschule in Bargteheide bereits Richtfest für den Neubau gefeiert. "Das ging total schnell", sagt Ute Tockhorn. Und sie meint damit nicht nur den Baufortschritt. "Der Großhansdorfer Unternehmer ist uns sehr entgegengekommen. Er fing schon an, obwohl wir noch gar nicht wussten, wie wir den Pavillon finanzieren sollten", sagt Ute Tockhorn vom Finanzkreis der Waldorfschule. Was es kostet, stand dagegen sehr genau fest: 109.000 Euro.
Viel Geld für die Bargteheider Eltern der Waldorfschüler. "Etwas hatten wir noch. Ein weiterer Teil wird über Kredit finanziert", sagt Ute Tockhorn. Und die Eltern müssten mit anpacken. "Ohne Eigenleistung geht es einfach nicht." Aber ohne Pavillon auch nicht. Die Waldorfschule wächst.
80 Jungen und Mädchen werden ab August nach der Lehre Rudolf Steiners in Bargteheide unterrichtet. Als der Verein im Sommer 2012 an den Start ging, waren es 50 Kinder. "Im Laufe des Schuljahrs sind immer noch welche dazugekommen. Und jetzt kamen die neuen Anmeldungen", sagt Ute Tockhorn, deren Tochter Anna-Lena auf dem Gelände an der Alten Landstraße unterrichtet wird. Anna-Lena ist neun und kommt in die vierte Klasse. "Sie ist total begeistert", sagt die Mutter. Seit eineinhalb Jahren wohnt sie mit ihrem Mann in Hamburg-Bergstedt. Die Waldorfschulen in Hamburg waren entweder restlos ausgebucht oder vom Angebot nicht zu den Vorstellungen der Tockhorns passend.
Der elf Jahre alte Sohn Johannes geht deshalb auf ein Gymnasium. Er hatte eine Waldorfschule in Lübeck besucht, als die Familie noch in Reinfeld lebte. "Und das war genau das Richtige für ihn", sagt die Mutter. Nach dem Umzug nach Bergstedt wechselte er für ein paar Monate auf eine Waldorfschule in Hamburg. "Aber das", sagt Ute Tockhorn, "funktionierte gar nicht." Auch so etwas gebe es.
Johannes probiere nun die "Alternative Gymnasium" aus, während seine kleine Schwester in der Waldorfschule Bargteheide aufblühe. "Es ist vielleicht auch ganz gut, wenn die Schwester einen eigenen Weg geht", sagt Ute Tockhorn, die Mutter von vier Kindern ist. Tobias ist drei Jahre alt und soll auf jeden Fall 2016 in Bargteheide eingeschult werden. "Und du bist 2019 dran", sagt die 44-Jährige und gibt ihrem sieben Monate alten Sohn Michael ein Küsschen auf die Wange.
Für Ute Tockhorn und ihren Mann Richard, der Pastor an der Bergstedter Hochzeitskirche ist, gibt es keinen Zweifel: Die Waldorf-Pädagogik ist die richtige.
Mit dem neuen Schuljahr wächst nicht nur die Zahl der Schüler in Bargteheide, sondern auch die der Lehrer - von sieben auf neun. Zwei davon arbeiten in Vollzeit. Alle machen ihre Sache gut, meint Ute Tockhorn. Wie gut, schildert sie am Beispiel ihrer Tochter. "Anna-Lena hatte Probleme mit dem Lesen. Jetzt liest sie mühelos komplizierte Texte. Mit dem Rechnen ist es dasselbe." Und das liege am Klassenlehrer. "Er nimmt Anna-Lena als Person wahr. Er vermittelt ihr, dass er auch etwas von ihr lernen kann. Er hebt ihre Stärken hervor und mindert so ihre Schwächen." Die Mutter kommt ins Schwärmen, so wie die Tochter. Im Klassenzimmer von Anna-Lena steht sein Name an der Tafel: Broscheit. "Mit Vornamen heißt er Johannes. So wie ihr Bruder", sagt Ute Tockhorn. Vielleicht habe das die Sympathie noch verstärkt.
Die Bargteheider Waldorfschule ist weiter im Aufbau. Jedes Jahr kommt eine Klasse dazu. Ab August werden es sechs sein. Deswegen wird der neue, 150 Quadratmeter große Pavillon auch dringend gebraucht. Dort soll eine Klasse eingerichtet werden. Da der Raum durch eine Schiebetür teilbar ist, sollen dort außerdem Eurythmie und Werken unterrichtet werden. Wie das alles koordiniert wird, müsse im zuständigen Arbeitskreis noch besprochen werden.
Der Schulhof besteht zurzeit aus einer etwas eintönig mit Holzschnitzeln bedeckten Fläche. Auch das soll sich ändern. Ein Erlebnisschulhof soll daraus werden. "Wir werden Holzspielgeräte anschaffen", sagt Ute Tockhorn. Als Mitglied im Finanzkreis weiß sie, was das kostet und wie Ausgaben reduziert werden können. So sei eine Spezialfirma beauftragt worden, die die Geräte liefert und die Eltern dann instruiert, wie sie die Geräte aufbauen können. Ute Tockhorn: "So können wir den Preis auf 14.000 Euro senken."
Nur das ersehnte Schulhaus steht noch nicht da. So müssen zunächst noch die Container reichen. "Das Schöne ist, dass der neue Pavillon versetzbar ist und so in das künftige Schulgebäude integriert werden kann", sagt die Finanzfachfrau. Aber das dauere noch mindestens drei Jahre - verbunden mit jeder Menge Nervenkitzel, einigen Sorgen und dem üblichen Baustress.
Für Menschen ist das schon schwierig. Aber auch für Tiere. So hat es ein Vereinsmitglied verkündet, das Tierarzt ist und es wissen muss. Deswegen gackert es noch nicht auf dem Gelände der Walddorfschule. Wenn die Hühner "eingeschult" werden, sollen sie stressfrei im Hühnerhaus leben können. Auch das wird natürlich selbst gemacht. Die Erwachsenen werden dafür nicht gebraucht. Das machen die Waldorfschüler - als Unterrichtsprojekt ganz nach Waldorf-Art.
Ganz reibungslos geht es aber auch an Waldorfschulen nicht zu. So hat es im Bargteheider Trägerverein offenbar Differenzen gegeben. Tatjana Lutz-Koppermann, die Gründerin der Initiative, ist nicht mehr Geschäftsführerin. "Man hat sich getrennt", sagt Ute Tockhorn. Eine Nachfolgerin sei in Sicht. Der Vereinsvorstand und der Personalkreis hätten schon Zustimmung signalisiert. Die Abstimmung folge noch.