Bankgeheimnisse: Wir treffen Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Heute: Joachim Philipkowski, Nachwuchschef des FC St. Pauli.
Bargteheide. Ein Mann, eine Leidenschaft - Fußball. Für Joachim Philipkowski ist die Ballsportart nicht nur ein Hobby. Fußball bestimmte bislang sein ganzes Leben. "Mein Ziel war es nie, Profifußballer zu werden. Das kam einfach so", sagt er. Wenn der 52-Jährige von seiner Karriere erzählt, leuchten seine Augen.
Geboren ist Joachim Philipkowski in Polen. Als er elf Jahre alt war zog er mit seinen Eltern nach Hamburg. "Anfangs lebten wir in einem Aussiedlerlager in Friedland und danach in Finkenwerder. Als meine Eltern einen Job bekamen, zogen wir in den Hamburger Stadtteil Steilshoop", erzählt er. In dieser Zeit begann er auch damit, Fußball zu spielen. "Der HSV Barmbek-Uhlenhorst von 1923 war mein erster Verein. Da fing alles an", sagt er. Dort habe er bis zur A-Jugend Mannschaft gespielt. "Bei einem Spiel gegen den 1. FC St. Pauli entdeckte mich der Nachwuchschef. Ich machte ein Probetraining bei Pauli, und von da an fing meine Karriere als Profifußballer an", sagt Philipkowski.
Nebenbei machte er eine Ausbildung zum Maschinenschlosser. "Fußball war mir allerdings immer wesentlich wichtiger", erzählt er. Wie viele Stunden der Sportsfreund in seiner Freizeit auf dem Platz verbracht habe, könne er nicht mehr zählen.
"Auf jeden Fall haben wir dreimal in der Woche für 90 Minuten Training gehabt", sagt er. Heute habe jeder Nachwuchsspieler viermal 90 Minuten Fußballtraining. Dazu müssen die Spieler Krafttraining und athletische Einheiten absolvieren. "Heute hat jedes Nachwuchstalent sogar die Möglichkeit, zu einem Psychologen zu gehen oder sich bei einem vereinseigenen Physiotherapeuten behandeln zu lassen", erzählt Philipkowski. Zu seiner Zeit als Nachwuchsspieler habe es das nicht gegeben. "Viele lassen sich schon beim kleinsten Wehwehchen massieren. Damals hat man weitergespielt und die Zähne zusammengebissen."
1985 wechselte der Profi zum 1. FC Nürnberg. Während eines Spiels sei er dem Club positiv aufgefallen. Am Schluss wechselten er und der Verein Telefonnummern. Die Clubelf habe ihn mehr gereizt als der Hamburger SV, der1. FC Saarbrücken oder Hannover 96, die ebenfalls bei ihm angefragt hatten. "In Nürnberg spielte ich in der ersten Bundsliga. Auch meine älteste Tochter Jessica kam in dieser Zeit auf die Welt. Das war schon eine sehr schöne Zeit." Insgesamt spielte er in 154 Erstligaspielen mit. Dabei schoss er 13 Tore. Nach sieben Jahren wechselte er zurück zum 1.FC St. Pauli. Dort arbeitete er schließlich als Trainer und Nachwuchschef.
"Es ist heutzutage nicht mehr so einfach, einen Job als Nachwuchschef zu bekommen", sagt er. Philipkowski ist einer von 36 Nachwuchschefs in ganz Deutschland, die für Erst- oder Zweitligavereine arbeiten. Auch eine Karriere als Profifußballer zu starten, sei für junge Spieler heutzutage sehr schwer. "Es wollen fast alle Hobbyspieler Profis werden. Aber nur zwei von Hundert schaffen es. Deshalb muss jeder Nachwuchsspieler bei uns eine Lehre machen oder die Schule erfolgreich beenden. Wir kontrollieren die Zeugnisse", sagt der Trainer. Zeige sich bei einem Spieler, dass seine Schulnoten schlechter werden, befreie der Verein ihn so lange vom Training, bis seine Leistungen besser werden. "Ich sage immer: 51 Prozent im Leben macht Schule aus, 49 Prozent sind Fußball", so Philipkowski.
Der Nachwuchschef arbeitet vor allem am Wochenende. "Entweder wir fahren zu Spielen mit der Mannschaft, oder ich sehe mir Spieler aus anderen Teams an", sagt er. Wenn er sich für einen jungen Fußballer interessiert, wird dieser zum Probetraining eingeladen. "Ist er gut, nehmen wir ihn. Vorausgesetzt natürlich, er will auch."
Seit 13 Jahren lebt er mit seiner Frau und zwei seiner drei Töchter in Bargteheide. "Meine älteste Tochter Jessica ist 27 Jahre alt. Michelle ist 13 und Viviann elf Jahre alt." Trotz 45 Minuten Anfahrtsweg zum Leistungszentrum St. Pauli ist Bargteheide für ihn der ideale Wohnort. "Es ist ruhig hier und von viel Grün umgeben. Meine Kinder wachsen behütet auf und spielen im Verein sogar Fußball", erzählt er. Der Fußballplatz in Bargteheide sei einer seiner Lieblingsplätze. "Die Anlage ist schön. Wann immer ich kann, sehe ich meinen Töchtern zu."
Der ehemalige Profifußballer, der auch "Piepel" genannt wird, arbeitet nun bereits im 21. Jahr bei St. Pauli. Zwischendurch hat er in Bremen und beim HSV die U 19 und U 23 Mannschaften trainiert. Philipkowski selbst schieße aber keine Bälle mehr über den Platz. "Mein Knie macht mir Probleme", sagt er. Andere Sportarten wie Golfen oder Tennis seien aber auch nicht sein Ding. "Ab und zu fahre ich Fahrrad und gehe mit unserem Hund spazieren", sagt er.
Auch wenn er die Leidenschaft zum Fußball nie verloren habe und viel Herzblut in seinen Job gesteckt habe, seien ihm doch andere Dinge wichtiger. "Familie und Gesundheit. Ich bin unglaublich stolz auf meine drei Töchter." Seit 2007 ist Philipkowski das zweite Mal verheiratet und lebt mit seiner Frau und ihren Eltern Tür an Tür. "Es klappt wunderbar", sagt er.
Auf die Frage, ob er im Nachhinein einen anderen Weg eingeschlagen hätte oder während seiner Karriere lieber eine andere Entscheidung hätte treffen sollen, antwortet er: "Nein. Ich würde alles noch mal ganz genauso machen. Einen anderen Beruf will ich nicht." Besondere Ziele für die Zukunft habe sich der ehemalige Profispieler nicht gesteckt. "Ich habe einen Sechs-Jahres-Vertrag bei Pauli. Vier Jahre sind bereits um. Zwei werde ich noch Trainer sein. Ich wünsche mir sehr, dass es auch danach für mich dort weitergeht und ich meine Erfahrungen an junge Spieler, die einen Traum haben, weitergeben kann."