24 Jahre alte Mutter setzt zwei Tage alten Säugling in einem Garten in Bad Oldesloe aus. Kripo ermittelt.

Bad Oldesloe. Es ist 18.07 Uhr, als Timo Griem über den Gartenzaun seiner Nachbarn greift und das grau-weiße Handtuch zurückschlägt. Darunter, im kniehoch wuchernden Gras, liegt ein Säugling. "Das Baby dort zu finden ist das Schlimmste, das mir je passiert ist", sagt der 22-Jährige. Aber das Kind lebt, seine Mutter hat den erst 48 Stunden alten Jungen kurz zuvor in dem Garten seiner Urgroßeltern versteckt.

Die Tat in dem Oldesloer Ortsteil Rethwischfeld ereignete sich bereits am Mittwoch. An dem Abend geht Manfred H. (Name geändert) mit seinem Urenkel, 3, und Pudel Anna auf einem an sein Grundstück angrenzenden Feldweg spazieren. Plötzlich läuft der Hund zum Gartenzaun, schlägt an. Als Manfred H. nachsehen will, hört er Babylaute.

Zu dem Zeitpunkt ahnt der 64-Jährige noch nicht, dass es sich bei dem ausgesetzten Säugling um seinen Urenkel handelt. Manfred H. ruft Nachbarssohn Timo Griem zu Hilfe, der das Kind, das in einen gestreiften Strampelanzug mit Teddybären gekleidet und frisch gewickelt ist, hochnimmt und zu seiner Mutter Rosi Griem bringt. "Der Kleine hatte etwas Schnupfen, war aber sonst wohlauf", sagt die 46 Jahre alte Hausfrau. Sie habe sofort die Polizei verständigt und sei dann mit dem Baby im Garten auf und ab gegangen, zur Beruhigung. "Es ist schrecklich, dass so etwas passiert", sagt Rosi Griem.

Auch ihrem Sohn Timo sitzt der Schrecken zwei Tage nach dem Fund noch in den Knochen. "Ich habe danach gezittert. Das Bild bleibt im Kopf", sagt der Zimmermann, der Moritz H. (Name geändert), den 26 Jahre alten mutmaßlichen Vater des Babys, aus Kindertagen kennt. Die Polizei identifizierte am Donnerstag Moritz H.s Freundin als Mutter des Säuglings, sie soll zuletzt in Lüneburg gewohnt haben.

Die 24-Jährige gab an, sie habe das Neugeborene in die Babyklappe eines Hamburger Krankenhauses legen wollen, dort seien dann aber viele Menschen gewesen, und sie habe sich beobachtet gefühlt. Deswegen habe sie sich entschlossen, weiter nach Bad Oldesloe zu ihrem Freund Moritz H. zu fahren. Im Garten von dessen Großeltern habe sie das Baby dann versteckt, um zu verhindern, dass Moritz H. es entdeckte. Dieser habe von der Schwangerschaft nichts gewusst.

"Im Ort wurde schon gemunkelt, dass Moritz' Freundin schwanger sein könnte", sagt Richard Czypoll, der gegenüber der Familie H. wohnt. Sicher habe man das wegen der kräftigen Statur der Frau jedoch nicht sagen können. Der 74-Jährige hat beobachtet, wie am Tag der Tat und danach immer wieder Polizeiwagen durch den kleinen Ortsteil gefahren sind. "Dass jemand einfach sein Baby aussetzt, hat mich schockiert", sagt Czypoll.

Das Kind befindet sich derzeit noch in der Uniklinik in Lübeck, es geht ihm nach Angaben des Jugendamtes in Bad Oldesloe gut. "Der Gesundheitszustand des Säuglings ist stabil", sagt Gerald Wunderlich, Leiter des Fachdienstes Soziale Dienste beim Kreis Stormarn.

Alle Kinder sind von Geburt an Grundrechtsträger und brauchen gesetzliche Vertreter. Vormund des in Rethwischfeld ausgesetzten Säuglings ist zurzeit das Jugendamt. Es hat dem Jungen den vorläufigen Namen Bennet gegeben. Der Junge soll Mitte kommender Woche aus dem Krankenhaus entlassen werden.

Für die Zeit nach der Entlassung aus der Klinik steht eine Bereitschaftspflegestelle bereit. Eine solche Pflegefamilie zeichnet sich dadurch aus, dass mindestens ein Elternteil über eine pädagogische oder psychologische Qualifikation verfügt oder langjährige Erfahrung im Umgang mit Kindern hat. "Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Pflegeeltern keine zu enge Bindung zu dem Kind aufbauen", sagt Gerald Wunderlich. Denn Bereitschaftspflegestellen dürfen Kinder nur für eine Dauer von maximal einem viertel Jahr aufnehmen.

Wie es nun mit Bennet weitergeht, ob er in einer Pflegefamilie leben wird oder bei seinen Eltern, ist noch unklar. "Wir führen Gespräche mit der Mutter und mit dem Vater", sagt Wunderlich. Das Oldesloer Jugendamt kooperiert in dieser Sache mit einem Jugendamt in Niedersachsen, weil die Mutter des Säuglings dort ihren Lebensmittelpunkt hat. Zwar sei es generell nicht gut, wenn ein Baby in den ersten Tagen seines Lebens von der Mutter getrennt wird, sagt Wunderlich. Das müsse aber kein Grund für eine dauerhafte Schädigung der Bindung sein. "Das kann noch nachgeholt werden", sagt Gerald Wunderlich.

Die Mutter des Säuglings, die angegeben hatte, Bennet allein zu Hause zur Welt gebracht zu haben, ist mittlerweile ärztlich versorgt worden. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts der Aussetzung gegen die 24-Jährige.