Stormarner Firmen bewerten ihre Auftragslage positiv. Doch Fachkräfte und schnelle Internetleitungen fehlen
Reinbek. Wenn sich Wirtschaftsbosse treffen, ist selbst bei schönstem Sonnenschein ein Kaminzimmer passender als ein Biergarten. Und deshalb hat der Verband der Südholsteinischen Wirtschaft (VSW) ins Schloss Reinbek geladen, um die Ergebnisse seiner Konjunkturumfrage zu präsentieren - bei kaltem Kamin. "Eigentlich kann ich sagen: Alles ist gut", sagt Michael Voigt, der Vorsitzende des VSW und Geschäftsführer des Hela-Gewürzwerks.
Im Zuge der halbjährlichen Umfrage hat der VSW seinen 330 Mitgliedsunternehmen Fragebogen geschickt, geantwortet haben etwa 30 Prozent. Unter anderem wurde nach der Auftragslage, den Investitionen und der Personalentwicklung gefragt. "Wir waren neugierig, wie sich die Wirtschaft hier verhält", sagt Voigt. "Und es hat sich kaum etwas verschlechtert. Wir erwarten eher eine weitere Verbesserung der Auftragslage."
80 Prozent bewerten ihre Auftragslage als besser oder gleich bleibend
Dieses sei besonders erfreulich, weil der Internationale Währungsfonds (IWF) Anfang Juni seine Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland für das Jahr 2013 von 0,6 auf 0,3 Prozent korrigiert hatte.
Von den Firmen, die im VSW organisiert sind, bewerten knapp 80 Prozent bei der Umfrage ihre Auftragssituation als besser oder gleichbleibend. Damit liegt nach Angaben des VSW die Bewertung zur Auftragslage auf dem gleichen Niveau wie zur Umfrage Ende 2012. "Auch für die Zukunft geht eine vergleichbare Anzahl der Unternehmen noch von einer Verbesserung oder gleichbleibenden Auftragseingängen aus. Dies bedeutet eine Verbesserung der Erwartungshaltung um fünf Prozentpunkte", sagt Voigt.
Das Investitionsvolumen wollen etwa 30 Prozent der Firmen in den kommenden sechs Monaten erhöhen, 60 Prozent wollen es auf gleichem Niveau halten. Weniger als 15 Prozent der Betriebe werden die Investitionen verringern. "Gegenüber der Winterumfrage ist auch hier eine Verbesserung der zukünftigen Entwicklung um fünf Prozentpunkte festzustellen", sagt Nicole Marquardsen, die Hauptgeschäftsführerin des VSW.
In der Umfrage wurden die Unternehmen erstmals auch zum Thema Breitbandversorgung befragt, also zu der Schaffung von schnellen Internetleitungen durch die Verlegung von Glasfaserkabeln. "45 Prozent halten die Geschwindigkeit der Datenübertragung für nicht schnell genug", sagt Marquardsen. Noch immer seien mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen nicht an das Glasfasernetz angeschlossen. "Die Situation ist in den Kommunen sehr unterschiedlich. In Barsbüttel etwa gibt es derzeit keine Versorgung, in Glinde und Reinbek zum großen Teil schon, aber in der Humboldtstraße nicht - und dort sitzen viele Firmen. Ahrensburg ist zum Teil versorgt, der Bürgermeister, Michael Sarach hat bei einem Treffen gesagt, er sehe die Glasfaserversorgung als seine Aufgabe an. Andere sagen, sie könnten das Geld nicht aufbringen", sagt Marquardsen. Gewährleistet werden muss nur die Grundversorgung mit Kupferkabeln. Michael Voigt: "Das kann Unternehmen bremsen."
Viele Unternehmen können offene Stellen nicht besetzen
Ebenso bremsen kann der Fachkräftemangel. Zwar wollen 24 Prozent der Unternehmer in den kommenden sechs Monaten Mitarbeiter einstellen. Aber etwa 30 Prozent gaben an, freie Stellen und Ausbildungsplätze nicht besetzen zu können. Einer von ihnen ist Oliver Franke. Er ist Geschäftsführer der Franke + Pahl Ingenieursgesellschaft. "Die hiesige Industrie funktioniert sehr gut, unser größtes Thema ist der Fachkräftemangel. Wir könnten noch 30 oder 40 Mitarbeiter einstellen, es gibt aber kaum Bewerbungen." Seine Firma habe deshalb schon Aufträge ablehnen oder verschieben müssen, wie nach Angaben des VSW viele andere Firmen auch. Oliver Franke sucht besonders Schweißer, Mechatroniker und Zerspanungsmechaniker. "Um die Fachkräfteproblematik zu lösen, werden wir jetzt in einem Pilotprojekt fünf Spanier zu Tischlern ausbilden. Auch als Schweißer sind Kräfte aus dem europäischen Ausland denkbar. Das ist zwar noch keine Lösung im großen Stil, aber ein Anfang."