Weil immer weniger gedruckt wird, setzt das Reinbeker Unternehmen E. Michaelis & Co. verstärkt auf den boomenden Internetversandhandel.
Reinbek. Die Zeitungsauflagen sinken, und auch die Zahl der Werbe- und Informationsbroschüren geht zurück. Das Internet hat nicht nur einen Strukturwandel in der Medienlandschaft ausgelöst. Auch der Papierhandel schwächelt und kämpft mit einer ständig sinkenden Nachfrage. Papier ist durch die zunehmende Digitalisierung zu einem schwierigen Geschäft geworden.
Das weiß auch Ralph Kamenz, geschäftsführender Gesellschafter beim Papierhändler E. Michaelis & Co. in Reinbek. "Seit etwa fünf Jahren reduziert sich das Papiervolumen in Deutschland jährlich um etwa fünf Prozent", sagt Kamenz, "die Menschen nutzen zunehmend mehr digitale und elektronische Medien, um sich zu informieren." Seit 2007 sei die Zahl der Druckereien von 14 000 auf 9500 zurückgegangen. "Ein deutliches Zeichen, wie schwierig der Papiermarkt geworden ist", sagt Kamenz.
Um den Anschluss nicht zu verpassen, hat das Unternehmen bereits vor drei Jahren seine Produktpalette nochmals erweitert - auf den Geschäftsbereich Packaging. Seit Ende 2009 werden in Kiel Well- und Vollpappen zu Kartonagen verarbeitet - Michaelis wurde vom reinen Papiergroßhändler auch zum Produzenten. Versandkartons in allen Größen und Formen, Kisten und Schachteln zum Falten und Aufrichten werden nach Kundenwunsch angefertigt und bedruckt.
Das Unternehmen kann fast jeden Wunsch erfüllen. "Für die Produkte unserer Kunden werden passgenaue Verpackungen in der eigenen Entwicklungsabteilung kreiert und anschließend angefertigt", sagt Ricardo Normann, Marketingleiter bei Michaelis.
Den Packaging-Bereich will das Unternehmen in den kommenden Jahren ausbauen. Denn Michaelis will auf einen fahrenden Zug aufspringen - den Internetversandhandel. "Ein Markt, der jährlich um fünf Prozent wächst", sagt Ralph Kamenz, "Unternehmen wie Amazon und Zalando verzeichnen immer mehr Bestellungen. Das wollen wir nutzen."
Der Papiergroßhändler mit Hauptsitz in Reinbek erhofft sich, den Umsatz im dreistelligen Millionenbereich trotz sinkender Papiernachfrage halten zu können. "Der Rückgang im reinen Papierhandel konnte so bereits ausgeglichen werden", sagt Geschäftsführer Tom Schumacher. 35 Mitarbeiter seien mittlerweile in dem noch jungen Bereich beschäftigt - Tendenz steigend.
Der Firmensitz im Reinbeker Gewerbegebiet Haidland könnte schon in naher Zukunft wachsen. Denn das Grundstück, auf dem sich die Unternehmenszentrale mit angeschlossenem Logistikzentrum erst 2008 niederließ, wird nicht ausreichen. Schon im vergangenen Jahr gab es daher Gespräche mit der Stadt Reinbek und der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS). Michaelis will für einen Anbau anliegende Flächen erwerben.
Den Startschuss für die in Reinbek nicht unumstrittene Erweiterung des Gewerbegebietes in Richtung Schönningstedt gab die Politik Anfang September. Wie groß der Anbau an das Logistikzentrum werden wird, stehe noch nicht fest, sagt Kamenz.
Klar sei aber, dass unter anderem in den Bereich Packaging weiter investiert werden solle. "Das ist ein Projekt für die zweite Hälfte des Jahrzehnts", sagt Kamenz. Es sei wichtig, jetzt Freiräume zu schaffen, um in die Zukunft zu denken. Mittlerweile bildet Michaelis auf dem Gebiet Packaging auch aus. Relativ neu ist die Ausbildung zum Packmitteltechnologen im Unternehmen. "Diese Mitarbeiter sind überall am Markt heiß begehrt", sagt Ricardo Normann.
Um für die Zukunft und für den sich immer stärker abzeichnenden Fachkräftemangel gewappnet zu sein, setze Michaelis auf das Know-how der eigenen Mitarbeiter. Ebenso wichtig sei daher auch die Weiterbildung. "Uns erwarten viele Veränderungen, mit denen wir umgehen müssen - das ist eine tägliche Herausforderung", sagt Schumacher. So haben viele Kollegen, die noch vor einigen Jahren lediglich für den Papierverkauf zuständig waren, heute zusätzliche Aufgaben.
Seit zwei Jahren bildet Michaelis auch zum IT-Systemkaufmann aus. Denn die Mitarbeiter sollen auch Investitionsgüter, die dazugehörige Software und Serviceleistungen vertreiben. "Wir brauchen hoch qualifizierte Kollegen mit Verständnis und Know-how für Technik auf der einen Seite und dem Gefühl dafür, was Kunden wollen, auf der anderen Seite", sagt Normann.
Heute beschäftigt das Unternehmen in Reinbek, Kiel und Berlin rund 260 Mitarbeiter, darunter etwa 40 Prozent Frauen. Michaelis beliefert Druckereien, Verlage, Verwaltungen und Verarbeiter. "In letzter Zeit konnten wir gerade im Industriebereich eine dreistellige Anzahl an Neukunden dazugewinnen", sagt Ricardo Normann. Angeboten werden Druckfarben, Digitaldruckmaschinen, Softwarelösungen, Folien und Banner für das Großformat, auch Platten aus PVC oder Aluminiumverbund - und natürlich Papier in allen Variationen.
Noch immer werden täglich 500 Tonnen Papier bei Michaelis umgeschlagen. Geschäftsführer Tom Schumacher ist sich sicher, dass Menschen niemals ganz auf Papier verzichten werden. "Es werden wesentlich weniger Bücher gedruckt werden, auch der Druck von Tageszeitungen wird weiter zurückgehen. Aber es wird nach wie vor Bücher und Zeitungen geben, genauso wie es immer Menschen geben wird, die Briefe und nicht nur E-Mails schreiben."