Neue Serie: Jeden Sonnabend stellen wir einen Verein und dessen Mitglieder vor. Heute: Die Turn- und Sportvereinigung Reinbek.

Stormarn. Montags war Mannschaftsbesprechung. Dann ging es bei den Reinbeker Handballern um Training, Technik, Taktik - in reiner Männerrunde. Doch Anfang der 1960er-Jahre änderte sich das. Auf einmal kam ein "fesches Mädel" zur Tür herein, erinnert sich Uwe Plog. "Die wollte Handball spielen - und wir mussten zugeben: Damen gibt's hier nicht" sagt der heutige Ehrensvorsitzende der Turn- und Sportvereinigung Reinbek, der mit der Handballabteilung seines Vereins Höhen und Tiefen erlebt hat.

Mittlerweile sind viele Damen unter den Mitgliedern der TSV. Knapp 4000 Sportler engagieren sich in mehr als 20 Abteilungen, auch ein Weltmeister ist dabei: Günter Schmolke gewann schon zehn Goldmedaillen im Gewichtheben. Den Vorsitz über den 1892 gegründeten Verein hat Christian Schröder, Geschäftsführer ist Rüdiger Höhne.

+++ Der Verein in Zahlen +++

Der Ehrenvorsitzende Uwe Plog gewann 1975 mit dem Altherren-Team den Hamburger Meistertitel. "Dass wir in der Senioren-Klasse gespielt haben, haben wir damals aber verschwiegen", sagt Plog, der wenig später in der Reinbeker Halle gegen den HSV spielte. Der Hamburger Verein schickte zwar nicht seine stärkste Mannschaft, gewann aber trotzdem "haushoch". Dennoch: "Wir hatten viel Spaß", sagt Plog.

Aktuelles: Uwe-Plog-Halle wird endlich saniert

Seit 1956 ist Uwe Plog Mitglied der TSV Reinbek. 32 Jahre lang war er Vorsitzender des Vereins. Wegen seines Engagements wurde 2002 die Sporthalle nach ihm benannt. In der 1975 erbauten Uwe-Plog-Halle trainieren die Sparten noch heute. In den vergangenen Jahren jedoch musste der Spielbetrieb während der Wintermonate mehrfach unterbrochen werden - wegen Einsturzgefahr. Das soll sich jetzt ändern. Seit Anfang Juli wird das Dach der Halle saniert, Mitte November sollen die Arbeiten abgeschlossen sein - ein Erfolg, für den der Verein lange gekämpft hat.

+++ Das besondere Ereignis +++

Außerdem verfügt der Verein über eine Mehrzweckhalle mit vier Sälen. "Dort trainieren vor allem Tänzer und Kampfsportler", sagt Elke Schliewen, die bei der TSV Reinbek für die Pressearbeit verantwortlich ist und außerdem als Leistungsturn-Trainerin fungiert.

Erfolg: Die Kampfsportabteilung hat sich etabliert

Die große Kampfsportabteilung mit rund 300 Mitglieder sieht der Verein als einen seiner Schwerpunkte. Alles begann 1962, als einige Sportler im Gasthof Zur Schmiede die Judo-Abteilung gründeten. Zu diesem Zeitpunkt war der Sport nur wenig bekannt, doch die "Ringer im Schlafanzug", wie die Judoka damals noch scherzhaft genannt wurden, bewährten sich. "Sie gaben Vorführungen im Kaffeehaus Nagel und bei Festen. So fand Judo immer größere Beliebtheit ", erinnert sich Uwe Plog. Die Abteilung weitete sich aus, neue Kampfsportarten kamen hinzu. 1979 wurde die Aikido-Sparte gegründet, zehn Jahre später kam die Karate-Abteilung hinzu, die heute von dem ehemaligen Europa-Meister Timo Stieger-Fleischer geleitet wird. Heute bietet die TSV Reinbek zudem Iaido, Ju-Jutsu, Kung Fu und Tai Chi an.

Niederlage: Nicht mehr "Hochburg des Gewichthebens"

Doch nicht alle der früheren Vorzeige-Abteilungen konnten sich so gut halten wie die Kampfkunst. Eine "Hochburg des Gewichthebens" sei Reinbek früher gewesen, sagt Uwe Plog. Zwei Hamburger Schwerathleten hatten im Jahr 1965 dafür gesorgt, dass die TSV Gewichtheben anbot. "Um 1970 traten unsere Gewichtheber sogar in der zweiten Bundesliga an. Damals füllten die Zuschauer die Hallen", erinnert sich der Ehrenvorsitzende.

Heute gibt es immer noch Aktive: die Trainer Willi Quast und Günter Schmolke nehmen regelmäßig an Europa- und Weltmeisterschaften teil. Mit Erfolg: Der zehnfache Weltmeister Schmolke wurde 2005 zudem in die Hall of Fame der Gewichtheber aufgenommen. Beide sind jedoch bereits über 70, Nachwuchssportler gibt es nur wenige. "Dafür fehlen heute die Leitfiguren", vermutet Uwe Plog.

Sportler: Erfolgreiche Schwimmer und Leichtathleten

In den anderen Sparten sieht es besser aus. Malte Wulf holte 2011 den zweifachen Landesmeistertitel im Schwimmen. Der 17-Jährige trainiert seit einiger Zeit am Olympiastützpunkt in Hamburg, startet aber weiterhin für die TSV Reinbek. Zurzeit macht außerdem der Läufer Andreas Lange auf sich aufmerksam. Der 21-Jährige trainiert bei der LG Reinbek-Ohe, einer Fusion der Leichtathletikabteilungen der Vereine TSV Reinbek und FC Voran Ohe, und wurde unlängst deutscher Juniorenmeister über 800 Meter.

Weniger erfolgreich verlief das Jahr für die Fußballer. Zum Ende der Saison verließen fast alle Spieler den Bezirksligisten. Viele von ihnen kehrten zu ihrem Stammverein zurück. Der Aufbau eines neuen Teams gestaltet sich schwierig. In der ersten Runde des Oddset-Pokals hatten die Reinbeker vor kurzem die VSG Stapelfeld mit 2:1 besiegt. Doch das Ergebnis wandelte der Hamburger Fußball-Verband nach Protesten in einen 3:0-Sieg für Stapelfeld um, weil fünf der Reinbeker Spieler noch nicht spielberechtigt waren.

Engagement: Verein kooperiert mit Schulen und macht Musik

Doch der Spaß am Sport ist sowieso am wichtigsten, sagt Elke Schliewen. "Uns geht es darum, dass jeder Sport machen kann, nicht nur eine Elite." Der Verein engagiere sich über den Sportbetrieb hinaus. "Wir stecken Herzblut in unsere Arbeit." Kooperationen mit Schulen, Kindergärten und Seniorenanlagen seien verstärkt worden. "Wir sind im gesellschaftlichen Leben der Stadt tief verwurzelt", sagt Plog, und scherzt: "Wir spielen hier mit."

Eine bedeutende Rolle in Reinbek hat auch der Spielmannszug der TSV. "Der Alt-Spielmannszug Sachsenwald ist sehr renommiert und permanent ausgebucht", sagt Elke Schliewen. Dabei würden auch "flotte Stücke" gespielt, betont Uwe Plog. Während des Ersten Weltkriegs löste sich die Gruppe, die sich 1912 unter dem Namen "Trommler- und Pfeiferkorps" gegründet hatte, auf, während des Zweiten Weltkrieges wurde sie verboten. Erst 1957 hatte der Spielmannszug wieder seinen ersten richtigen Auftritt.

Doch auch über die Musik war man sich nicht immer einig. "Irgendwann waren Trommel und Flöte nicht mehr in", sagt Plog. Eine Mehrheit sei dafür gewesen, das Korps müsse moderner werden. Die Abteilung trennte sich und ein Vereinsorchester entstand. "Doch das Geld für Instrumente fehlte", sagt Plog. Die Gruppe fand schließlich wieder zusammen, der Name Alt-Spielmannszug etablierte sich. Heute hat die Abteilung rund 30 Mitglieder unterschiedlichen Alters. "Es sind Kinder dabei, aber auch eine Flötistin, die schon über 80 ist", sagt Elke Schliewen.

Uwe Plog ist damit nicht der einzige, der zum Urgestein der TSV Reinbek gehört, und sich gern an die vergangene Zeiten erinnert - vor allem an die Feste. "Über Jahrzehnte haben wir Kostümbälle und Maskeraden in Aumühle und auch im Kaffeehaus Nagel gefeiert", sagt der ehemalige Vorsitzende. "Die Karten gingen reißend weg."

Ausblick: Die TSV Reinbek feiert in diesem Jahr 50 Jahre Stadion

Die Maskenbälle, an die der Ehrenvorsitzende so gute Erinnerungen hat, gibt es heute nicht mehr. Dennoch feiert die TSV Reinbek auch in diesem Sommer wieder ein großes Fest. Am 16. September steigt auf dem Sportgelände das Sportfest mit Vorführungen, Spielen und Olympia für Kinder. In diesem Jahr gibt es einen besonderen Zusatz: Im August vor 50 Jahren wurden das Stadion eingeweiht. "Auch dieses Jubiläum wollen wir gebührend feiern", sagt Elke Schliewen, und verspricht: "Das Fest wird bunt und groß."

Alle Folgen der Serie finden Sie unter www.abendblatt.de/meinverein