Das Millionengeschäft ist unter Dach und Fach. E.on verliert die gesamte Region Südstormarn
Reinbek. "Zähe Verhandlungen, die mit harten Bandagen geführt wurden": So beschreibt Thomas Kanitz, der Geschäftsführer des E-Werks Sachsenwald, die Gespräche der letzten Monate. Doch nun sind die Verträge unterschrieben: Das E-Werk hat der E.on-Tochter SH Netz AG die Stromnetze in Barsbüttel, Glinde, Oststeinbek und Wohltorf abgekauft. Zusammen mit Reinbek, dem Standort des E-Werks, entsteht nun ein Versorgungsraum mit nahezu 77 000 Einwohnern. Welchen Preis das Reinbeker Unternehmen dafür zahlen musste, bleibt Geheimsache. "Wir haben natürlich Vertraulichkeit vereinbart", sagt Geschäftsführer Thomas Kanitz. Für die Stromkunden ändert sich durch den Besitzerwechsel nichts.
Bekannt ist, dass sich der Energieriese E.on lange dagegen gesträubt hat, das Stromnetz im wirtschaftlich attraktiven Hamburger Speckgürtel zu verlieren. Zwischendurch wurde seitens des Verkäufers sogar angezweifelt, ob das E-Werk finanziell in der Lage ist, das Millionengeschäft zu stemmen.
Den Verhandlungen waren Debatten auf kommunaler Ebene vorangegangen. Jede Stadt, jede Gemeinde kann entscheiden, mit wem sie sogenannte Wegenutzungsverträge abschließt - wem es also erlaubt ist, Leitungen ins Erdreich zu verlegen. Diese Vereinbarungen werden auf 20 Jahre geschlossen, und in Glinde, Barsbüttel, Oststeinbek und Wohltorf musste nahezu zeitgleich über neue Konzessionen verhandelt werden. E.on bewarb sich erneut, zog aber den Kürzeren.
Die alten Verträge stammen noch aus Schleswag-Zeiten, und seitdem hat sich auf dem Strommarkt einiges getan. Und dort wollen die Kommunen nun mitmischen. Denn sie sind schon oder werden noch Miteigentümer des E-Werks, profitieren also von den Gewinnen, die das Unternehmen erzielt. Thomas Kanitz, der Geschäftsführer, rechnet für dieses Jahr mit einem Netto-Umsatz von rund 35 Millionen Euro. Netto heißt in diesem Fall: ohne Strom- und Erdgassteuer.
Der Zukauf führt zu einer Verdoppelung des E-Werk-Stromnetzes. Bislang war es 465 Kilometer lang, in Zukunft werden es 928 Kilometer sein. Um dieses Netz in Schuss zu halten, wird Kanitz "mehrere Elektromonteure" einstellen. Zunächst muss aber die "Netzentflechtung" vollzogen werden. Das heißt: Die E-Werk-Stromleitungen müssen von denen der E.on in der Nachbarregion entkoppelt werden.
Der faktische Besitzerwechsel soll in der Nacht zum 1. März vollzogen werden. Dabei kann es möglicherweise zu einem Stromausfall von wenigen Minuten kommen. Kanitz empfiehlt, in jener Nacht vorsichtshalber einen Wecker zu verwenden, der nicht ans Stromnetz angeschlossen ist. Ansonsten werden die Südstormarner von dem Besitzerwechsel nichts mitbekommen. Ihre Verträge mit den Stromlieferanten haben Bestand und werden vom Netzverkauf nicht berührt.
Tatsache ist allerdings, dass das E-Werk Sachsenwald für die Stromdurchleitung ein geringeres Entgelt verlangen wird als die SH Netz AG. Wie hoch dieses Entgelt ist, muss die Bundesnetzagentur noch entscheiden. Da die Durchleitungskosten natürlich Bestandteil des Strompreises sind, könnte er sinken. Sicher ist das allerdings nicht. Denn jede normale Preisanhebung der Stromlieferanten macht diesen Effekt wieder zunichte.