Krankenversicherer bereiten sich auf Ausgabe der Gesundheitskarte vor. AOK Nordwest baut in Ahrensburg einen Fotoautomaten auf.
Ahrensburg. Die Krankenkassen bereiten sich auf die Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte vor. Bis Ende 2013 soll jeder gesetzlich Krankenversicherte im Besitz des neuen Dokuments sein, die ersten von ihnen schon spätestens am 31. Dezember dieses Jahres. Bis zu diesem Stichtag zehn Prozent der Kunden mit der Nachfolgerin der Versichertenkarte auszustatten, ist die Vorgabe an die Kassen.
Und die gehen sehr unterschiedlich vor, um dieses Ziel zu erreichen. Die AOK Nordwest setzt auf eine flächendeckende Verteilung. Allein für die Ahrensburger Niederlassung bedeutet das: 6000 Gesundheitskarten müssen binnen der kommenden zwei Monate unter die Versicherten gebracht werden. Wer Kunde der DAK ist, sieht sich mit dem Thema hingegen noch nicht konfrontiert. "In Schleswig-Holstein und Hamburg sind wir noch nicht so weit", sagt Hans-Werner Harmuth, Geschäftsstellenleiter für Stormarn. Erst im Laufe des kommenden Jahres werde die Kasse mit der Umstellung beginnen. Zurzeit statte die DAK ausschließlich Versicherte in Nordrhein-Westfalen mit der Gesundheitskarte aus. Ganz anders die IKK Nord: "Wir beginnen in Schleswig-Holstein und führen sie dann nach und nach für alle Versicherten ein", sagt Vorstand Ralf Hermes.
Die Kunden sind bei der Umstellung gefragt, denn ohne ihre Mithilfe geht es nicht. Auf der Vorderseite der neuen Gesundheitskarte prangt ein Passfoto des Besitzers - die rein äußerlich größte Neuerung. "Dadurch soll der Kartenmissbrauch eingedämmt werden", sagt Jens Bojens, Niederlassungsleiter der AOK Nordwest in Ahrensburg. Er skizziert einen theoretischen Fall: "Ein Mensch, der nicht krankenversichert ist, besorgt sich eine Versichertenkarte und nimmt damit beim Arzt Leistungen in Anspruch." Das könne funktionieren, weil in den Arztpraxen nahezu nie die Ausweise der Patienten überprüft würden. Und dem rechtmäßigen Besitzer einer Versichertenkarte falle so ein Missbrauch selten auf. "Er erfährt ja in aller Regel nicht, welche Leistungen für seine Person abgerechnet werden", sagt Bojens. Mit dem Passfoto werde nahezu ausgeschlossen, dass eine Arztbehandlung mit geliehener Versichertenkarte möglich ist.
Wie hoch der Schaden durch Kartenmissbrauch ist, vermögen die Krankenkassen nicht zu beziffern. Gunar Schlage, Regionaldirektor für den Süden Schleswig-Holsteins, sagt: "Wir gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. Daher kommt sicherlich auch der Ansatz aus der Politik."
Der Schutz vor Missbrauch ist zunächst alles, was die neue von der alten Versichertenkarte unterscheidet. Das wird sich langfristig ändern. Auf dem Chip können Daten gespeichert werden, die in einem Notfall Rettungskräften wichtige Informationen über den Patienten liefern. Seine Blutgruppe zum Beispiel. Außerdem soll der Chip auf lange Sicht die Eintrittskarte in eine neue Ära der Telemedizin sein, ein Zugang zu allen medizinischen Daten, die über einen Patienten existieren. "Es wird aber noch fünf, sechs Jahre dauern, bis diese Funktionen spruchreif werden", sagt AOK-Regionaldirektor Schlage.
Wird der Versicherte dann zum gläsernen Patienten? Schleswig-Holsteins Datenschützer Thilo Weichert glaubt nicht daran. Er sieht der Einführung der Gesundheitskarte gelassen entgegen. "Die Einführung ist von langer Hand vorbereitet worden. Sie ist sehr datenschutzfreundlich", sagt er. Vor allem deshalb, weil sehr präzise geregelt sei, wie mit neuen Funktionalitäten umzugehen ist. Gunar Schlage von der AOK sagt: "Der Versicherte wird selbst entscheiden, wer auf welche Daten zugreifen darf."
Schon heute erfordert die neue Gesundheitskarte auch neue Lesegeräte in den Arztpraxen. "So lange nicht alle damit ausgestattet sind, müssen die Versicherten die neue und die alte Karte bei sich führen", sagt AOK-Niederlassungsleiter Jens Bojens. Nach den Worten von Jakob Wilder, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein, verfügen zurzeit etwa 80 Prozent aller Praxen im Land über die neue Technik.
Die AOK hat unterdessen in ihrer Ahrensburger Geschäftsstelle einen Terminal aufgebaut, an dem sich Versicherte selbst kostenlos fotografieren lassen und ihre neue Karte gleich unterschreiben können.