Vorletzter Platz im Ländervergleich - aber die Schulqualität ist nicht schlecht
Ahrensburg. Schleswig-Holstein ist sitzen geblieben. Das ist das Ergebnis des aktuellen Bildungsmonitors - einer Studie, die die Qualität der Bildung in den einzelnen Bundesländern miteinander vergleicht. Danach ist Schleswig-Holstein abgerutscht - von Rang 12 im vergangenen Jahr auf Rang 15 in diesem Jahr. Vorletzter! Nur Berlin steht noch schlechter da.
Auftraggeber der Studie ist die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft", eine im Wesentlichen von Arbeitgeberverbänden getragene Organisation. Sie hat Bildung in 13 Handlungsfelder zusammengefasst. Aus diesen Einzelbewertungen entsteht eine Gesamtnote.
Anders als die PISA-Studien, die ausschließlich Schulen untersuchen, geht es beim Bildungsmonitor zum Beispiel auch um die Universitäten, um Ausbildungsstellenquoten und um Gruppengrößen in Kindergärten. Ein weites Feld also, und die Ergebnisse für Schleswig-Holstein sind nicht überall so negativ wie der vorletzte Platz im Gesamtranking.
Beim Kern aller Bildung, bei der Schulqualität, liegt das Land im guten Mittelfeld: Platz 7. Hier haben die Gutachter einfach Pisa- und andere Studien ausgewertet.
Das Schulsystem ist also im Großen und Ganzen in Ordnung. Aber es produziert zu wenig Abiturienten. Die Studienberechtigtenquote liegt unter dem Bundesdurchschnitt. Auch die Zahl der Studienabsolventen ist sehr niedrig. Im Handlungsfeld "Akademisierung" rangiert Schleswig-Holstein deshalb auf dem letzten Platz. Ebenso im Handlungsfeld "Internationalisierung". Dort fasst der Bildungsmonitor zum Beispiel zusammen, wie viele "Bildungsausländer" im Land studieren und wie viele internationale Kooperationen die Hochschulen eingegangen sind.
Schlecht abgeschnitten hat Schleswig-Holstein auch im Bereich Ganztagsbetreuung. Nur für 16 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen standen Betreuungsplätze bereit, der Bundesschnitt beträgt rund 32 Prozent. Auch die Zahl der Ganztagsschulen liegt weiterhin unter dem Bundesschnitt. Und schließlich ist auch das Zahlenverhältnis zwischen Lehrern und Schülern ungünstiger als in anderen Bundesländern. Bei den Grundschulen liegt Schleswig-Holstein da nur auf Platz 11.
Aber es gibt auch Positives. Nur wenige Schüler werden hierzulande verspätet eingeschult, nur wenige müssen Klassen wiederholen. "Zeiteffizienz" nennt der Bildungsmonitor dieses Handlungsfeld - und drückt damit aus, dass es wünschenswert sei, das Bildungssystem rasch zu durchlaufen.
Die schlechte Platzierung Schleswig-Holsteins hat ein unterschiedliches Echo gefunden. Der Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) hat sich nicht dazu geäußert. Sein Pressesprecher Thomas Schunck sagt, die Studie arbeite mit Zahlen, die teilweise aus dem Jahr 2009 stammten. "Nähme man heutige Zahlen, sähe das Ergebnis in einigen Bereichen deutlich besser aus." Bei der Ganztagsbetreuung sei viel geschehen, ebenso bei der Lehrerversorgung. "Laut Bildungsmonitor liegt die Zahl der Lehrer unter dem Durchschnitt, aber das war in der Zeit der alten Regierung so - aus ideologischen Gründen", sagt Schunck. "Minister Klug hat das längst korrigiert."
Hartmut Johann, der Leiter der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule in Barsbüttel, findet, dass die Ganztagsbetreuung immer noch unzureichend ist. Seit Anfang 2010 bietet er nachmittags Kurse an. Viele Schüler machen mit - in den Klassen fünf bis zehn sind es fast 50 Prozent. Noch besser fände er, wenn er aus diesem freiwilligen Angebot ein verpflichtendes machen könnte - eine "gebundene Ganztagsschule", wie die Fachleute sagen. "In Frankreich sind die Leute irritiert, wenn man ihnen sagt, dass man sich nachmittags um die Kinder kümmern muss", sagt Johann. "Die fragen: 'Sind die nicht in der Schule?'. Nachmittagsunterricht ist dort seit langem selbstverständlich. Ich finde es wirklich beschämend, dass ein so reiches Land wie Deutschland das nicht auch hinbekommt."
Hedda Bluschke (FDP), die Vorsitzende des Kreisschulausschusses, sagt, das Gutachten trage dazu bei, Bildungspolitik wieder stärker in den Fokus zu rücken. "Es ist richtig, dass wir bei der Ganztagsbetreuung noch mehr machen müssen", sagt sie. "Es gibt hier mancherorts doch noch recht traditionelle Vorstellungen von Familie. Und dazu gehört dann auch, dass die Frau zu Hause bleibt und für die Kinder da ist."
Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, will sich nicht näher mit der Studie befassen. "Sie ist für mich nicht wirklich relevant", sagt er. "Für die Initiatoren steht im Vordergrund, ob die Ergebnisse von Bildung wirtschaftlich verwertbar sind. Deshalb ist der Bildungsmonitor nur bedingt aussagekräftig."