Vermisstes Mädchen aus Reinfeld hat möglicherweise freiwillig im Bordell gearbeitet

Reinfeld. Die Polizei hat Sabrina erneut aus den Fängen ihres mutmaßlichen "Loverboys" befreit und das 15-jährige Mädchen an das Jugendamt übergeben. Die Beamten gehen davon aus, dass die Jugendliche aus Reinfeld nicht zur Prostitution gezwungen wurde, sondern aus freien Stücken ihre Liebesdienste anbot. Wie berichtet, war Sabrina (Name geändert) Mitte Mai spurlos verschwunden. Anfang August befreiten Polizisten das Mädchen aus einem heimlichen Bordell in Hannover. Ihre Mutter holte sie ab und brachte sie in die Kinder- und Jugendpsychiatrie nach Lübeck. Doch noch am selben Abend flüchtete die 15-Jährige aus der Klinik.

Am Donnerstagabend, acht Tage später, fand die Polizei Sabrina erneut in einer Wohnung in der Niedersächsischen Landeshauptstadt. Sabrina wohnte dort offenbar seit Mai mit ihrem Freund, 21. Beide hatten sich im Internet kennengelernt. Ermittlungen der Polizei ergaben, dass der 21-Jährige Sabrina an einen Zuhälter vermittelte. Dem 46-Jährige gehört eine sogenannte Modellwohnung, in der Prostituierte anschaffen. Freier können die Mädchen via Internet buchen. Gegen den Wohnungseigentümer, der laut Polizei im Rotlichtmilieu bekannt ist und den 21-Jährigen leiteten die Ermittler des Fachkommissariats "Milieu" Verfahren wegen der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger und Ausbeutung von Prostituierten ein.

Weil die Polizei bisher davon ausgeht, dass Sabrina freiwillig der Prostitution nachging, spricht sie nicht davon, dass sie von einem sogenannten Loverboy dazu gezwungen worden sei.

Die Rotlichtexpertin Nadine Greve, 36, sieht dies indes anders. Loverboys sind junge, gut aussehende Männer, die gezielt in sozialen Netzwerken nach jungen Mädchen suchen. In ihr Beuteschema fallen Jugendliche, die Probleme mit ihren Eltern haben und von zuhause ausbrechen wollen. Ihnen gaukeln sie die große Liebe vor und geben sich als Retter aus. Sie überreden die Mädchen dann, ihren Köper für Geld zu verkaufen und zwingen sie gar dazu.

Sabrina passte in dieses Schema. Ihre Eltern leben getrennt. Die 15-Jährige wohnt bei der Mutter in Reinfeld, es gibt immer wieder Streit. Der Vater des Mädchens lebt mehrere Hundert Kilometer weit weg in Karlsruhe.

Die häuslichen Probleme erkennt offenbar auch der Sozialarbeiter an der Reinfelder Gemeinschaftsschule. Sabrina "ritzt", fügt sich also selbst Schnittwunden zu.

Auch das Jugendamt wurde aktiv. "Zwischen Tochter und Mutter gab es seit einiger Zeit Erziehungsprobleme", sagte Wilhelm Hegermann, Leiter des Fachdienstes Soziales in der Kreisverwaltung. Deswegen boten die Mitarbeiter des Jugendamtes der Familie seit Mai 2010 ambulante Hilfen an, die angenommen wurden.

Doch die Situation zwischen Mutter und Tochter besserte sich nicht. Deswegen kam Sabrina Mitte Mai dieses Jahres mit Zustimmung der Mutter ins Kinderheim nach Bad Oldesloe, aus dem sie jedoch am folgenden Tag flüchtete. Jetzt überlegt das Jugendamt erneut, wie der Familie geholfen werden kann.