Hilfsorganisationen wie der ASB rechnen durch das Ende des Ersatzdienstes mit erheblichem Personalmangel
Ahrensburg. Die Auswirkungen der Bundeswehrreform erreichen den Kreis Stormarn. Denn mit dem Aussetzen der Wehrpflicht zum 1. Juli dieses Jahres wird auch die Verpflichtung im Zivil- und Katastrophenschutz hinfällig. Bislang war es Wehrpflichtigen möglich, einen vierjährigen Dienst als ehrenamtliche Helfer einzugehen, um keinen Wehr- oder Zivildienst leisten zu müssen. Mit dem neuen Gesetz entfällt diese Pflicht jedoch. Der Zivil- und Katastrophenschutz, der sich zum großen Teil aus ehrenamtlichen Helfern zusammensetzt, bangt nun um sein Personal. Bereits jetzt sehen Freiwillige keinen Grund mehr, noch länger zum Dienst zu erscheinen.
Der Regionalverband Stormarn-Segeberg des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB) hat diesen Trend bereits zu spüren bekommen. Der Verband beschäftigt zurzeit 25 junge Männer, die das Ehrenamt als Ersatz für den Wehrdienst ausüben. Einer von ihnen bleibt dem Dienst laut Folke Achterberg, technischer Leiter vom ASB-Regionalverband Stormarn-Segeberg, bereits fern. Auf mehrmaliges Anschreiben habe der junge Mann nicht reagiert. "Da können wir nichts machen. Es erwarten ihn keine Konsequenzen mehr", so Achterberg, der nun fürchtet, dass mehr als die Hälfte der Ersatzdienstleistenden dem Beispiel folgen könnten. Ohne den Pflichtdienst müssten nun alle Hilfeleistungsorganisationen mit erheblichem Personalmangel rechnen. "Was soll junge Menschen jetzt noch dazu bewegen, zu uns zu kommen? Womit wollen wir sie zukünftig an uns binden?", fragt Achterberg und zeichnet eine düstere Zukunft: "Auch die Hälfte des Katastrophenschutzes wird zusammenbrechen."
Der ASB habe sein Personal durch die Verpflichteten bislang relativ jung halten können. Zukünftig aber werde er es schwerer haben, junge Menschen für sich zu gewinnen. Hilfsorganisationen böten allgemein wenig technische Anreize, für die sich junge Menschen häufig interessieren. Achterberg wünscht sich deshalb einige Änderungen, um den Nachwuchssorgen vorzubeugen: "Es muss sich die Tatsache ändern, dass Jugendliche erst ab 18 Jahren im Katastrophenschutz mitwirken dürfen. In dem Alter haben sie meistens andere Interessen. Die Jüngeren sind noch leichter zu begeistern. Nur dürfen sie nicht. Das macht es für uns schwerer."
Die Freiwilligen Feuerwehren in Stormarn zeigen sich bislang noch optimistisch. "Uns werden die Auswirkungen vermutlich auch erreichen, aber nicht so hart", sagt Kreiswehrführer Gerd Riemann. Die Hilfsorganisationen treffe es härter, weil es dort eine große Anzahl an Männern gebe, die sich nur verpflichtet hätten, um der Bundeswehr zu entgehen. Im Feuerwehrbereich sei es anders. "Ländliche Regionen zeichnen sich durch eine grundlegende Motivation aus, in die Feuerwehr einzutreten. Viele helfen aus einer persönlichen Überzeugung heraus und nicht, weil sie eine Freistellung vom Grundwehrdienst erwartet", so Riemann.
Selbst beim Löschzug Gefahrgut (LZG) rechnet die Wehr nicht mit Konsequenzen. Und das, obwohl in der Abteilung derzeit 35 verpflichtete Helfer tätig sind - immerhin die Hälfte des gesamten Personalbestands. Hauptbrandmeister Claus Havemann: "Ich weiß von vielen Helfern, dass sie bleiben wollen. Da wird uns nicht viel wegbrechen. Diejenigen, die ihren Dienst frühzeitig beendet haben, kann man an einer Hand abzählen." Havemann ist sich jedoch bewusst, dass es in Zukunft auch für die Feuerwehr schwerer werden wird, Personal zu rekrutieren. Man müsse deshalb nun verstärkt Öffentlichkeitsarbeit betreiben, auch in sozialen Netzwerken wie Facebook, um an junge Menschen heranzutreten.
Auch das Technische Hilfswerk (THW) macht sich aktuell keine großen Sorgen um die Zukunft. "Momentan haben wir keine Probleme", sagt Sönke Thomsen vom THW Ahrensburg. "Langfristig können wir aber nicht sagen, wie sich die Situation entwickeln wird."
Mit der Aufhebung der Wehrpflicht werden bundesweit etwa 90 000 Zivildienststellen wegfallen. Der neue Bundesfreiwilligendienst soll gesellschaftliches Engagement trotz der Abschaffung von Wehrpflicht und Zivildienst gewährleisten. 35 000 Bürger sollen jährlich dafür angeworben werden. Doch Folke Achterberg vom ASB ahnt: "Das wird ein Flop."