Bank-Geheimnisse: Wir treffen Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Heute: Knud Bielefeld, der alles über Vornamen weiß
Ahrensburg. Er hat ein sehr ungewöhnliches Hobby: Während andere Menschen Sport treiben, Bücher lesen oder ihre Freizeit am liebsten im Garten verbringen, beschäftigt sich Knud Bielefeld nach Feierabend am liebsten mit Vornamen. Der Wirtschaftsinformatiker aus Ahrensburg ermittelt jährlich, welche Vornamen in Deutschland am häufigsten vergeben werden.
"Angefangen hat alles damit, dass ich mich in den 90er-Jahren gefragt habe, welche wohl die beliebtesten und welche die seltensten Vornamen sind", sagt der 43-Jährige. Bei seiner Recherche musste Knud Bielefeld schnell feststellen, dass es keine amtliche Vornamenstatistik in Deutschland gab. Die Idee, selbst eine Hitliste der beliebtesten Vornamen zu erstellen, war geboren. Im Internet blätterte er auf den Seiten diverser Geburtskliniken und wertete das Material aus.
Im Laufe der Jahre weiteten sich seine Quellen immer weiter aus. Von Jahr zu Jahr flossen immer mehr Geburtsmeldungen in die Statistik ein. Wie berichtet, veröffentlichte der Hobby-Namensforscher vergangene Woche die Namensstatistik für 2010. Spitzenreiter: Mia und Leon. Dafür wertete Bielefeld 141 602 Geburtsmeldungen aus deutschlandweit 389 Standesämtern, Geburtskliniken und Geburtshäusern aus. "Das sind 21 Prozent aller im Jahr 2010 in Deutschland geborenen Babys", sagt er. 2007 hatten ihm erst 58 000 Geburtsmeldungen zur Verfügung gestanden, 2009 waren es schon 120 000.
"Es ist eine reine Fleißarbeit", sagt der Ahrensburger: "Ich allein schaffe es gar nicht, alles auszuwerten. Deshalb habe ich seit drei Jahren bundesweit sechs Helferinnen." Persönlich kennt Knud Bielefeld seine Mitarbeiterinnen nicht. Er hat sie im Internet kennengelernt, genauso wie er teilen sie die Leidenschaft für dieses außergewöhnliche Hobby.
"Es ist faszinierend, wie Namen in Mode kommen und wie lange sie sich in den Top Ten halten", sagt Bielefeld, der inzwischen nicht nur eine Rangliste der beliebtesten Vornamen erstellt, sondern sich auch mit den Trends bei der Namenswahl beschäftigt. "Beispielsweise heiratete Gunter Sachs 1969 das schwedische Model Mirja Larsson. Zuvor war der Name Mirja in Deutschland kaum vergeben worden. Nach der Hochzeit wurden Tausende von Mädchen auf diesen Namen getauft."
Sein eigener Name wurde Ende 2006 bundesweit bekannt, als im Zoologischen Garten in Berlin das Eisbärenbaby Knut zur Welt kam. "Zuvor war mein Name nur in Norddeutschland bekannt. Wenn ich meinen Namen in Bayern nannte, dachten die Menschen dort immer, es sei mein Nachname." Auf die Namenshitliste wirkte sich die Geburt des Eisbären jedoch nicht aus. "Er ist kurz und selten. Ich mag ihn."
Kurz sind sie allesamt, die Namen, die im Trend liegen. Mia wird gefolgt von Hanna, Lena, Lea und Emma. Bei den Jungen wird Leon von Lukas, Ben, Finn und Jonas gefolgt. "Interessant ist dabei der Name Emma, der bereits 1890 zu den beliebtesten Frauennamen zählte. Mehrere Jahrzehnte später erhielt er das Prädikat altbacken. Nicht grundlos entstand der Begriff Tante-Emma-Laden. Doch seit 1995 ist er wieder sehr beliebt."
Neben der bundesweiten Auswertung interessiert Knud Bielefeld auch, wie sich die Namenswahl in den einzelnen Regionen entwickelt. Für jedes Bundesland stellt er eine eigene Statistik auf. In Schleswig-Holstein liegen die Namen Mia und Finn auf den obersten Plätzen. In Bayern sind Lena und Maximilian die beliebtesten Vornamen. Selbst für Stormarn hat der Hobby-Namensforscher eine Hitliste erstellt. "Ich habe mir die Listen der Abiturienten in Ahrensburg, Trittau, Großhansdorf, Bargteheide und Bad Oldesloe schicken lassen und festgestellt, dass in Stormarn die meisten männlichen Abiturienten Jan, Alexander und Fabian heißen. Bei den Mädchen sind es Julia, Laura und Anna."
Auffällig ist, dass bei den männlichen Stormarner Abiturienten der Name Kevin nicht ganz oben steht, obwohl Kevin 1991 der beliebteste männliche Vorname gewesen ist. "Vor einigen Jahren wurde eine Studie veröffentlicht, nach der Lehrer Vorurteile gegen Kinder hatten, die Kevin heißen, und ihnen grundsätzlich schlechtere Noten gaben", sagt Bielefeld. Für einen Zusammenhang mit den Stormarner Abiturienten-Top-Ten gibt es offenbar keine Hinweise. Grundsätzlich aber stünden Namen wie Kevin und Chantal heutzutage für ein niedriges Bildungsniveau. Kevin ist 2010 erstmals seit den 90er-Jahren nicht unter die Top 100 gekommen. "Natürlich hängt viel damit zusammen, wie Namen in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden", sagt Bielefeld. Denn wenn in Talkshows immer wieder gerne per Vaterschaftstest der Papa von Kevin, Jason oder Justin ermittelt wird, werden die Namen in der Wahrnehmung negativ behaftet. Man wirkt, wie man heißt. Das Vorurteil, dass Namen wie Kevin und Jason größtenteils im Osten vergeben wurden, kann Knud Bielefeld dank seiner Untersuchungen jedoch widerlegen.
Es sind schlicht Namen, die in den 90er-Jahren aus den USA nach Deutschland kamen. Das ist auch heute noch so, nur sind die Namen andere. "Beliebt sind Städtenamen wie Paris", sagt Bielefeld. "Doch in Deutschland wird nicht jeder Name anerkannt. Das Standesamt entscheidet, ob ein Name legitim ist." Die Beamten gucken dafür in einem Register nach. Taucht der Name darin nicht auf, müssen die Eltern mit einem Gutachten nachweisen, dass es sich um einen Namen handelt. Die Mitarbeiter der Gesellschaft für Deutsche Sprache in Wiesbaden oder der Universität in Leipzig stellen solche Gutachten aus.
Wie Eltern sich bei der Namenswahl für ihre Kinder zu entscheiden haben, dafür kann Knud Bielefeld keine Anleitung geben. "Man sollte aber darauf achten, dass es nicht mit etwas Negativen assoziiert werden könnte. Beispielsweise bin ich in den vergangenen Jahren einige Mal auf den Namen Kastrati gestoßen, der aus dem arabischen kommt. So würde ich mein Kind nicht nennen."
Oft hat Knud Bielefeld von Eltern erfahren, dass sie im Abspann eines Filmes den Namen für ihr Kind gefunden haben. Er selbst hatte bei der Namenswahl für seinen Sohn vor vier Jahren nur wenig Mitspracherecht. "Meine Frau hatte den Namen Erik schon lange, bevor sie schwanger war, ausgesucht.