Schicksal von Sabatina James kann auch Stormarnerinnen treffen. Vor allem Lehrer und Mitschüler sollten hinsehen

Bad Oldesloe. Um Mädchen mit Migrationshintergrund vor einer Zwangsheirat zu schützen, will das Integrationsministerium des Landes auch Lehrer für das Thema sensibilisieren. Denn auch in Schleswig-Holstein erleiden Mädchen ein ähnliches Schicksal wie Sabatina James. Die aus Pakistan stammende junge Frau, die in Österreich aufgewachsen ist, hatte vor Schülern der Ahrensburger Heimgartenschule erzählt, wie ihre Eltern sie gedrängt hatten, einen Cousin in Pakistan zu heiraten. Sie weigerte sich jedoch (wir berichteten). Seit Sabatina zudem zum christlichen Glauben konvertierte, wird die heute 28-Jährige von ihrer Familie bedroht und lebt unter Polizeischutz an einem geheimen Ort. Um anderen Mädchen und Frauen zu helfen, die wie sie von Zwangsheirat oder Ehrenmorden bedroht werden, hat sie den Verein "Sabatina" gegründet.

"Auch in Schleswig-Holstein gibt es Mädchen und junge Frauen, aber auch junge Männer mit Migrationshintergrund, die von Zwangsheirat bedroht oder betroffen sind", sagt Peter Lehnert, Integrationsbeauftragter des Landes. "Sie stammen vorwiegend aus einem religiös-verwurzelten Milieu, das in den Traditionen seiner Herkunftsregionen verhaftet ist."

Im Unterschied zu Männern dürften Mädchen nach einer erzwungenen Heirat oder einem Heiratsversprechen ihr Leben häufig nicht mehr selbstbestimmt gestalten. Manchmal würden sie überwacht und dadurch gedemütigt. Zwangsverheiratung sei aber nicht die einzige Beschränkung, die Mädchen aus solch traditionellen Familien erleben könnten, sagt Lehnert. "Weitaus häufiger werden sie in ihrer Lebensgestaltung oder -planung eingeschränkt und erleben körperliche oder psychische Gewalt." Auch Schülerinnen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren und aufgewachsen seien, könnten betroffen sein.

"Betroffene schwanken meist lange Zeit zwischen dem Wunsch, es ihren Eltern recht zu machen, und dem Bedürfnis, ihre Zukunft selbst zu gestalten", sagt Lehnert. Häufig warteten sie sehr lange, bis sie Dritte um Hilfe bitten. Hochzeitspläne seien dann jedoch oft schon so weit fortgeschritten, dass wenig Zeit für eine Intervention bleibe. "Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Hilfen bekannt und die Zugangswege kurz sind und die Situation von Dritten erkannt wird", sagt der Integrationsbeauftragte. Schnelle und kompetente Hilfe gebe es in den Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen.

Kreisweit haben sich mehrere Institutionen in der Initiative "KIK Stormarn - Netzwerk bei häuslicher Gewalt" zusammengeschlossen. Bei einer Fachtagung der Initiative über Schwachstellen im Gewaltschutzgesetz treffen sich Vertreter von Beratungsstellen, Schulen und Polizei im März in Reinbek, um unter anderem über Zwangsheirat zu sprechen. Nur wenn das Netz aus Multiplikatoren funktioniere, könne den Mädchen geholfen werden, sagt Kirstin Schwarz-Klatt von der Oldesloer Migrationssozialberatung Nordstormarn des Diakonischen Werks. "Es ist wichtig, dass Mädchen, die eine Zwangsehe befürchten, sich an geschulte Vertrauenspersonen wenden können." Bei der Beratung müsse immer die familiäre Situation berücksichtigt werden. "Viele Mädchen wollen sich nicht gegen ihre Familie entscheiden. Deshalb sind gemeinsame Gespräche mit den Eltern ein erster Schritt. Klappt das nicht, stärken wir die Frau in ihrem Weg."

Unterdrückte Frauen zu stärken, das ist auch das Ziel der Opferschutzorganisation Weißer Ring. "Wir versuchen, die Weichen für die Lebensfähigkeit der jungen Frauen zu stellen", sagt Rita Funke, die die Außenstelle Stormarn leitet. Ihr ist es ein Anliegen, dass die Öffentlichkeit das Problem erkennt. "Das sind menschliche Katastrophen. Deshalb ist es erschütternd, wenn von außen Gleichgültigkeit kommt, die Frau aber innerlich zerschlagen und traumatisiert ist."

Die Landesregierung, die den Schwerpunkt Zwangsheirat in ihren "Aktionsplan Integration" vom Juli dieses Jahres aufgenommen hat, setzt vor allem auf Prävention, zum Beispiel durch Integrationskurse. Seit 2005 haben in Schleswig-Holstein rund 17 600 Menschen einen solchen Kursus begonnen, davon zwei Drittel Frauen. Als Mütter und Ehefrauen seien sie wichtige Multiplikatoren, die die im Kursus erworbenen Kenntnisse in ihre Familien tragen könnten, heißt es aus dem Integrationsministerium des Landes. Die Bundesregierung plant zudem ein Gesetz, nach dem Zwangsverheiratungen mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden können.

"Noch immer ist die Schule häufig der einzige Ort, an dem sich diese Mädchen allein und unbeobachtet aufhalten dürfen", betont Lehnert. "Deshalb können vor allem Lehrer und Lehrerinnen Verhaltensänderungen wahrnehmen, die Schülerinnen darauf ansprechen und sie darin unterstützen, eine eigene Lebensplanung zu verfolgen." Informationen für Lehrer gibt es im Bildungsportal des Landes.

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