Sonnabend-Serie: Das Abendblatt stellt Stormarner und ihre Berufe vor. Heute: Karin Gleu-Hauff, Parkraumüberwacherin in Reinbek.

Ahrensburg/Reinbek. Das Gerät rattert. Ein weißer Zettel quält sich quietschend aus der schmalen Öffnung am unteren Ende des Knöllchenschreibers. Wenn Karin Gleu-Hauff arbeitet, hört sie es bis zu 50-mal am Tag. Die Reinbekerin arbeitet in einem der Jobs, die auf der Straße am meisten Verachtung bekommen. Karin Gleu-Hauff ist Parkraumüberwacherin. Sie sorgt seit sieben Jahren für Recht und Ordnung auf Reinbeks öffentlichen Straßen und Plätzen. Wenn sie im Dienst ist, ist sie fast täglich Beschimpfungen ausgesetzt.

8.45 Uhr: Dienstbesprechung und Sachenpacken im Rathaus

Es ist viertel vor neun. Einsatzbesprechung im Rathaus mit ihrer Kollegin Heike Schenk, mit der sie sich eine Stelle teilt. Heute sind sie gemeinsam unterwegs. Zuerst wollen sie durch die Wohngebiete in Alt-Reinbek fahren. "Eine Kollegin hat uns erzählt, dass es in der Nähe des Ostlandrings einen Umzug gibt. Da wird oft so auf dem Gehweg geparkt, dass kein Fußgänger mehr vorbeikommt", erzählt Gleu-Hauff, packt ihr mobiles Datenerfassungsgerät in die Tasche und zieht sich Handschuhe über. Das Außenthermometer zeigt minus acht Grad. "Zwiebelprinzip", sagt die Neuschönnigstedterin und zeigt kurz ihre Schichten: Pulli, Fleecejacke, der blauen dicke Dienstanorak.

Los geht’s. Die Zwei steigen in der Tiefgarage im Rathaus in den blauen Skoda, mit dem sie pro Tag bis zu 55 Kilometer im Reinbeker Stadtgebiet zurücklegen. Erstes Ziel: Ostlandring und Umgebung. Im Zehn-Minuten-Takt rattert der Knöllchenschreiber. Parken im eingeschränkten Halteverbot, Parken auf dem Bürgersteig, Parken entgegengesetzt der Fahrtrichtung. Das Wohngebiet ist heute sehr ergiebig. "Als ich damals anfing, konnte ich mir nicht vorstellen, dass hier so viel zu tun ist. Reinbek ist ja nicht so groß und es gibt keine Bezahlparkplätze", sagt sie. Und wieder rattert das Gerät.

9.35 Uhr: Falschparker Kim Barnarsch kommt mit einer Verwarnung davon

"Es ist manchmal schon ein bisschen Detektivarbeit, wenn man so um die Autos herumschnüffelt", erzählt sie, als gegen 9.35 Uhr ihr Blick auf einen Wagen mit Umzugsanhänger fällt. "Hier in der Straße Auf dem Großen Ruhm gibt es einfach zu wenig Parkmöglichkeiten", versucht Kim Barnarsch zu beschwichtigen. Der 26-Jährige packt gerade seine Sachen für einen Umzug nach Fehmarn. "Sie dürfen hier nicht stehen. Hier kommt keiner vorbei. Sie hätten eine Ausnahmegenehmigung beantragen müssen. Wenn Sie sofort fahren, drücke ich noch einmal ein Auge zu", warnt Gleu-Hauff, beobachtet noch kurz seine Abfahrt und setzt sich wieder in den Skoda, um wenige Minuten darauf wieder auszusteigen. Ein Wagen im eingeschränkten Halteverbot, den sie bereits vor einer halben Stunde fotografiert hat, um im Fall der Anfechtung die Ordnungswidrigkeit dokumentieren zu können. Wieder rattert der Knöllchenschreiber.

"Hey, was soll denn das?”, ruft ein Mann, der wütend mit einem Knöllchen in der Hand fuchtelt, dass er gerade von der Windschutzscheibe seines Golfs gezogen hat. "Tut mir leid, aber sie dürfen dort nicht stehen", ruft Gleu- Hauff zurück, hebt kurz entschuldigend die Schultern. Ein Hagel aus Beschimpfungen und Ausreden folgt nicht.

Diesmal nicht. Denn das ist nicht immer so. Die 44-Jährige kennt sich mit Unliebsamkeiten, die ihr regelmäßig an den Kopf geworfen werden, bestens aus. "Aufregen bringt nichts. Ich mache einfach nur meinen Job." Beide Verkehrsüberwacherinnen haben den Umgang mit aufgebrachten Bürgern in Streitbewältigungsseminaren geübt. "Tätlichkeiten hat es Gott sei Dank noch nicht gegeben, dafür aber immer wieder persönliche Anfeindungen", sagt auch Kollegin Schenk. Den Frust darüber wollen sie aber nicht mit nach Hause nehmen. "Wir tauschen uns aus, das hilft dann schon. Und dann haben wir noch unser ganz spezielles Büchlein, in dem wir die Erlebnisse festhalten", verrät Gleu- Hauff. Sie verdient monatlich gerade einmal 800 Euro netto mit ihrer halben Stelle. Ihr reicht das aber. Hauptverdiener der Familie ist ihr Mann. Nachdem die gelernte technische Zeichnerin ihren Job vor einigen Jahren verloren hatte, war sie froh, eine neue Aufgabe zu haben. "Und die lässt sich prima mit der Familie vereinbaren."

11.08 Uhr: Ein Mann blockiert einen Behindertenparkplatz am St. Adolf-Stift

Der Skoda fährt nun die Parkplätze am St. Adolf-Stift an. Es ist kurz nach elf Uhr. Auf einem der Behindertenparkplätze steht ein älterer Herr mit seinem Benz. Ein Terrier bellt auf dem Rücksitz. "Ich warte nur kurz auf meine Frau", ruft er durchs Fenster. Kein Pardon, er muss fahren und tut dies ohne Murren. Dabei seien vor allem die älteren Männer die schlimmsten Parksünder. "Die sind auch am wenigsten einsichtig und versuchen, auf unterschiedlichste Art und Weise aus der Nummer rauszukommen – von Flirtversuchen bis frauenfeindlichen Pöbeleien", berichtet Gleu-Hauff. Aber vor dem Krankenhaus sei es immer eine besondere Situation. "Manche kommen mit verweinten Gesichtern, dann kann man nur ahnen, was sie gerade durchmachen. Und dann noch ein Knöllchen…", sagt Gleu-Hauff betroffen. Es komme immer wieder vor, dass in solchen Momenten die Tickets doch zerrissen werden. Politessen seien nicht herzlos. "Aber die Parksituation in diesem Bereich ist problematisch. Es gibt einfach zu wenig Plätze dort. Deswegen ist es zeitlich beschränkt."

Fast beiläufig sucht sie ihren Weg vorbei an den parkenden Autos, den Blick durch die Heckscheibe auf die Armaturenbretter der Fahrzeuge gerichtet. "Die Parkscheibe spiegelt sich oft in der Windschutzscheibe. Da braucht man gar nicht erst vorn ans Auto herantreten", erklärt Gleu-Hauff und schreibt plötzlich ein Ticket für ein Auto mit Parkscheibe, die sogar noch in der Zeit ist. "Es gibt seit einiger Zeit batteriebetriebene Parkscheiben, die einfach mitlaufen. Die sind natürlich nicht zugelassen", erzählt sie und deutet auf eine Parkscheibe, deren Rückseite ein Autofahrer mit einem Handschuh teilweise verdeckt hat. Erfolglos. "Wir sind nicht doof. Wir kennen die Modelle."

12.10 Uhr: 32 Parksünder werden im Computer der Bußgeldstelle erfasst

Etwa 20 Tatbestände für falsches Parken hat sie im Kopf. Wenn sie sich mal unsicher ist, hilft ihr eine kleine Tabelle, die sie in ihrer Jacke immer dabei hat. Ein Ticket hat die 44-Jährige, seit sie vor sieben Jahren Parkraumüberwacherin in Reinbek wurde, nicht mehr bekommen. "Ich achte da mittlerweile ganz anders drauf. Selbst, wenn ich nicht im Dienst bin", sagt sie lachend. Im Vergleich mit anderen Städten stellt sie den Reinbeker aber eine hohe Parkdisziplin aus.

Als Nächstes durchforsten Gleu- Hauff und ihre Kollegin Heike Schenk den Rewe-Parkplatz. Auch hier haben einige Fahrer keine Parkscheibe in den Wagen gelegt. Doch nur noch der Knöllchenschreiber von Gleu-Hauff rattert noch. Der ihrer Kollegin hat wegen der Kälte den Dienst versagt. "Der macht gar nichts mehr", ärgert sich Schenk und drückt immer wieder auf den Einschaltknopf. Ein paar Autos am Rande der Bergstraße wollen sie noch kontrollieren, dann aber ins Warme flüchten.

Es ist kurz vor 12 Uhr, als sie wieder in die Tiefgarage fahren wollen. Doch direkt vor der Einfahrt steht ein dunkelgrüner Passat auf dem Seitenstreifen – der Warnblinker leuchtet hektisch. "Das zeigt, dass er sich auch noch bewusst war, hier nicht stehen zu dürfen." Wieder rattert das Gerät. Der Fahrer bekommt ein 15-Euro-Knöllchen.

Das wird gegen 12.10 Uhr bei Thomas Klekar in der Bußgeldstelle des Rathauses genauso erfasst, wie alle andern des Tages auch. Trotz wegen der Kälte verkürzter Strecke haben die beiden 35 Kilometer zurückgelegt, Hunderte Autos kontrolliert, 32 Tickets verteilt und mehr als 60 Beweisfotos geschossen. Gleu-Hauff: "Ein normaler Tag. Und ein guter Tag." Denn es gab keine Beschimpfungen.