Der Vorsitzende des Naturschutzvereins Jordsand soll Vereinsgeld veruntreut haben. Geschäfts- und Privaträume wurden durchsucht.

Ahrensburg. Ein Vereinssitz dient normalerweise als Begegnungsstätte. Dort treffen sich Mitglieder und Gäste zu Festen, Vorträgen oder Sitzungen. Doch wird der Vorstand des bekannten Naturschutzvereins Jordsand mit Sitz in Ahrensburg nicht begeistert gewesen sein über den Besuch, der nun vor der Tür stand. Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft waren zum Vereinssitz - dem Haus der Natur - gekommen, um unter dem Verdacht der Veruntreuung von Vereinsgeld zu ermitteln. Beschuldigt wird der Vorsitzende Uwe Schneider , der auch in dem Haus wohnt. "Durchsucht wurden sowohl Geschäfts- als auch Privaträume des Beschuldigten und Beweismittel sichergestellt", sagt Oberstaatsanwalt Werner Spohr von der ermittelnden Staatsanwaltschaft Lübeck. "Es ist von einem Anfangsverdacht ausgegangen worden, das ist quasi die geringste Form des Verdachts", so der Ankläger weiter.

"Es wurden einige Ordner mitgenommen. Allerdings habe ich keine Auskunft erhalten, wann wir sie wiederbekommen", sagt Schneider. Ansonsten sei alles ganz sachlich abgelaufen. Die Anzeige, die eine Person bei der Staatsanwaltschaft Lübeck gestellt hat, ist nur die Spitze eines bereits seit Jahren schwelenden Streits im Verein , in dem sich über Jahrzehnte auch die 2010 verstorbene Loki Schmidt engagierte. Er enthält den Stoff eines Krimis: Mobbing, Denunziation, mysteriöse anonyme Schreiben und eben Veruntreuung.

An die Öffentlichkeit drang der Streit Mitte Januar durch ein offenbar fingiertes Schreiben auf dem Umweltpapier des Vereins, das an Zeitungsredaktionen im Kreis Stormarn versandt wurde. Auch die Regionalausgabe des Hamburger Abendblatts in Ahrensburg erhielt den Brief und berichtete nach eingehenden Recherchen über den Fall. In dem Schreiben ist unter anderem die Rede von den laufenden Ermittlungen gegen Schneider. Außerdem werden Mobbing gegen den Geschäftsführer, dessen Rauswurf sowie Rücktrittsforderungen an den Vorsitzenden angedeutet. Unter dem Text steht Schneiders Name. Eine Unterschrift fehlt jedoch. Schneider und sein Stellvertreter Jürgen Wahl sprechen von einer Fälschung. Mittlerweile hätten sie sogar Anzeige wegen Urkundenfälschung erstattet.

Der brisante Brief offenbart jedoch, dass es hinter den Kulissen des Naturschutzvereins hoch hergeht. Vom Vorstand enttäuschte Mitglieder betreiben mittlerweile im Internet ein Forum unter dem Titel "Jordsand Aufrecht", in dem sie über die internen Querelen diskutieren. Im Fokus der Kritik steht Schneider. Er gilt als Gesicht des Vereins. Der ehemalige Kapitän ist seit 1965 im Verein aktiv, seit 2005 leitet er ihn als Vorsitzender. Schneider gilt einigen Mitgliedern aber auch als wenig kooperativ und eigenmächtig.

"Es ist tragisch, mit ansehen zu müssen, wie jemand sein Lebenswerk ruiniert. Uwe Schneider hat den Verein zu dem gemacht, was er heute darstellt, aber seit einigen Jahren führt er ihn in die Krise, weil er nicht loslassen kann", sagt Jan Weber, Vorstandsmitglied und Schriftführer.

Im Verein knirscht es auch, weil der Vorstand auf einer internen Sitz-ung kurz nach Auftauchen des Briefes den hauptamtlichen Geschäftsführer Thorsten Harder nach nur eineinhalb Jahren freigestellt hat. Grund für den Schritt ist laut Vereinsspitze ein gravierendes Fehlverhalten. Genaueres wolle man zum Schutz von Herrn Harder nicht sagen, heißt es.

Doch gibt es aktive Mitglieder, die von Harders Arbeit begeistert sind. "Erst Thorsten Harder hat in die Arbeit von uns Referenten Transparenz hineingebracht", sagt etwa Bernd-Dieter Drost. Als Referent des Vereins betreut der 69-Jährige mit seiner Frau Helene seit 2007 das Naturschutzgebiet auf der kleinen Hallig Habel. Drost macht Führungen, zählt Vögel und kümmert sich auch um junge Menschen, die ihr freiwilliges ökologisches Jahr im Verein absolvieren. Mit sieben anderen Referenten hatte er bereits im vergangenen November auf einer Vereinssitzung die Arbeit von Thorsten Harder verteidigt und den Vorstand angegriffen. Schon damals diskutierte der Vorstand über die Personalie Harder, hatte bereits eine Abmahnung erteilt. In dem Schreiben der Referenten heißt es: "Die Probleme in Zusammenhang mit dem amtierenden Ersten Vorsitzenden sind in Naturschutzkreisen bekannt. Ein erneutes Scheitern des Geschäftsführers käme einem Offenbarungseid gleich und würde dem Verein in einer ohnehin schwierigen Lage den Weg zu einer baldigen Rehabilitation auf längere Sicht blockieren."

Schneider will sich derzeit nicht zu diesen Vorwürfen äußern. Er verweist auf eine Gremiensitzung am kommenden Sonnabend, deren Ergebnis er abwarten wolle. Derzeit führt Jürgen Wahl kommissarisch die Geschäfte. Wie es im Verein weitergehen wird, entscheidet sich spätestens auf der Mitgliederversammlung am 11. Februar.