In unserer Serie treffen wir Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Heute ist es der jüngste Vorsitzende in der Geschichte des DRK Großhansdorf.
Großhansdorf. Ans Helfen dachte Tim-Sebastian Schneider nicht unbedingt, als er 1983 zu seiner ersten Gruppenstunde beim Großhansdorfer Jugendrotkreuzes ging. Angesprochen gefühlt hatte sich der Achtjährige von einem Plakat in der Wöhrendamm-Schule. "Willst du singen, lachen, Späße machen? Und Erste Hilfe lernen? Dann komm' zu uns!" Beim zweiten Treffen gab es Kuchen. Da wusste er: Hier bleibe ich! Heute ist Tim-Sebastian Schneider Vorsitzender des Deutschen Roten Kreuzes Großhansdorf.
Vor drei Jahren übernahm er das Amt. Da war er 32 Jahre alt, jünger als alle seine Vorgänger. Mit dem Generationswechsel kam auch ein neuer Führungsstil. Bisher waren alle Vorsitzenden Rentner mit viel freier Zeit. Tim-Sebastian Schneider arbeitet bei einem Hamburger Medizingerätehersteller. Seine Zeit muss er sich einteilen. "Das musste sich zurechtruckeln", sagt er. Jetzt läuft es gut. Seine Vorgängerin, Eleonore Szesny, nimmt ihm die Dinge ab, die vormittags erledigt werden müssen. Regelmäßige Vorstandssitzungen sind selbstverständlich. Seine Rolle als Chef des Ortsvereins sieht Schneider nüchtern: Eigentlich sei er nur der Repräsentant der vielen freiwilligen Helfer, die die Arbeit vor Ort machen. Rund 700 fördernde Mitglieder hat der DRK-Ortsverein. Und cirka 50 Aktive.
Ob das in zehn Jahren noch so sein wird? "Die Älteren haben unter dem Eindruck der Not in den Nachkriegsjahren ganz selbstverständlich angepackt. Jungen Menschen ist das heute nur schwer zu vermitteln. Vielleicht ist es ja auch gar nicht mehr en vogue, zu helfen", sagt Tim-Sebastian Schneider. Er glaubt das eigentlich nicht, hält das Ehrenamt für ausgesprochen wichtig, weil viele soziale Aufgaben sonst unbezahlbar wären. Es sei ein gutes Gefühl, helfen zu können. Das habe einen hohen motivierenden Faktor und halte jung.
Tim-Sebastian Schneider weiß, wovon er spricht. Seit 27 Jahren verbringt er seine Freizeit ehrenamtlich. 30 von 52 Wochenenden pro Jahr war er fürs Rote Kreuz unterwegs."Was gibt dir das? Was kriegst du dafür?" Das fragten ihn seine Schulfreunde damals oft. "Unsere Arbeit hilft Menschen und gestaltet ihr Leben. Das ist Belohnung genug", antwortete er dann. Viele Freunde hat er beim DRK gefunden, kontinuierlich ist er in die vielseitigen Aufgaben der Hilfsorganisation hineingewachsen. Er lernte Erste Hilfe, wurde Jugendgruppenleiter, mit 18 Jahren Chef des Jugendrotkreuzes Großhansdorf. Mit Ende 20 gab er das Amt ab. "Ich sprach die Sprache der Kinder nicht mehr", sagt er. Sein Nachfolger wurde Malte Schilling, ein Mitglied der ersten Gruppe, die Schneider als Jugendgruppenleiter betreut hatte.
Das DRK hat auch sein Berufsleben geprägt: Rettungssanitäterausbildung als Zivi beim Arbeiter-Samariter-Bund, Weiterbildung zum Rettungsassistenten auf eigene Kosten, dann fünf Semester Medizinstudium in Lübeck. "Das war mir zu theoretisch. Ich wollte näher am Menschen sein", sagt Schneider. Er wurde Reiseverkehrskaufmann, zog nach Hamburg, fuhr in seiner Freizeit mit den Johannitern Rettungseinsätze, war bei großen Veranstaltungen wie dem Hanse-Marathon oder dem Alstervergnügen dabei und schob auch auf dem Fanfest bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 auf dem Heiligengeistfeld in Hamburg auf der Sanitätsstation Dienst. Er gründete die Johanniter-Ortsgruppe in Bergedorf und lernte über die Hilfsorganisation seine Frau Cindy kennen. Nach Jahren in Lübeck, Münster und Reinbek kehrte das Paar mit der dreijährigen Kira Ende 2004 nach Großhansdorf zurück. Tim-Sebastian Schneider wechselte zum Medizingerätehersteller nach Hamburg. "Die suchten einen kaufmännischen Sachbearbeiter mit Rettungsdienst-Erfahrung. Das war maßgeschneidert", sagt er. Rettungseinsätze fährt er nicht mehr, weil er das zeitlich nicht mehr leisten kann.
Der DRK Ortsverein klopfte wieder an. Er wurde stellvertretender Vorsitzender und dann Chef des Vereins. "So schließt sich der Kreis. Ich bin zurückgekehrt zu meinen Wurzeln. Dem Verein habe ich viel zu verdanken. Das kann ich jetzt zurückgeben." Er hält, zusammen mit seinen Vorstandskollegen, den ehrenamtlichen Helfern den Rücken frei, kümmert sich um die Finanzen, organisiert das benötigte Material und hält Kontakt zu anderen Vereinen und der Gemeinde. "Ich helfe jetzt anderen, helfen zu können."
Er ist froh, dass Ehefrau Cindy mit ihm an einem Strang zieht, ihm zu Hause, wo seit zwölf Monaten der kleine Felix das Familienglück perfekt macht, den Rücken freihält. "Das Ehrenamt ist zeitintensiv. Das muss der Partner mitmachen."
"Helfen steht jedem gut!" heißt das Motto des DRK zurzeit. So ist es auch, sagt Tim-Sebastian Schneider. "Jeder kann sich nach seinen Wünschen bei uns engagieren." Aber werden das künftig noch genug Menschen wollen? Schneider setzt auf die Kinder. "Sie müssen wir motivieren. Über sie erreichen wir die Erwachsenen. Für 20 Euro pro Jahr können sie bei uns spielen, schwimmen, feiern, Erste Hilfe üben", sagt er. Und Kuchen essen...