Eltern wundern sich, dass Ahrensburger Firma in neuer Gesellschaft weitermacht. Inhaberin Monika Langeloh: Chance, sechs Arbeitsplätze zu retten.
Großhansdorf. 21 Zehntklässler des Emil-von-Behring-Gymnasiums (EvB) in Großhansdorf und ihre Eltern sind bitter enttäuscht. Sie haben offensichtlich keine Chance, ihre 5200 Euro zurückzubekommen, die sie für ihre ausgefallene Reise zur Partnerschule nach Tallinn schon angezahlt hatten. Die für vorigen Oktober geplante Tour war abgesagt worden, weil die estnische Fluggesellschaft die Direktverbindung ab Hamburg gestrichen hatte. Parallel meldete das Ahrensburger Reisebüro, bei dem die Tour gebucht war, Insolvenz an.
"Bis heute haben wir kein Wort der Entschuldigung gehört. Das wäre das Mindeste gewesen", sagt Andrea Dreger, die Mutter einer betroffenen Schülerin.
Der Estland-Austausch am EvB hat eine lange Tradition. Im jährlichen Wechsel fährt eine Gruppe aus Großhansdorf nach Tallinn und eine aus Estland in die Waldgemeinde. Seit vier Jahren organisiert Lehrer Peter Günsoy die Fahrten.
Im Frühjahr 2009 buchte er über den Reiseshop Langeloh in Ahrensburg 22 Flugtickets bei der Estonian Air. Die Jugendlichen freuten sich auf die Reise, viele standen mit ihren Gastgebern schon in regem Kontakt, tauschten E-Mails aus. In den Sommerferien erreichte Peter Günsoy dann die erste Hiobsbotschaft: Das Reisebüro teilte ihm mit, dass die estnische Fluggesellschaft die Direktflüge von Hamburg nach Tallinn gestrichen hatte und nur noch von Berlin aus startet. "Das hätte nicht nur den Verlust eines Tages Reisezeit, sondern auch einen nicht unerheblichen Kostenaufschlag für die Gruppe bedeutet", sagt Günsoy. "Frau Langeloh hat sich in dieser Zeit persönlich sehr engagiert um Alternativen bemüht", sagt der Lehrer. Drei Vorschläge habe sie gemacht und auch mit der Fluggesellschaft verhandelt. "Leider war für uns keine passende Lösung dabei", sagt Günsoy. In Absprache mit Schulleiter Klaus Müller sei die Tour daher Mitte August storniert worden.
Er habe im Reisebüro mehrmals um die Rückzahlung des Geldes gebeten, so Peter Günsoy. Es gehe um 5265,04 Euro nach Abzug der Kosten, die das Reisebüro für seine Dienste berechnet habe. Die Eltern der 21 Schüler hatten jeweils 200 Euro angezahlt. Den Rest hatte der Lehrer persönlich vorgestreckt.
Im Januar meldeten Klaus Müller und Peter Günsoy ihre Forderungen im Namen der Schule beim Insolvenzverwalter an. Das Insolvenzgericht in Reinbek habe das Anliegen am 23. Februar anerkannt, sagt der Schulleiter. "Der Insolvenzverwalter hat uns jedoch keine großen Hoffnungen gemacht, dass wir das Geld zurückbekommen", sagt Andrea Dreger. "Im Grunde haben wir das schon abgeschrieben", meint Nicola Grimm, Mutter einer anderen enttäuschten Schülerin.
Als die beiden Frauen jetzt aber in einer Zeitungsanzeige vom Führungswechsel in dem Reisebüro lasen, kam der ganze Ärger wieder hoch. "Die machen weiter, als wäre nichts gewesen. Das ist eine Ohrfeige für alle, die geschädigt wurden", sagt Nicola Grimm. Auch Andrea Dreger fehlt "für so ein Geschäftsgebaren" das Verständnis. Dabei habe sie die Insolvenz eines alteingesessenen und renommierten Unternehmens zunächst eher betroffen gemacht. Nun ist sie wütend und enttäuscht. Dreger: "Nicht ein Wort der Entschuldigung. Kein Wort des Bedauerns. Nur 21 tief enttäuschte Jugendliche. Ist das Service am Kunden?"
Der Vorwurf trifft Monika Langeloh tief. Im Gespräch mit dieser Zeitung sagte sie: "Natürlich bedauere ich das alles sehr. Bei wem aber hätte ich mich entschuldigen sollen? Mein Ansprechpartner war der Lehrer, und ihm habe ich die Sachlage erklärt."
Sie habe Ende September die vorläufige Insolvenz beantragen müssen, weil ihr die Bank überraschend die Überziehungskredite gekündigt hatte. "Mir blieb nichts anderes übrig. In Krisenzeiten kann man keine Superbilanz liefern", sagt die Geschäftsfrau. Sie habe keine Möglichkeit mehr gehabt, das Geld zurückzuzahlen, weil sie nicht mehr über das Geschäftskonto verfügen durfte. Sie hätte sich nie träumen lassen, dass sie jemals in so eine Situation kommen würde, sagt sie mit tränenerstickter Stimme. Das Reisebüro sei ihr Leben, 30 Jahre Arbeit steckten darin. Als sich die Möglichkeit bot, weiterzumachen und sechs Arbeitsplätze zu retten, habe sie die ergriffen. Das könne man ihr doch nicht zum Vorwurf machen. "Wenn wir all die Jahre nicht gut gearbeitet hätten, hätten sie uns doch gar nicht wieder gelassen", sagt Monika Langeloh.
"Das Insolvenzrecht bietet Selbstständigen und Freiberuflern die Möglichkeit, auch im eröffneten Insolvenzverfahren weiterhin selbstständig tätig zu sein", sagt Insolvenzverwalter Wolfgang Weidemann. Zum Beispiel könne der Insolvenzverwalter "die selbstständige Tätigkeit des Insolvenzschuldners aus der Masse freigeben". Das hat Weidemann getan. Monika Langeloh und ihre Tochter hätten daraufhin eine neue Gesellschaft, die Langeloh Reisen GBR, gegründet, an die er das Unternehmen mit den beiden Standorten Ahrensburg und Schwarzenbek veräußert habe. Es sei sehr unglücklich, dass dies aus dem Anzeigentext nicht hervorgegangen sei. Es sei der Eindruck entstanden, dass einfach weitergemacht werde. Weidemann: "Es ist verständlich, dass die Geschädigten daran Anstoß genommen haben."