40 Schulen hat ihr Verein mittlerweile gebaut. Gerade hat die Oststeinbekerin ein Ausbildungszentrum eingeweiht.

Ahrensburg. Anruf aus Afghanistan. "Mama, wann kommst du wieder? Du musst uns im Frühjahr besuchen", sagt eine Mitarbeiterin des Vereins Afghanistanschulen. "Ich kann nichts versprechen. Bedenke, wie alt ich bin", entgegnet die Ehrenvorsitzende der Initiative, Ursula Nölle (82). Antwort aus Afghanistan: "Du bist jung. Du wirst 100 Jahre alt. Und kommst noch viele Jahre nach Andkhoi."

"Ich bin für die Menschen dort eine solche Institution, dass sie sich nicht vorstellen können, dass ich einmal nicht mehr da bin", sagt sie. 35 000 Kinder werden mittlerweile in den 40 Schulen unterrichtet, die ihr Verein mit finanzieller Unterstützung vieler staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen gebaut hat. Im vergangenen September war Ursula Nölle mit ihrer Tochter Dr. Christine Nölle-Karimi (48, Orientalistin) in Andkhoi - allen Befürchtungen ihrer Bekannten zum Trotz. Anschläge der Taliban? "Ach was", sagt sie, "im Norden war es in den letzten Jahren nie unsicher. Der Terror ist im Süden, in Jalalabad oder Kandahar. Wir haben durch unsere Arbeit im Norden einen Strukturwandel hervorgerufen. Unser Büroleiter in Andkhoi sagte mir bei unserem Besuch: ,Wenn du nicht vor 18 Jahren hergekommen wärst, würde ich jetzt ein armer Bauer sein.'"

Ursula Nölle fing 1983 an, in pakistanischen Flüchtlingslagern die ersten Lernmöglichkeiten einzurichten. 1988, damals war Afghanistan noch sowjetisch besetzt, baute sie mit dem Verein die ersten beiden Schulen im Bezirk Andkhoi. "Schuld an allem hat Christina, meine Tochter. Sie studierte damals in Lahore, in Pakistan. Ich wollte sie bloß mal besuchen." Einer der größten Erfolge der Oststeinbekerin, die im November für ihre Arbeit mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse geehrt wurde, ist ein neues Ausbildungszentrum im Zentrum der Stadt Andkhoi. Es heißt "Ulla Nölle". "Weil Ursula dort keiner aussprechen kann", sagt die Oststeinbekerin, die den 60 000 Euro teuren Bau (davon 40 000 Euro als Zuschuss vom Auswärtigen Amt) im September eingeweiht hatte.

Der mehr als 200 Mitglieder starke Verein muss pro Jahr 500 000 Euro für alle Projekte inklusive Ausbildungszentrum aufbringen: "Das ist im Moment schwierig, weil alle Spender denken, Afghanistan sei ein unruhiges Land."

Also verdoppelt Nölle ihre Überzeugungsarbeit: Jede Woche wirbt die 82-jährige bei bis zu drei Veranstaltungen um Solidarität. Nur im Februar will die fünffache Mutter und zwölffache Großmutter etwas kürzertreten: "Da erwarte ich meinen zweiten Urenkel, ein Mädchen."